Erster Schritt
"In der 'Was-ist-was'- Reihe gibt es inzwischen rund 130 Bücher: Sie sind die Basis für die multimediale Umsetzung", sagt Semar, die in München arbeitet, wo sie in den 1980er Jahren bei Professor Ottmar Uhlig das Produzieren von (Trick-) Filmen von der Pike auf lernte, um danach als Creative Producerin bei verschiedenen Medienunternehmen zu arbeiten. Die Drähte nach Nürnberg zur Tessloff-Zentrale glühen, wenn es darum geht, neue Stoffe für die akustische und filmische Umsetzung festzulegen. Es müssen nicht immer zwangsläufig Buchvorlagen aus der „Was ist Was-Reihe" sein. „Meine Tochter ist acht Jahre alt. Durch sie und ihre Freundinnen bekomme ich oft neue Trends mit", sagt Semar. Als beispielsweise Orca-Motive auf den Schulranzen immer öfter zu sehen waren, stand bald fest, dass diese schwarz-weißen Riesendelfine auch ein spannender Inhalt für ein Hörspiel sein könnten.
Zweiter Schritt
„Ich muss erkennen, woher die Faszination für bestimmte Themen kommt, um sie dann adäquat umzusetzen", meint die studierte Bühnenbildnerin und Kommunikationsdesignerin, die inzwischen 52 DVD's und über 140 Hörspiele in der „WAS IST WAS - Reihe" produziert hat. Die Filme werden von dem Dokumentarfilmproduzenten Bilderfest factual entertainment realisiert. Markenzeichen sind die drei Kunst- und inzwischen Kult-Figuren: Theo, das blaue Fragezeichen, weiß viel und baut gerne Zeitreisemaschinen; Tess, das rote Ausrufezeichen, will immer Action haben und singt als verhinderter Popstar bei jeder Gelegenheit Lieder, die fürchterlich klingen; Quentin, ein gelber Punkt, ist der Sidekick der beiden, der immer um die beiden Freunde herumhüpft und rollt. In den Filmen und noch stärker in den Hörspielen herrscht im Gegensatz zu den Büchern eine erzählende Atmosphäre. Das Wissen ist eingebettet in Geschichten. Es beginnt mit einer Einführung der Figuren und ihrer Beziehungen untereinander, worauf ein Spannungsbogen aufgebaut wird, um am Ende die Auflösung zu präsentieren. Hörer und Zuschauer sollen kaum merken, dass es sich um ein Sachhörspiel und oder um einen Dokumentarfilm handelt. Sie folgen der spannenden Handlung. Im Team mit Drehbuchautoren oder Wissenschaftsjournalisten werden die narrativen Ideen entwickelt. Und so brechen die drei Cartoon-Figuren zu Expeditionen auf und kommen dabei auf der Erde weit herum bei Tieren, bei Vulkanen, Wüsten, Eisbergen und bei anderen Völkern. Sie tauchen ab in die Tiefsee, besuchen Walfische oder klettern ohne Sauerstoffmaske auf den Mount Everest.
Dritter Schritt
Die redaktionelle Arbeit beansprucht viel Zeit: Spannungsgehalt und Rhythmus der Geschichte, Schwierigkeitsgrad der Sachinhalte und vieles mehr muss Semars Ansprüchen genügen. Auf spannende Handlung und witzige Dialoge legt sie besonderen Wert. Die Fakten und all das in die Geschichten hineingepackte Sachwissen werden von ihr auf Richtigkeit überprüft. Ein besonderes Hörvergnügen bei der Was-ist-was-Junior-Hörspielreihe, die Semar speziell für Kindergartenkinder konzipiert hat, sind die Songs, die eigens getextet und komponiert werden. Eingestreut sind schräge Reime, die zwischen den Kapiteln auflockern und so manchen kompliziert anmutenden Inhalt vergnüglich auf den Punkt bringen.
Vierter Schritt
Ist das Skript vertonungsreif, müssen die richtigen Sprecher gefunden werden. Kristiane Semar aktiviert ihr Netzwerk an Profi-Sprechern und Schauspielern, so dass sie maßgeschneidert auf die Rolle casten kann. Die Kinder bringen oft schon etwas Erfahrung im Tonstudio mit, etwa weil die Eltern Sprecher sind. „Und manchmal hat man das Glück, die Schönheit reiner Kinderstimmen völlig natürlich aufnehmen zu können - die Anmut und Unverfälschtheit, der unmittelbare Ausdruck der Kleinen, die da mit den viel zu großen Kopfhörern in der Sprachkabine stehen, und völlig in ihrer Rolle aufgehen, zaubert uns allen ein Lächeln aufs Gesicht", erzählt Kristiane Semar, die bei den Hörspielen immer selbst Regie führt. „Nach unserer Erfahrung lieben Kinder es zuzuhören und hören vor allem auch ganz genau hin, wenn andere Kinder sprechen. Die Identifikation ist sehr groß."
Fünfter Schritt
Auf die Geräusche verwendet Kristiane Semar viel Mühe: „Wir gehen oft selbst hinaus und nehmen Atmos auf, wie beim Hörspiel „Im Zoo". Nie würde man die Szene beim Seelöwenbecken sonst so realistisch hinbekommen mit all dem Publikum, Wasserplatschen und Rufen der Tiere. Zu der selbst aufgenommenen Atmo mischen wir Ensembleaufnahmen mit den Protagonisten, so dass man im Hintergrund auch noch Sprache passend zur Szene hört. So wird die Szene mehrschichtig aufgebaut und als Hörer meint man dann, direkt dabei zu sein."
Sechster Schritt
„Das Mikro ist unerbittlich", sagt Kristiane Semar und erzählt von der aufwändigen Postproduktion. Es wird so lange geschnitten und an den Übergängen gefeilt, bis alles stimmt. Die Szenenlängen werden aufeinander abgestimmt. Durch bewusste Standortwechsel ensteht ein lebendiger Eindruck, denn alles soll ganz natürlich klingen. „Oft arbeiten wir bis zum letztmöglichen Termin ganz konzentriert", erklärt sie. Erst wenn das Masterband schließlich von ihr freigegeben wurde, geht es ins Presswerk. „Dann muss alles perfekt sein", sagt Kristiane Semar, die während des gesamten Entstehungsprozesses auch den Kostenrahmen im Blick haben muss. Höchste Qualität bei verantwortungsbewusster Budgetierung ist ihr Ziel.
Heute ist das Börsenblatt-Spezial Kinder- und Jugendbuch erschienen.