Buchmesse-Diskussion

Zwischen Einheitsbrei und E-Book-Markt

10. Oktober 2013
von Börsenblatt
Die Buchhandlung - ein Auslaufmodell mit großer Zukunft? Ja und Nein. Eine Podiumsdiskussion des Börsenvereins über das, was Buchhandel heute und morgen ausmacht.

Für Autorin Kathrin Passig, die früher selbst drei Jahre lang in einer Krimi-Buchhandlung gearbeitet hat, ist die Zukunft digital: Sie liest heute nur noch auf dem Handy. Ihre Diagnose: "Die Leute, die zuerst zum E-Book abwandern, sind die, die früher eine ganze Buchhandung ernährt haben". Dass es in Berlin derzeit eine lebhafte Gründerszene auch im Buchhandel gibt, verfolgt sie zwar mit Interesse, aber arbeiten die neuen Läden auch wirtschaftlich? Passig ist skeptisch und kritisierte, dass Verleger hinter vorgehaltener Hand und nach dem dritten Glas Bier mittelfristig durchaus das Ende des Buchhandels prognostizieren würden - die Botschaften nach außen seien in erster Linie politischer Natur.

Gegenpol auf dem Podium im Forum Börsenverein war der Buchhändler John Cohen, der vor elf Jahren seine Buchhandlung Cohen & Dobernigg in Hamburg gegründet hat - "und ja, ich kann davon leben". Die iphone-Quote bei den Kunden in seinem Laden, darunter viele Kreative, liege locker bei 70 Prozent, berichtete Cohen: "Die sitzen den ganzen Tag vor der Kiste und genießen es, beim Lesen auch mal offline zu sein".

Dass 20 bis 30 Prozent des Marktes in den nächsten Jahren in die E-Welt abwandern könnten, bestreitet auch Cohen nicht: "Aber 70 bis 80 Prozent bleiben immer noch übrig". Er machte allerdings auch deutlich, dass Buchhändler ihrem Geschäft ein Gesicht geben müssen, um erfolgreich zu sein - und ihre Zielgruppe ganz genau kennen sollten. A und O: Das Sortieren, die Auswahl der Titel, die sich zumindest in seinem Fall nicht auf Bestseller, sondern vor allem auf Entdeckungen jenseits der Stapel konzentrieren: "Einheitsbrei zu liefern - das ist der Fehler".

Genau dieser "Einheitsbrei" ist es, der den Vielleser, Texter und Rezensenten Stefan Möller auf dem Podium zu der Aussage brachte, dass viele Buchhandlungen ihn einfach nur langweilen würden. Er kaufe nach wie vor gedruckte Bücher, aber sein Herz hänge am Buch, am Verlag - nicht zwingend an Buchhandlungen: "Ich mag mich nicht durch Dutzende historischer Romane wühlen, bis ich auf Bücher stoße, die mich interessieren". Weil aber nicht jeder Kunde Stefan Möller heißt, dürfte das gelten, was Rudolf Frankl, Vertriebschef von dtv, ins Feld führte: "Je besser ein Buchhändler seine Kunden kennt, desto erfolgreicher kann er sein. Und damit auch nicht langweilig".

Nachdenklich stimmt allerdings ein Satz von John Cohen: Er sorgt sich weniger um den Buchhandel an sich als um die Infrastruktur der ganzen Branche. Denn wenn Buchhandlungen schließen, stellt sich auch die Frage, wann sich die ausgefeilte Logistik mit Bücherwagendienst und Über-Nacht-Bestellung nicht mehr rechnet. "Doch genau das ist für uns alle überlebenswichtig".