AkS-Jahrestagung in Mainz

Inszenierungstipps und Feinkostladen-Strategie

27. April 2013
Redaktion Börsenblatt
Kontinuität in der Führungsriege des Arbeitskreises unabhängiger Sortimente AkS: Auf der Jahrestagung wurden heute Andrea Nunne und Ullrich Engelbrecht erneut in den Sprecherkreis gewählt - einstimmig. Inhaltlich ging es in Mainz um nützliche Best-Practise-Beispiele, Online-/Offline-Strategien, gemeinsames Engagement und mehr.

Nunne, Inhaberin von Bücher & Co. in Hamburg-Winterhude, ist seit zwei Amtsperioden im Sprecherkreis, Engelbrecht, Inhaber der Buchhandlung von Uslar in Lechbruck, seit einer. Neben den Wiedergewählten gehören dem AkS-Sprecherkreis Irene Nehen (Buchhandlung Otto Melchers in Bremen), Katrin Lutz (BuchMeyer in Reinheim) und Iris Hunscheid (Buchhandlung Hoffmann in Achim) an. Nunne appellierte an die anwesenden Buchhändler, engeren Kontakt zum Sprecherkreis zu halten und auch übers Jahr hinweg Ideen wie Sorgen mitzuteilen. Sie forderte auf, daran mitzuarbeiten, dass wieder mehr Buchhändler zur Jahrestagung kommen: „47 von mehr als 500 Mitgliedsbuchhandlungen in diesem Jahr sind zu wenig – wir brauchen Ihre Anregungen, damit wir wieder mehr werden.“

Gemeinsam stark
Was der Sprecherkreis in den vergangenen zwölf Monaten an Arbeit gestemmt hat, wurde in seinem Rechenschaftsbericht deutlich. Von intensiven Gesprächen mit Verlagen und Barsortimenten über Kommunikationsprobleme, Reklamationsmanagement oder krumme Endpreise bis hin zur Mitarbeit in vielen Gremien reichte der Arbeitseinsatz, um mehr fürs stationäre Sortiment herauszuholen. „Gemeinsam können wir unabhängigen Buchhändler einfach mehr erreichen“, sagte Iris Hunscheid, ein Motto, das Börsenverein-Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis unterstrich. Er berichtete, dass in Gesprächen Politiker unterschiedlicher Parteien von Volker Kauder bis Frank-Walter Steinmeier immer wieder betonten, wie wichtig die vielen kleineren Buchhandlungen für die Kultur dieses Landes seien. „Im Moment ist die Aufmerksamkeit für das stationäre unabhängige Sortiment sehr groß, die Öffentlichkeit ist sensibilisiert dafür, welche Rolle unsere Buchläden für die Lebendigkeit der Städte spielen.“

Da aber die Strukturveränderungen auf dem Buchmarkt auch am Börsenverein nicht spurlos vorübergingen, habe der Vorstand der Hauptversammlung im Juni eine leichte stufenweise Beitragserhöhung für die nächsten fünf Jahre vorgeschlagen. „Die Mehrbelastung der unteren Beitragsgruppen ist aber sehr moderat, der Anteil der Kleinen wird kleiner, der Großen größer. Zudem müssen wir schauen, dass wir auch neue Player an uns binden, um weiterhin stark zu bleiben.“

Buchhandlungen in die Metadatenbank einbinden
MVB-Geschäftsführer Ronald Schild berichtete über das neue Projekt Metadatenbank mit dem Ziel, auch die Buchhandlungen einzubinden: „Mit Warenwirtschaft und ISBN ist es möglich, jederzeit die Verfügbarkeit eines Titels in einer Buchhandlung zu erfahren – damit können Kunden gezielt den Laden ansteuern.“ Das sahen einige Sortimenter wie Patrick Musial aus Recklinghausen skeptisch: „Wenn das Buch nicht bei uns im Laden ist, kann ich dem Kunden eine Alternative und weitere Bücher als Zusatzkäufe anbieten, ich kann ihm auch das gewünschte Buch im Nu bei einem befreundeten Buchhändler besorgen – wenn er aber vorher laut Warenwirtschaft weiß, dass der Titel nicht vorrätig ist, wird er erst gar nicht kommen“, befürchtete er. Eine Buchhändlerin von der Lesekatze in Schöllkrippen mahnte, stärker vom Endkunden her zu denken: „Wir brauchen eine super Suchmaschine, die selbst vergriffene Titel umfasst – der Kunde will ein Buch von uns und das soll er auch schnellstmöglich bekommen.“ Auch über den möglichen Verkauf der Tolino-E-Reader in ihren Läden diskutierten die Buchhändler bis in die Pausen hinein: Gemeinsame Sache mit DBH und Thalia könne zur Etablierung eines Amazon-Gegengewichts zwar sinnvoll sein, müsse aber nichtsdestotrotz wohl überlegt sein, so der Tenor.

Tipps zur Inszenierung der Buchkampagne
Bei der Kampagne „Vorsicht Buch!“ zeigten viele Best-Practise-Fotobeispiele aus Buchhandlungen, wie unterschiedlich man die Werbemittel der Kampagne einsetzen kann. Zuvor hatte Alexander Skipis verdeutlicht, dass die Kampagne darauf ausgerichtet sei, potenzielle Kunden aus den Sinus-Milieus der Adaptiv-Pragmatischen und der bürgerlichen Mitte neugierig zu machen: „Der Kunde soll in die Buchhandlungen kommen, und dort darf er dann nicht enttäuscht werden: Er muss die gelb-schwarze Inszenierung wiederfinden.“

Andrea Nunne hatte „Vorsicht Buch!“ zu Ostern individualisiert und große gelbe Papp-Ostereier mit der Aufschrift „Vorsicht Buch! Lieblingsbuch im Garten“ versehen. Sie riet, öfter im Jahr mit gelben und schwarzen Covern Vorsicht Buch!-Ecken als Hingucker in der Buchhandlung zu installieren. Karin Esch (Lesezeit, Düsseldorf) verriet, dass sie zwei fast identische Vorsicht Buch!-Fenster dekorieren und dazu die Aufgabe stellen wird: „Finde die Fehler!“. Die Buchhandlung Untied in Geisenheim hat die Kampagne in ihren Webauftritt eingebunden und dazu Buchtipps gegeben: „Vorsicht Krimi!“ „Vorsicht Sachbuch! Hier steckt viel Nützliches drin!“ Iris Hunscheid schlug vor, weitere Ideen zu sammeln, um sie allen AkS-Mitgliedern zukommen zu lassen: Sortimente sollten einfach an aks@boev.de mailen.

Offline-Feinkostladen-Strategie
Neben weiteren Vorträgen etwa über den Umgang mit Non-Books oder zur Kundenpsychologie, Lesungen und den Besuch des Gutenberg-Museums in Mainz probierte der AkS eine neue Form aus: das Streitgespräch. Unter dem Titel „AkS kontrovers: Multichannel-Konzept versus Single-Shop-Strategie“ debattierten die Sortimenter Andrea Nunne und Patrick Musial über den Nutzen eigener Online-Shops. Musial, bis vor einem Jahr noch Verfechter der Multichannel-Linie, ist seitdem bewusst offline und begründete: „Es gab nur Zielkäufe dort, keinerlei Spontankäufe. Dann habe ich mir die Kundenstruktur genau angeschaut – und festgestellt, dass es nur Stammkunden sind, die zudem ihre Bestellung per Mail schicken, weil sie es zu kompliziert finden, sich erstmal im Shop anzumelden.“ Die wolle sie auch online bei sich haben, entgegnete Nunne und wunderte sich, dass die Kunden noch nicht einmal auf Musials Homepage recherchieren könnten. Das könnten sie woanders ebenso gut, meinte Musial: „Jeder muss schauen, welche Strategie er fährt. Wir fahren die Offline-Feinkostladen-Strategie, bei uns muss man in den Laden kommen.“ Nunne vermutete, er verschenke sicher Potenzial, wenn er digital nicht erreichbar sei. Das nutze alles nichts, wenn es sich nicht rechne, meinte Musial: „Wir hatten im vergangenen Jahr rund 100 Bestellungen via Internet, wenn ich die Kosten abziehen, subventioniere ich letztlich jeden Bücherkauf. Über E-Mail können die Kunden ja weiterhin bestellen.“

Über eine Podiumsdiskussion mit den Autoren Carina Bartsch, Alina Bronsky, Oliver Pötzsch und Jan Schröter zum Thema „Brauchen wir eigentlich noch Buchhandlungen?“ sowie das neue Concept Store-Modell von Bastei Lübbe im Belgischen Viertel in Köln berichtet boersenblatt.net in eigenen Meldungen.