Statt einer "langweiligen Festveranstaltung" wollte der Börsenverein den Jubilar mit einem Blick nach vorn feiern - in die Zukunft des E-Book-Marktes, wie Börsenvereinsjustiziar Christian Sprang deutlich machte. Im Mittelpunkt: Das EU-Kartellverfahren zur Preisgestaltung bei E-Books - gegen fünf international agierende Verlage und Apple (Stichwort: Agency-Modell).
Juristisch betrachtet, sei die EU-Kommission mit dem Vergleich gewissermaßen "minimalinvasiv" vorgegangen: Dieses Fazit zog Rechtsanwältin Stephanie Pautke, spezialisiert auf Kartellrecht. "Faktisch jedoch dürfte das Urteil am Markt sehr wohl Folgen haben". Das Agenturmodell an sich haben die Kartellhüter zwar nicht moniert (Pautke: "Dafür gibt es genug Beispiele aus anderen Märkten, etwa beim Benzin"). Kritisiert habe die EU-Kommission vielmehr den Eindruck einer geschlossenen Vorgehensweise. Apple, so der Vorwurf, habe sich dadurch als bevorzugter Partner am Markt positioneren können.
Die betroffenen Verlage und Apple müssen alle ihre entsprechenden Verträge nun kündigen und neu verhandeln. Dabei würden die Karten auf dem E-Book-Markt neu gemischt, so Pautke. Der Vergleich begünstige zwar keine Aufweichung der E-Book-Preisbindung in Deutschland - werde aber Auswirkungen auf den gesamten europäischen Markt haben. Die gute Nachricht, die Stephanie Pautke aus dem EU-Verfahren herauslesen konnte: "Die EU-Kommission hat betont, dass die nationalen Gesetze nicht angetastet werden".
Als Kampf der Kulturen bezeichnete Weltbild-Chef Carel Halff die Auseinandersetzung auf EU-Ebene, die in ähnlicher Tonlage auch in den USA geführt wird. Die EU-Kommission strebe europaweit eher einen preisbindungsfreien Markt an, während es auf nationaler Ebene andere Präferenzen gebe - und zwar aus gutem Grund. Halff verwies unter anderem auf das Preisdumping, das Amazon auf dem britischen Markt betreibe, um sich die Marktführerschaft zu sichern, mit Angeboten unter Einstandspreis: "Tut es den Autoren gut, wenn ihre Bücher verschenkt werden?"