Oren Teicher über den unabhängigen Buchhandel in den USA

Den Kunden nie enttäuschen

14. Februar 2013
Redaktion Börsenblatt
Der "Localism" in den USA verändert die Einkaufsgewohnheiten der Kunden. Davon profitiert auch der unabhängige Buchhandel – wenn er innovativ und qualitätsbewusst ist. Von Oren Teicher, CEO der American Booksellers Association (ABA).
Über den unabhängigen Buchhandel in den USA kursieren viele unzutreffende Annahmen. Tatsächlich erleben wir eine kleine Renaissance: Der Umsatz unserer Mitglieder verzeichnete 2012 im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von fast acht Prozent; die Mitgliederzahl der American Booksellers Association ist in den letzten Jahren leicht gestiegen. 

Das sind die Gründe dafür:

  • In Amerika ist die "localism"-Bewegung zu einem ernsthaften Faktor geworden. Millionen Verbraucher treffen die bewusste Wahl, ihre örtlichen Einzelhandelsgeschäfte zu unterstützen, statt nur bei großen Ketten zu kaufen. Das betrifft nicht nur den Buchhandel: Die "localism"-Bewegung verändert die Einkaufs­gewohnheiten der Amerikaner. Buchhandlungen standen an der Spitze dieser Bewegung, und sie hat einen messbaren Einfluss auf unser Geschäft.
  • Amerikanische Buchhandlungen wehren neue Technologien nicht ab, sondern nutzen sie. Das betrifft zum einen wichtige Geschäftsabläufe wie Point-of-Sale-Systeme oder Bestandskontrollen, zum anderen neue Wege des Kundenkontakts wie Social Media und E-Mail-Newsletter. Die neuen Technologien verändern die Art und Weise, wie Buchhandlungen geführt werden. Sie sind unser Freund, nicht unser Feind.
  • Erfolgreiche Läden müssen auch Veranstalter sein; von größter Wichtigkeit ist ein volles Programm mit vielfältigen Veranstaltungen, die im Laden stattfinden. Traditionelle Autorenlesungen bleiben selbstverständlich für viele Buchhandlungen ein zentraler Teil ihres Angebots, darüber hinaus aber trägt eine breite Palette von Vorträgen,  Diskussionsabenden und mehr zum Gelingen des Ladens bei.
  • Ganz entscheidend sind Angebote für Kinder; praktisch jeder erfolgreiche Buchhändler in Amerika hat einen deutlichen Schwerpunkt im Bereich Kinderbuch.
  • Erfolgreiche amerikanische Buchhändler führen auch Non-Book-Produkte. Die richtige Mischung des Angebots ist eine Wissenschaft für sich, aber jeder Laden muss seinen Kunden mehr als nur Bücher bieten.
  • Zur optimalen Nutzung neuer Technologien zählt nicht nur die Investition in eine gute, stets aktuelle Website, sondern auch der Verkauf von E-Books. Ohne Zweifel wird die überwiegende Mehrheit unserer Mitglieder auch weiterhin vor allem gedruckte Bücher verkaufen. Doch wenn die besten Kunden E-Books wünschen, sollten wir sie ihnen nicht vorenthalten.
  • Auch wenn manche es für selbstverständlich halten, kann die Bedeutung einer exzellenten Bedienung und Beratung nicht oft genug betont werden. Bücher kann man überall kaufen, erfolgreiche Buchhandlungen setzen alles daran, ihre Kunden niemals zu enttäuschen. Denn dann kommen sie wieder.
  • Das Allerwichtigste für den Erfolg einer Buchhandlung sind ihre Beschäftigten. Deren umfassendes Wissen und ihre Leidenschaft für Bücher sind es, die uns letztlich von unseren Konkurrenten unterscheiden. Sie sind der Grund, warum die unabhängigen Buchhandlungen in den USA nicht nur überleben, sondern wachsen.

Ich bin der Meinung, dass Buchhandlungen rund um den Globus sehr viel voneinander lernen können. Grenzen und Zeitzonen sind heutzutage – im Zeitalter der Echtzeitkommunikation – ohne Bedeutung. Jeder Markt hat zwar seine eigenen Gesetze, aber ich bin immer wieder erstaunt, wie viel wir gemeinsam haben.

Schließlich möchte ich betonen, dass unsere Freunde in den Verlagen sehr gut wissen, dass ein dichtes Netz kleiner Buchhandlungen vor Ort auch für ihren Erfolg entscheidend ist. In den USA gibt es zurzeit viele neue Initiativen, durch eine engere Zusammenarbeit unser aller Erfolg sicherzustellen. Allein ist das nicht zu schaffen.

Aus dem Englischen übersetzt von Ebba D. Drolshagen.