Jens Meyer, Rechtsanwalt und Geschäftsführer des Handelsverbands Nordrhein-Westfalen mit Schwerpunkten Arbeits-, Sozialrecht und Bildung, erläuterte, welche Punkte im Ausbildungsvertrag und darüber hinaus unbedingt geklärt werden sollten, damit die Lehrzeit für alle Beteiligten möglichst reibungslos vonstattengeht.
Bevor man sich an die Auswahl geeigneter Bewerber macht, sollte man sich darüber versichern, dass man zur Ausbildung berechtigt ist. Klarheit verschafft ein Gespräch mit dem Ausbildungsberater der regional zuständigen Industrie- und Handelskammer (IHK). Bei der Handelskammer ist auch ein so genanntes „Ausbildungsvertragsmuster“ erhältlich, das alle wichtigen Aspekte, die im Ausbildungsverhältnis geregelt werden müssen, zusammenfasst. Trotzdem gibt es einzelne Themen, die besonders beachtet werden sollten, damit man sich bei Fragen oder im Falle einer Auseinandersetzung auf klare, vertragliche Abmachungen beziehen kann.
Grundlage Ausbildungsvertrag
„Ein Stolperstein ergibt sich oft aus den unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen für minder- bzw. volljährige Auszubildende“, weiß Meyer aus seiner langjährigen Praxis. So stehen Jugendlichen beispielsweise mehr Urlaubstage, mehr Pausen und kürzere Arbeitszeiten zu als ihren über 18 Jahre alten Kollegen. Auch das Thema „Schulpflicht“ berge Konfliktpotenzial, so dass eine eindeutige vertragliche Regelung empfohlen wird.
In der Vertragsniederschrift müssen mindestens geregelt sein:
- Art, Gliederung und Ziel der Berufsausbildung
- Beginn und Dauer der Ausbildung
- Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte
- Dauer der regelmäßigen täglichen Ausbildungszeit
- Dauer der Probezeit
- Zahlung und Höhe der Vergütung
- Dauer des Urlaubs
- Voraussetzungen zur Kündigung
- allgemeine Hinweise zu Tarifverträgen
Jugendliche Azubis haben Privilegien
Trotz gesetzlicher Regelungen ist die Anwendung in der Praxis oftmals nicht einfach. Kompliziert zu durchschauen sei beispielsweise die Anrechnung der Schulzeiten auf die Arbeitszeit, erklärte Meyer, weil hier, abhängig vom Alter, unterschiedliche Gesetze gelten würden. „Das Berufsbildungsgesetz ist dahingehend dürftig. Im Jugendarbeitsschutzgesetz, das fast ausschließlich für Minderjährige gilt, sind die Vorgaben etwas klarer, trotzdem gibt es oft Unstimmigkeiten“, erläuterte der Experte. So gebe es für erwachsene Azubis keine Regelung über weitere Arbeitszeit im Betrieb im Anschluss an den Berufsschulbesuch, während Jugendliche, die an zwei Tagen pro Woche jeweils mindestens fünf Stunden Unterricht haben, nur an einem der Nachmittag anschließend im Verlag oder in der Buchhandlung erscheinen müssen.
Probezeit und Kündigung
Jens Meyer, der vielfältige Erfahrungen im Schlichtungsausschuss Ausbildungsstreitigkeiten der IHK Düsseldorf gesammelt hat, betonte, dass viele Auseinandersetzungen vermieden werden könnten, wenn die einzelnen Abschnitte im Ausbildungsvertrag sorgfältig ausgefüllt werden würden. „Leider werden oft zur Probezeit, die grundsätzlich für eine Dauer von einem bis zu vier Monaten vorgeschrieben ist, keine genauen zeitlichen Angaben gemacht, so dass es hier später zu Streitigkeiten kommen kann“, berichtete der Jurist. „Wir empfehlen vier Monate, denn in dieser Zeit kann man sich gegenseitig ausführlich beschnuppern und das Ausbildungsverhältnis kurzfristig beenden, wenn es nicht rund läuft.“
Eine Kündigung seitens des Ausbildenden nach der Probezeit hingegen sei weitaus schwieriger durchzusetzen. Es bestehe ein Begründungszwang, bei dem ein konkreter Anlass geschildert werden müsse. „Es reicht nicht, sich in der schriftlichen Kündigung auf ein vorher geführtes Gespräch zu berufen. Es muss sich beim Lesen der Kündigung klar darstellen, worum es geht“, betonte Meyer. Außerdem dürfe umgehend mit Aussprechen der Kündigung keine Ausbildungsleistung des Azubis mehr angenommen werden. „Wenn ich weiter ausbilde, wird meine Kündigung hinfällig“, erklärte der Düsseldorfer Anwalt, „und im Falle eines Widerspruchs durch den Auszubildenden habe ich das Nachsehen.“
Geschafft! Das Ausbildungszeugnis
Wünschenswerterweise endet die Ausbildung mit der bestandenen Prüfung vor der IHK. Das Ausbildungszeugnis bescheinigt dem Berufsanfänger seine Leistungen, indem es die Ausbildungsinhalte aufführt und damit zukünftige Arbeitgeber in die Lage versetzt, sich ein Bild über die Kompetenzen des Stellenbewerbers zu machen.
Hat der Azubi die Prüfung nicht bestanden, endet das Ausbildungsverhältnis mit dem im Ausbildungsvertrag angegebenen Datum. Gleichzeitig hat der Azubi die Möglichkeit, seine Ausbildung bis zum nächstmöglichen Prüfungstermin zu verlängern, bis hin zu maximal einem Jahr.
Weitere Informationen zum Thema Arbeitsrecht im Ausbildungsverhältnis gibt es bei der jeweils regional zuständigen Industrie- und Handelskammer. Am 12. Juni gibt Jens Meyer in der Regionalgeschäftstelle des Börsenvereins NRW von 14 bis 18 Uhr ein Tagesseminar zum Thema Arbeitsrecht: