Wie ist Ihre persönliche Beziehung zu Buchhandlungen?
Oliver Pötzsch: Ich war schon als Kind immer gerne dort, und heute schleppe ich meine Kinder in Buchhandlungen, das sind einfach Fundgruben. Hierletzt war ich in einem Wahnsinnsantiquariat, besser als das von Herrn Koreander in Michael Endes „Unendlicher Geschichte“, da könnte ich ewig stöbern.
Alina Bronsky: Ich wäre ohne Buchhandlungen nicht da, wo ich heute bin. Buchhändler haben mein Debüt „Scherbenpark“ nach oben gepusht. Bei meinen Büchern ist der Amazon-Verkaufsanteil unterdurchschnittlich, ich bin ein Kind des Buchhandels.
Jan Schröter: Was nutzt mir das verdammte Internet denn für meine Lesungen?
Carina Bartsch: Ich habe bislang noch nie eine Lesung in einer Buchhandlung gemacht, höre aber oft, dass Lesereisen richtige Ochsentouren sein sollen. Aber ich finde, es ist doch eine Ehre, wenn die Leser kommen, um dich zu hören. Und man kommt rum, was auch nicht schlecht ist.
Welche Erfahrungen haben Sie denn bei Lesungen gemacht?
Oliver Pötzsch: Es gibt unheimlich rührige Buchhändler, die sind in der Stadt verortet, die kennt jeder dort. Die schaffen es, zu ihren Veranstaltungen den Saal proppenvoll zu kriegen, im kleinsten Ort – davor habe ich einen Riesenrespekt. Ich kenne aber auch die Jammerer, die viel klagen, dass die Geschäfte schlecht laufen ... das kann sich dann auch auf die lesenden Autoren übertragen.
Alina Bronsky: Ich finde, es gibt ziemlich viele charismatische Persönlichkeiten unter den Buchhändlern. Und wenn ich frage, wie es denn so läuft, scheint es im Allgemeinen nicht schlecht zu sein.
Jan Schröter: Es läuft meist da gut, wo Buchhändler regelmäßig Veranstaltungen machen. Buchhändler, die sich zu einer Lesung breitschlagen lassen und eigentlich gar nicht recht wollen, da geht man dann am Ende nur zu zweit Pizza essen mit dem Buchhändler.
Alina Bronsky: Allerdings können Lesungen auch verdammt anstrengend sein, wenn man Familie und Kinder hat und in zwei Monaten 50 Lesungen machen soll. Ich sage dann auch ab.
Oliver Pötzsch: Das Schlimme sind oft nicht die Lesungen, sondern die Pizza oder Ähnliches hinterher. Ich hatte einmal eine ganz ehrliche Buchhändlerin, die zu mir meinte: Wir könnten jetzt noch zum Griechen gehen, aber seien wir mal ehrlich: Sie haben keine Lust, ich habe keine Lust – also lassen wir’s doch bleiben.
Jan Schröter: Genau deshalb fahre ich lieber mit dem Wohnmobil. Da bleibt einem auch ein trauriges Zimmer erspart.
Was macht denn in Ihren Augen den guten Buchhändler aus?
Jan Schröter: Den guten Buchhändler erkenne ich an seinem gesamten Team, das gut beraten kann.
Alina Bronsky: Das ist der Buchhändler, der kämpft, der Zuhörer für meine Lesung gewinnt und deshalb die Kunden anspricht, ihnen von meinem Buch erzählt, so dass die Zuhörer nachher wissen, wer da kommt und liest. Ich habe dann das Gefühl, dass sie seine und meine Gäste sind.
Brauchen Sie heute noch einen Verlag? Oder könnten Sie auch Selfpublishing machen? In den USA erscheinen E-Books von Ihnen, Herr Pötzsch, bei Amazon Crossing.
Oliver Pötzsch: Ganz sicher brauche ich einen Verlag, und das ist Ullstein. Der kümmert sich auch um die Lizenzen. „Die Ludwig-Verschwörung“ etwa wird im September in den USA in einem ganz normalen Verlag erscheinen, bei Houghton Mifflin. Die haben sogar mehr geboten als Amazon Crossing. Und zwei Henkerstochter-Romane erscheinen auch bei Houghton Mifflin als Paperback.
Carina Bartsch: Ich bin durch E-Books zum Autor geworden, habe erstmal alles selbst gemacht. Ich weiß, wie es ist, wenn einem die Verlage die Manuskripte zurückschicken, und ich weiß, wie es ohne Verlag geht. Mir war es wichtig, dass Leute meine Bücher lesen – deshalb habe ich einen Verlag gegründet, das Lektorat bezahlt; ich selbst wäre da viel zu subjektiv gewesen. Aber da ich das meiste selbst gemacht habe für meine Bücher, habe ich eine engere Beziehung zu ihnen. Und ich habe dann unterschieden: Meine Bücher erscheinen in gedruckter Form bei Rowohlt, die E-Books mache ich weiterhin selbst.
Darf man nach den Zahlen fragen?
Carina Bartsch: Man darf. Der „Türkisgrüne Winter“ ist in Papierform seit Januar 42.000 Stück verkauft worden, bei den E-Books ist die Zahl von 100.000 Downloads überschritten.
Oliver Pötzsch: Man darf sich bei E-Books aber keine falschen Vorstellungen machen, was die Zahlen angeht. Wenn in den USA zum Beispiel 50.000 E-Books von meinem Titel für 99 Cent verkauft werden, um die Nachfrage anzufeuern und den Titel im Ranking nach oben zu treiben – was bleibt denn da für den Autor bei acht Prozent Honorar übrig? Da kann man nicht von leben.
Jan Schröter: Ich kann mir nur leisten, Bücher zu schreiben, weil ich weiter Drehbücher schreibe. Wenn ich ein Taschenbuch geschrieben habe und mich meine Freundin bittet, ihr eine Widmung für eine Bekannte zu schicken – dann lege ich mit der 58-Cent-Briefmarke schon hübsch drauf.
Alina Bronsky: Aber keiner hat einen Anspruch darauf, dass er für etwas, was er aus Leidenschaft tut, gut bezahlt wird. Das ist ein Glück, wenn das der Fall ist.
Würden Sie Ihre E-Books lieber selbst verlegen?
Alina Bronsky: Keine schöne Vorstellung, dass alles alleine zu machen. Wenn ich schreibe, will ich das ganze Drumherum nicht tun, Marketing, Presse – ich wäre ganz bestimmt nicht gut im Vertrieb. Nein, da würde ich lieber Schafe züchten.
Oliver Pötzsch: Hinter dem Schreiben steht grundsätzlich ein idealistischer Gedanke.
Jan Schröter: Ich will das tun, wovon ich glaube, dass ich es gut kann. Und da bin ich im Schreiben besser als bei Herstellung, Marketing usw.
Carina Bartsch: Natürlich gibt es auch genug Autoren, die nur fünf E-Books im Jahr verkaufen. Und auch wenn man die E-Books selbst veröffentlicht, ist das ja lange noch kein Garant für einen Bestsellererfolg. Aber – auch Verlage verlegen Mist, das gilt genauso.