Verleger und avj-Vorstand am Freitag gestorben

Gerold Anrich ist tot

7. Oktober 2013
von Börsenblatt
Anrich-Verleger Gerold Anrich (71) ist nach schwerer Krankheit am 4. Oktober gestorben. Lange Jahre gestaltete der gründliche Denker die Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen (avj) im Vorstand mit.

Der Thienemann-Verleger und frühere avj-Vorstandsvorsitzende Klaus Willberg würdigt Anrich als „Wissenden“, dessen Wissenschatz den Kollegen stets abrufbar und offen stand: „In unserer lauten, aufgeregten und ach so wichtigen Verlagsbranche war Gerold Anrich ein Stiller, oder besser: Bedächtiger (wofür die angewachsene Pfeife sprach). Noch besser: Gerold Anrich war ein Wissender. Er, der sich immer als Anwalt der kleinen Verlage verstand, wusste um die Komplexität des Büchermachens, seine Wechselhaftigkeit, seine Zufälligkeiten. Er wusste von dem Glück, Lob und Anerkennung für gelungene Bücher in gelungenen Programmen zu bekommen, und er wusste von dem Unglück, fallen gelassen zu werden. Das sah man ihm an, seinen Augen, die sich nicht ablenken ließen, wenn man mit ihm sprach. Dabei war Gerold Anrich nie belehrend, immer geduldig und, wie es sein muss, wenn man das Büchermachen aus der Perspektive des Lektors betreibt, neugierig. Neugierig auf Menschen und Geschichten. Es ist immer das Gleiche: Man hätte dem Wissenden gerne noch ein paar Fragen gestellt. Nun ist es zu spät."

Anrich hatte 1970 in Mülheim den Anrich Verlag gegründet; das erste Buch dort, Ursula Wölfels Kurzgeschichtensammlung „Die grauen und die grünen Felder“ wurde ein Bestseller, von dem sich jährlich 20.000 Exemplare verkauften. 1973 konnte Anrich mit dem Deutschen Jugendbuchpreis für Eva Janikovszkys Bilderbuch „Große dürfen alles“ einen weiteren Erfolg verbuchen. 1982 beteiligte sich der Verlag Butzon & Bercker in Kevelaer mehrheitlich am Anrich Verlag, 1988 kaufte Gerold Anrich seine Anteile zurück.

Von 1991 bis 2003 war Gerold Anrich im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen (avj) aktiv, davon sechs Jahre als Schatzmeister, nachdem er dort bereits von 1979 bis 1982 im Beirat saß. Als gründlicher Denker war er für seine Hintergrundsondierungsgespräche bekannt, mit denen er mehrheitsfähigen Lösungen den Weg bereitete.

1995 wurde sein Verlag bei Beltz als zweite Programmlinie neben Beltz & Gelberg entwickelt, bis er in Beltz & Gelberg aufging. Ende 2006 hörte Gerold Anrich auf und arbeitete in Weinheim unter dem Namen LitService als Übersetzer, Lektor und Gutachter.

Die Trauerfeier für Gerold Anrich findet am Montag, den 14. Oktober, um 14 Uhr in der Friedhofskapelle auf dem Lützelsachsener Friedhof in Weinheim statt.