Kommentar von Holger Heimann

Wer rettet den Suhrkamp Verlag?

12. Dezember 2012
Redaktion Börsenblatt
"Verbissen besteht jeder auf dem, was er für Recht hält. Und so stellt sich absurderweise die Frage: Wer rettet Suhrkamp vor seinen Eigentümern?" – Börsenblatt-Redakteur Holger Heimann kommentiert den Gesellschafter-Streit im Hause Suhrkamp.

Von den 20 für den Deutschen Buchpreis nominierten Romanen kamen allein fünf aus dem Hause Suhrkamp. Zufall war das nicht, der Verlag machte endlich nicht länger durch interne Streitereien von sich reden, vielmehr durch ein selbstbewusstes Programm und interessante Bücher.

Doch hinter dem Sichtbaren schwelte der Konflikt der Gesellschafter weiter; nahezu 20 Gerichtsverfahren soll es in der Causa Suhrkamp geben. Unerbittlich überzogen sich  Familienstiftung und Medienholding Winterthur wechselseitig mit immer neuen Klagen. Wer nun, da die Zukunft des Verlags infrage steht, an die Vernunft der beiden Gesellschafter appelliert, der übersieht Genese und Dynamik des Konflikts.

Als Hans Barlach 2006 gemeinsam mit Claus Grossner die Medienholding AG Winterthur vom Schweizer Andreas Reinhart und damit 29 Prozent der Anteile am Verlag übernahm, geschah dies ausdrücklich mit dem Ziel, die angeblich überforderte Suhrkamp-Geschäftsführerin und über die Familienstiftung zugleich Mehrheitseignerin Ulla Unseld-Berkéwicz abzulösen. Diese wehrte die Attacke ab, indem sie das Haus zu einer Feste erklärte; vergessen konnte und wollte sie die Drohung nie. In der Folgezeit gelang es ihr zwar zu verhindern, dass Barlach Einfluss auf die Verlagsgeschäfte nehmen konnte, aus dem Unternehmen drängen ließ sich der Erbe des Bildhauers Ernst Barlach aber nicht.

Je weiter er ins Abseits gedrängt werden sollte, umso entschiedener sann er auf Wege, um ins Zentrum des Verlags rücken zu können; in letzter Konsequenz war es immer der Gerichtsweg. Für Unseld-Berkéwicz wie auch für viele Suhrkamp-Autoren ist Barlach, dem einmal das Boulevardblatt "Hamburger Morgenpost" gehörte, ein Eindringling aus einer fremden Welt. Eine gemeinsame Sprache haben beide Seiten weder gefunden, noch wohl überhaupt gesucht. Verbissen besteht jeder auf dem, was er für Recht hält. Für den Verlag ist das eine Katastrophe. Und so stellt sich absurderweise die Frage: Wer rettet Suhrkamp vor seinen Eigentümern?