Longlist zum Deutschen Buchpreis

Gewinner und Verlierer

26. Februar 2015
von Börsenblatt
Was sich aus der Entscheidung der Jury ablesen lässt. Eine Einschätzung von Börsenblatt-Redakteur Holger Heimann.

Mit großen Hoffnungen auf den Weg gebrachte Bücher aus 90 Verlagen hat die Jury für den Deutschen Buchpreis begutachtet. Und man darf sicher sein, dass in all diesen Verlagen gespannt der Longlist-Entscheidung entgegengesehen wurde. Dies nicht allein und vielleicht nicht einmal zuerst, weil dem Sieger außergewöhnliche Rendite winkt, denn gewinnen kann schließlich nur einer. Vielmehr weil die Platzierung auf der Longlist völlig zu Recht als Bestätigung für jeden literarisch ambitionierten Verlag und als Qualitätsausweis gegenüber Buchhandel und Fachpublikum verstanden wird.

Was lässt sich an der Auswahl ablesen? Es gibt einen großen Gewinner: Suhrkamp. Jeder vierte von den Juroren nominierte Roman stammt aus dem Haus, das sich nach all den Querelen um Umzug und Eigentümerschaft endlich neu gefunden zu haben scheint. Die Magie des Namens mag abhandengekommen sein, für viele Autoren aber hat der Verlag seine Anziehungskraft nicht verloren, ja, diese nimmt offenbar sogar wieder zu.

Der zweite Gewinner sind die kleineren Häuser, wo stolze acht Romane erschienen sind – bei Wagenbach, Jung und Jung, Matthes & Seitz Berlin oder Diaphanes. Dass der Wallstein Verlag (der Große unter den Kleinen) mit ebenso vielen Titeln auf der Longlist präsent ist wie sämtliche Holtzbrinck-Verlage zusammen und wie die gesamte Random-House-Gruppe – nämlich mit zweien –, könnte ein Indiz dafür sein, dass in einer Zeit, wo die Fokussierung auf Bestseller weiter zunimmt, den kleineren Verlagen noch mehr Bedeutung zukommt als Entdecker neuer Autoren und Ermöglicher von Literatur. 

Und die Verlierer? Der Hanser Verlag, der die Longlist häufig dominierte, ist nur mit einem Titel dabei. Rowohlt und Kiepenheuer & Witsch überhaupt nur dank ihrer Berliner Ableger. Am härtesten trifft es den S. Fischer Verlag, der ganz außen vor bleibt. Als Zeichen einer Krise taugt diese Nullnummer trotzdem nicht: Die Frankfurter haben im Frühjahr neue Romane von Thomas von Steinaecker und Felicitas Hoppe veröffentlicht, die man sich durchaus auch als Kandidaten für den Preis gewünscht hätte.

Die Jury hat anders entschieden, ihr das vorzuhalten, wäre billig. Dass es nie einen Konsens geben kann über die 20 besten Romane, macht nicht zum geringen Teil den Reiz der Wahl aus. Die Freude der einen soll das nicht trüben, die Enttäuschung der anderen aber könnte es ein bisschen dämpfen.