Kubikmeterweise nasse Bücher, feuchtes Mauerwerk und der modrige Geruch von faulendem Schlamm in der Luft: Die 120 Quadratmeter großen Innenräume und das Gewölbe im Keller von Buch + Kunst in Passau sind ein Bild des Schreckens. Drei Hochwasser hat Inhaber Stefan Hirsch (74) schon erlebt, "aber dieses war das schlimmste: Die gesamte Einrichtung ist hin, die Waren fast alle vernichtet." Seine Nichte Kerstin Brummer (35), die das Geschäft im Sommer übernehmen will, bescheibt, wie die nassen Regale sich in alle Richtungen gebogen haben: "Das ist nicht mehr gerade zu kriegen. Und selbst wenn: Der faulige Schlamm stinkt fürchterlich, diesen Geruch kriegt man nicht mehr aus dem Holz."
Und aus den Büchern erst recht nicht. Momentan ist Brummer am Sortieren, schaut nach, ob noch irgendetwas zu gebrauchen ist. "Aber selbst Bücher, die in den Regalen ganz oben gestanden haben, haben Feuchtigkeit gezogen, sind gewellt; viele fangen von den Ecken her an zu schimmeln das ist alles nicht mehr verkäuflich." Vor der Tür haben Studenten Berge der Bücher aufgetürmt, säckeweise fährt Brummer sie weg.
Bis zur Brust im Wasser
Seit drei Tagen laufen in den Gemäuern die Trockengeräte, Hirsch ist zuversichtlich, dass die Renovierung gelingt: "Das klappt." Seit 35 Jahren ist er Mieter, die Eigentümerin will, dass die Buchhandlung weiter hier bleibt: "Wir haben ein ausgesprochen gutes Verhältnis miteinander." Auch wenn die Sorge um neue Räumlichkeiten genommen ist, die Sorge wie es mit dem Geschäft weitergehen soll, drückt umso mehr. Auf 480.000 Euro schätzt er den Gesamtschaden, eine Versicherung gibt es nicht: "In dieser Lage in Donaunähe versichert uns niemand mehr. Eine einzige Versicherung hätte es gemacht - für 3.500 Euro im Monat. Aber das ist nicht machbar."
Beim letzten großen Hochwasser 2002 hat er sich bereits seine Lebensversicherung auszahlen lassen, um weitermachen zu können. Jetzt bräuchte die Buchhandlung als allererstes finanzielle Unterstützung für eine Ladeneinrichtung. "Es ist ein Neubeginn - wir müssen fast bei Null anfangen", erklärt Kerstin Brummer. "Wir hoffen, dass die Vertreter der Verlage uns bei den ersten Schritten unterstützen, wie auch immer." Erste Signale habe es schon gegeben. "Auch mit verlängerten Zahungszielen und anderen Konditionen wäre uns anfangs schon sehr geholfen", ergänzt Hirsch, "der Laden läuft ja nicht schlecht, wir haben unsere Kundschaft."
Auch die spricht den Buchhändlern immer wieder Mut zum Weitermachen zu, "das tut einfach gut", sagt Brummer. Ihr Onkel lobt die "unendliche große Hilfsbereitschaft der Passauer, vor allem die Studenten kamen und haben bei uns angepackt, das war einfach beispielhaft!" Hirsch selbst hat schon zuvor angepackt, "bis zur Brust stand mir das Wasser, dabei immer auch die Angst, dass vielleicht irgendwo Strom fließt" - am Ende war es zuviel, mit einem Kreislaufzusammenbruch musste er ins Krankenhaus, gestern ist er entlassen worden.
"Irgendwie werden wir das schaffen"
Schon lange hat sich Hirsch darauf gefreut, dass seine Nichte, die zwei Kinder hat, die Buchhandlung im Sommer übernimmt: "Die Nachfolge ist gesichert." Nun konzentriert er sich darauf, dass das Schicksal keinen Strich durch die Rechnung macht. Auch wenn er einen Antrag gestellt hat, ist er skeptisch, dass die staatliche Hochwasserhilfe weiterhelfen kann: "Es sind hier ja so viele in Passau betroffen, was soll da für eine Buchhandlung übrigbleiben?" Aber wie auch seine Nichte zeigt er sich zuversichtlich: "Irgendwie werden wir das schaffen."
Ingrid Mäusle vom Sozialwerk des Deutschen Buchhandels hat bereits versprochen, sich um die Buchhandlung zu kümmern. Sie ruft ebenso wie die Vorsitzenden von Sortimenter- und Verleger-Ausschuss, Thomas Wrensch und Matthias Ulmer, alle Beschäftigten der Buchbranche zur Solidarität mit den betroffenen Buchhandlungen und zu Spenden für den Hochwasser-Hilfsfonds im Sozialwerk auf:
Sozialwerk des Deutschen Buchhandels
Stichwort "Hochwasser 2013"
Konto-Nr. 351 555
Frankfurter Sparkasse
BLZ 500 502 01
Wer eine Spendenquittung wünscht, sollte seine komplette Adresse angeben.