Letztens bin ich gefragt worden, ob ich der Meinung sei, dass für uns Kleinere in der Branche mehr getan werden müsse. Die Berichterstattung in den Medien suggeriert mir eher, dass für die Großen in der Branche mehr getan werden müsste, oder?
Ich finde, es wird dringend Zeit, dass wir gemeinsam mehr für uns tun! Ob in Verlagen, bei Thalia oder in kleineren Buchhandlungen: Wir verkaufen Bücher – und die meisten von uns mit Begeisterung.
Große wie kleine Buchhandlungen sichern mit Bibliotheken seit Jahrzehnten kulturelle Vielfalt. Wir beleben Innenstädte und Stadtteilzentren, uns gibt es sogar noch in manch kleinen Orten. Und demnächst sollen wir nicht mehr benötigt werden, weil per Amazon oder Download alles viel schneller und bequemer geht? Ein computerbasiertes Amazon-System wird diesen kulturellen Beitrag, den wir Buchmenschen leisten, niemals ersetzen können.
Liebe Verlage, wenn meine Kunden bei Amazon weiterhin über Erscheinungsdaten besser informiert werden und sich schneller beliefert fühlen – dann entzieht mir das die Basis zum wirtschaftlichen Auskommen. Damit nehmt ihr mir den Vielleser, der begierig auf die neue Elizabeth George, den neuen Adler-Olsen wartet. Es geht auch nicht an, dass ihr eure E-Books nur manchen Plattformen anbietet und anderen nicht.
Buchversand ist fast gleichbedeutend mit Amazon geworden. Wenn wir als Buchbranche nicht wollen, dass kulturelle Vielfalt von computerbasierten Systemen abhängt, sollten wir uns dringend gemeinsam engagieren.
- Dafür brauchen wir einen Verband, der das forciert.
- Dafür brauchen wir ehrenamtliche Kollegen, die es trotz der täglichen Arbeit vor Ort schaffen, sich einzubringen.
- Dafür brauchen wir Verlage, die sich für das stationäre Sortiment einsetzen.
- Dafür brauchen wir Technik, die in der Lage ist, Amazon Paroli zu bieten.
Diese Technik wird nicht entstehen, so lange zu viele von uns gegen- statt miteinander arbeiten. Die Entwicklung der Onlineshops der MVB war und ist völlig kontraproduktiv.
Die meisten Buchhändler wollen ihre Begeisterung für Bücher ins Netz übertragen – in Onlineshops, die die Persönlichkeit der Buchhandlung widerspiegelen. Da ist es nicht mit optischer Layout-Anpassung getan. Wir brauchen dafür hochprofessionelle Such- und Anzeigefunktionen auf der Basis eines großen Gemeinschaftskatalogs, mit eigenen Hausartikeln, Lieferbarkeitsangaben und genauen Erscheinungsterminen.
Es bedarf einer redaktionellen Aufarbeitung dieser Daten, die wir individualisieren können mit eigenen Schwerpunkten, mit eigenen Rezensionen. Selbstverständlich müssen dort alle E-Books integriert sein.
Wir Buchhändler brauchen Technik, die unsere Onlineshops optimal mit dem System vor Ort verbindet, damit wir weiterhin begeistert Bücher und E-Books (auch direkt im Laden) verkaufen können.
Dafür brauchen wir "Kleinen" vielleicht mehr Unterstützung als die "Großen". Gleichzeitig ist die Herausforderung so groß, dass ein solches System nur möglich werden kann, wenn Kleine und Große, wenn Verlage, Barsortimente und die MVB bereit sind, eine gemeinsame Strategie auf den Weg zu bringen.
Damit sichern wir kulturelle Vielfalt und finanzielles Auskommen auch vor Ort.
Andrea Nunne, Inhaberin der Buchhandlung Bücher & Co. in Hamburg, ist Sprecherkreis-Vorsitzende des AkS (Arbeitskreis unabhängiger Sortimente).