Pia Ziefle macht Schluss

Amazon, wir haben ein Problem

23. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Jetzt reicht's. Die miserablen Arbeitsbedingungen von Amazon-Leiharbeitern in Bad Hersfeld haben bei vielen Kunden nur noch einen Wunsch ausgelöst: Schluss mit Amazon. Die Autorin Pia Ziefle hat ihre Kunden-Beziehung zu Amazon beendet - und weiß jetzt nicht, ob sie ihre dort gekauften E-Books noch lesen darf.
Nie mehr kaufe ich was bei denen, ich schließe sofort mein Kundenkonto" – so oder so ähnlich liest es sich nach dem ARD Beitrag „ausgeliefert" in den letzten Tagen häufig im Netz. Was aber wirklich passiert, wenn man versucht, das Kundenkonto zu löschen, habe ich im November letzten Jahres durchexerziert, mit teils überraschendem Ergebnis.

Während in der Branche von 20 Prozent Marktanteil im Buchhandel gesprochen wird den Amazon halte, wächst vor allem der E-Book-Markt rasant. Langsam kommen sogar die skeptischen Deutschen auf den Geschmack. 2011 kaufen erstmals nicht mehr nur technisch begabte, sondern ganz gewöhnliche Kunden ein Produkt, das sie nicht mehr physisch im Briefkasten haben. Sie kaufen eBooks.

Aber Halt: das tun sie gar nicht. Sie klicken zwar auf einen Button, auf dem „kaufen" steht, aber: „Ihre Kindle-Inhalte werden durch den Anbieter von Inhalten lizensiert, nicht aber verkauft." Eine Lizenz also, die ihnen erlaubt „diese digitalen Inhalte […] unbegrenzt viele Male anzusehen, zu nutzen und anzuzeigen, und zwar ausschließlich auf dem Kindle, einer Lese-App […] und nur auf so vielen Kindle-Geräten oder Unterstützten Geräten, wie dies im Kindle Store angegeben wurde.." http://www.amazon.de/gp/help/customer/display.html/ref=hp_left_sib?ie=U…

Abgesehen davon, dass der Klick auf einen „Kaufen-Button" Besitz suggeriert und somit irreführend ist, wird der Erwerb einer Lizenz genau dann zur Falle, wenn man sein Kundenkonto schließen möchte. Das geht über eine Mail an den Kundenservice. Von dort bekommt man eine Antwort, die eine lange Liste der Dinge enthält, auf die man nach der Kontenschließung verzichten muss, und diesen Hinweis:

„Nach einer Kontoschließung ist kein Zugriff mehr auf Ihre erworbenen Kindle Inhalte möglich."

Aha, dachte ich, das klingt ja spannend. Logisch, dass ich nicht mehr auf die Kindle-Inhalte auf meinem Kindle-Konto (und auch auf keinen anderen Cloud-Dienst mehr) zugreifen kann, aber was ist mit den Inhalten, die schon auf meinem Kindle-GERÄT sind? Verliere ich die, wenn ich das Gerät deregistriere? Kann Amazon vielleicht auf mein Gerät zugreifen und mir meine E-Books wegnehmen? So wie es zum damaligen Zeitpunkt viele Male im Netz beschrieben wurde? Und das, wo ich unter Umständen für ein E-Book so viel bezahlt habe wie für eine Hardcover-Ausgabe, mit der ich schließlich auch machen darf, was ich will? Die ich sogar zu Geld machen darf? Meine E-Books wollte ich ja aber gar nicht verkaufen, sondern nur weiterhin lesen dürfen, unabhängig von meinem Kundenstatus.

Was folgte, war ein langes Ping-Pong mit verschiedenen amazon-Mitarbeitern immer zur Frage, was mit den Daten auf meinem Gerät geschieht, Gespräche mit meinem Verlag, mein Beitrag auf CARTA zum Zwischenstand, und schließlich erhielt zuerst ich diesen Hinweis

„Bitte beachten Sie, dass eine Kontoschließung NICHT möglich ist, solange unter Ihrem Kundenkonto ein Kindle bzw. eine Kindle App registriert ist"

und die CARTA-Leute jene allerletzte Auskunft vom Kundenservice:

„Aufgrund lizenzrechtlicher Bestimmungen können Kindle Inhalte nur auf dem Kindle oder auf Geräten mit einer Kindle Lese-App gelesen werden, die mit Ihrem Amazon.de-Konto verknüpft sind. Ich bitte um Ihr Verständnis für diese Besonderheit und wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende."

Gut. Ich habe den Kindle deregistriert, das Konto geschlossen. Meine E-Books sind auf dem Gerät nach wie vor da. Lesen darf ich aber nur, wenn der Kindle mit einem Konto verknüpft ist. Befinde ich mich jetzt in der Illegalität? Kleiner Rat: googeln Sie lieber nicht nach dieser Frage! Sie werden nur lauter Tipps bekommen, den Kopierschutz zu umgehen – was ja nicht die Lösung sein kann.

Ich weiß nicht, wie viele Kunden ihre Konten tatsächlich geschlossen haben in den letzten Tagen, ich weiß auch nicht, wie viele von ihnen Kindle-Kunden gewesen sind, aber sämtliche Verlage müssen nachhaken, wie das denn nun wirklich ist mit ihren Büchern. Es kann schließlich nicht sein, dass Käufer ihre Kindle-E-Books nur lesen dürfen, solange sie Kunden bei amazon sind.

Der eigentliche Punkt aber ist, dass niemand bei Amazon mir auf meine einfachen Fragen eine Antwort geben konnte.