Amazon Prime

Amazons Köder: Das Prime-Modell

28. August 2012
Redaktion Börsenblatt
Jeff Bezos versucht, jedermann zum Premiumkunden zu erheben: In den USA sollen laut neuesten Unternehmensangaben mehr Produkte über Amazons Blitzservice ausgeliefert werden als über den Standardservice. Allerdings rechnet Amazon bei letzterem nur Warenkörbe mit einem Wert über 25 Dollar ein.
2005 hatte Amazon sein Prime-Modell vorgestellt: Eine begrenzte Auswahl an Produkten sollte für 79 Dollar jährlich (rund 63 Euro) garantiert innerhalb von zwei Tagen beim Premiumkunden ankommen.

Mittlerweile, so das Unternehmen, seien aus 1 Million Produkte beim Start 15 Millionen verfügbare Artikel geworden, die per Blitzlieferung verfügbar sind. Die Kunden des Prime-Modells erhalten außerdem Zugriff auf die Kindle E-Book-Leihe: 180.000 E-Books stehen den Kindle-Usern ohne weitere Kosten zur Verfügung. Außerdem können die Premium-Kunden auf rund 22.000 Videos (Filme und TV-Serien) zugreifen, auch hier ohne weitere Kosten.

Kritiker spekulieren, dass der weltgrößte Buchhändler mit diesen Services Verluste einfährt, mit dem Ziel, Kunden an sich zu binden und ihnen Geräte und Produkte aus einer Hand - dem geschlossenen Amazon-Kreislauf – zuzuführen.

In den USA (auch in anderen Ländern, darunter Deutschland) weitet der Handelsriese aus Seattle sein Angebot auf Studenten aus, die nicht nur kostenlos für ein Jahr den Premiumservice genießen dürfen (in der Hoffnung, dass diese danach nicht kündigen), sondern auch ihre gebrauchten Bücher zu günstigeren Konditionen als Normalkunden an Amazon verkaufen können. Kauft sich ein Kunde einen Kindle, kann er das Prime-Modell einen Monat lang kostenlos testen. Kündigt er nicht rechtzeitig, wird die Gebühr fällig.

Laut Amazon (die Angaben lassen sich nicht überprüfen) sind die begehrtesten Geräte bei der Prime-Auslieferung
  1. das Amazon-Tablet Kindle Fire (wohl bald auch in Deutschland auf dem Markt)
  2. der 79 Dollar Kindle
  3. Kindle Touch
  4. "50 Shades of Grey"

Auch in Deutschland arbeitet Amazon durch die geplante Eröffnung weiterer Logistikzentren weiter am Prime-Modell. Armin Cossmann, Leiter der deutschen Amazon-Logistikzentren, bestätigte in Pforzheim gegenüber boersenblatt.net diese Strategie: "Wenn Sie einen Service wie Same Day-Lieferung anbieten wollen, müssen Sie entsprechend nah beim Kunden sein."
Sind die logistischen Voraussetzungen für Amazon geschaffen, will das Unternehmen also auch in Deutschland schnellstmöglich auf eine Verschränkung von E-Book-Leihe, Filmleihe und Schnellieferung setzen - gegen jährliche Gebühr. Den digitalen Content gibt es dann natürlich wie gewohnt ausschließlich auf die Amazon-Lesegeräte, die ein eigenes Format nutzen (proprietäres System). Dann wird der Buchhandel, dem es bislang nicht gelingt seinen Geschwindigkeitsvorteil gegenüber Amazon gegenüber dem Kunden zu kommunizieren, weiter unter Druck gesetzt. Schwacher Trost: Amazon-Apps wie in den USA, die den Ladenpreis beim Buchhändler mit dem günstigsten Angebot auf Amazon vergleichen, sind dank Preisbindung in Deutschland sinnlos.

Amazon: Expansion in Indien
Auch nach dem stark wachsenen indischen Buch- und Bildungsmarkt greift Amazon und launchte vergangene Woche dort seinen India Kindle Store. Nach eigenen Angaben ist Amazon damit der E-Bookhändler mit dem größten Angebot im Land mit mehr als 1 Million Titel, nicht eingerechnet (laut Amazon) 1 Million kostenloser indischer Klassiker. Außerdem vertreibt Amazon seinen Kindle über den indischen Retailer Croma. Zeitgleich zum Start des Kindle E-Bookshops können indische Autoren sich selbst über Kindle Direct Pulishing verlegen.