Libri.Campus

"Strickmuster für den Erfolg"

27. Mai 2013
Redaktion Börsenblatt
"Einzig, nicht artig – Neue Wege für eine Branche mit Zukunft": Unter diesem Motto steht der Libri.Campus, der in diesem Jahr Jubiläum feiert. Inspiration kommt etwa von der Berliner Buchbox oder von MuKK, Münsters ungewöhnlichem Kinderkaufhaus.

Zehn Jahre veranstaltet Libri bereits die jährliche Fortbildungsveranstaltung für Buchhändler, doch gesagt ist längst nicht alles. Im Gegenteil: „Die Buchbranche befindet sich mitten in einem Veränderungsprozess und in den vergangenen Jahren haben sich dramatische Umbrüche ergeben“, eröffnete Bertram Pfister, Leiter Vertrieb Nord bei Libri, die Veranstaltung. Die Kunden seien anspruchsvoll wie nie zuvor und erwarteten einen perfekten stationären Auftritt. Ansonsten würden sie weiter ins Internet abwandern.

Aber um „die täglichen Horrormeldungen“, wie Berater Arnd Roszinsky-Terjung (Buchconsult) es formulierte, solle es bei der zweitägigen Veranstaltung nicht gehen. „Wir präsentieren beglückende Beispiele und Strickmuster für den Erfolg“, so sein Credo. Zu diesem Zweck haben die beiden Organisatoren Arnd Roszinsky-Terjung und Andreas Meyer (Verlagsconsult) in den vergangenen Monaten Ausschau nach erfolgreichen Händlern und wirkungsvollen Strategien gehalten. 

Ein Paradies für Kinder

Ein Vollblutunternehmer, dessen Geschäft jüngst vom Handelsverband Deutschland als Store of the year ausgezeichnet wurde, ist der Münsteraner Jürgen Budke. Er betreibt in Münster das ungewöhnliche Kinderkaufhaus – mittlerweile auf mehr als 3.000 Quadratmeter bietet er Spielwaren und Kindermode an. Die jüngste Expansion erfolgte erst vor wenigen Monaten. Budke erfüllt konsequent die Wünsche und Bedürfnisse der Kinder - und der Eltern. Damit die Kleinen sich zurecht finden, geht es zum „Pipi machen“, der Notausgang ist kindgerecht beschildert mit „Schnell wegrennen“. In einer Reparaturwerkstatt wird kaputten Bären, Puppen oder defektem Spielzeug zu neuem Leben verholfen.

Budke sieht sich nicht nur als Händler, sondern auch als Eventmanager. So bietet er etwa die Möglichkeit, dass sich Kinder oder Erwachsene nachts im Kaufhaus einschließen lassen. „Wir können uns vor Anfragen kaum retten“, berichtet er.

Mit den Kunden auf Du und Du 

Einen besonderen Umgang mit seinen kleinen Kunden pflegt auch David Mesche, der in Berlin vier Buchhandlungen namens Buchbox unterhält. Er hat extra eine Kinderkasse eingerichtet, „dass wir nicht nur die Hände von den Kindern sehen, sondern das ganze Kind.“ So könne der Nachwuchs alleine bezahlen „und wir ziehen die Kunden von morgen heran“. In seinen Läden, die allesamt farbig daherkommen, geht es sehr persönlich zu. Die Kunden werden durchweg geduzt („die meisten finden es gut“), auf Schiefertafeln werden mit Kreide Buchtipps geschrieben oder Veranstaltungen angekündigt. Aufgrund seiner guten Vernetzung in Berlin und seinem hohen Engagement für Lesungen schauen auch Autoren bei ihm vorbei, die sich sonst sehr rar machen. 

Handfeste Strategien

Neben diesen und weiteren Praxisbeispielen werden beim Libri.Campus auch Handwerkszeuge gereicht, die helfen, das eigene Geschäft anzukurbeln. Dazu zählt etwa die Blue-Ocean-Strategie, bei der vor allem vier Fragen geklärt werden müssen: Was kann ein Unternehmen eliminieren, was reduzieren, was erhöhen und was kreieren? Durch den richtigen Mix und die Beantwortung aller vier Fragen können sich neue Optionen ergeben. So plant etwa Ravensburger die Einführung von Puzzles für Demenzkranke als neue „Kreation“. Hintergrund: Die ursprüngliche Zielgruppe für Puzzles nimmt weiter ab, puzzeln ist für viele „unsexy“. Mit dem Vorstoß in einen neuen Markt erschließt sich Ravensburger eine neue, zukunftsträchtige Zielgruppe.

Mehr als 80 Buchhändler sind heute zum dritten Durchgang des Libri-Campus nach Bad Hersfeld gekommen, erstmals findet die Tagung im Kommunikationsmuseum Wortreich statt. Der Abend gilt traditionell dem Erfahrungsaustausch und geselligen Beisammensein, morgen geht dann das Fortbildungsprogramm weiter.