Zum 70. Geburtstag von Christian von Zittwitz

Wieso immer er?

18. November 2013
von Börsenblatt

CvZ ist Zeitschriftenadel in der prägnantesten Form. Unter dem Kürzel, das jeder kennt, führt Christian von Zittwitz den "Buchmarkt". Die Sache begann kurz nach dem Ende seiner Kindheit. Heute, am 18. November, wird er auch selbst etwas älter: 70. Ein Geburtstagsgruß von Torsten Casimir.

Christian von Zittwitz

Das erste Mal, dass wir uns trafen, liegt, gemessen an einer Spanne von 70 Jahren, noch nicht lang zurück. Es war im Sommer 2006 auf der Hauptstraße in Meerbusch-Lank, vor Mrs. Books, dem charmanten Buchladen. Der gehört seiner Frau Dörte. CvZ, zu der Zeit zarte 63, hatte mich auf einen Kaffee eingeladen. In wenigen Wochen sollte mein Job in Frankfurt beim Börsenblatt losgehen. Vom Leben und Arbeiten in der Buchbranche hatte ich so viel Ahnung, wie ein Zeitungsmensch, der im Feuilleton schreibt, Ahnung haben muss. Also fast keine. Das musste sich nicht nur aus meiner, sondern auch aus der Sicht von CvZ nun rasch ändern, und an jenem sonnigen niederrheinischen Morgen begann der Veränderungsprozess (der andauert). Damals wusste ich noch nicht, dass das Glück mir den kundigsten Guide zugewiesen hatte, den man sich für seinen Weg hinein in die wunderschön bizarren Landschaften des Buchhandels wünschen kann.

Heute weiß ich es.

Die erste Botschaft von Meerbusch war gleich interessant. Ob ich denn wisse, warum und wozu der "Buchmarkt" einst erfunden worden sei. CvZ gab die Antwort, ohne meine Reaktion auf seine Frage abzuwarten (was häufiger passiert und niemals aus Mangel an Höflichkeit, sondern damit's schneller geht): "Weil das Börsenblatt damals, Mitte der sechziger Jahre, seine Leser unfassbar langweilte." Dass eine Fachzeitschrift dem Schicksal entgehen kann, indem sie relevante Nachrichten enthält und sich einer gewissen Unterhaltungspflicht beugt, habe er seinem Kapitalgeber und Magazin-Mitgründer Klaus Werner damals beweisen wollen. Heute liegt es fern jeder Geburtstagslobhudelei, rückblickend festzustellen: Quod erat demonstrandum.

Der "Buchmarkt" war also dem Ursprung nach nicht einfach als weiteres Branchenblatt gedacht, sondern als Mission. Als Gegenbeweis und Remedur zugleich. Als journalistisches Langzeitprojekt, das elfte Gebot zu achten: Du sollst nicht langweilen! Mit anderen Worten: als Verdoppelung der DNA seines Herausgebers und Chefredakteurs.

Der ist nicht bloß Programmdirektor in der Sparte Branchenentertainment, sondern vor allem ein Nachrichtendealer von großem Format. Oft noch im Stadium des Gerüchts nimmt er Neues wahr und sendet es umgehend in die weite Buchwelt, in hochaktuellen Fällen gern als Newsflash. Kurz drauf folgt die Pressenotiz der betroffenen Firma. Die hat dann zwar keinerlei Neuigkeitswert mehr, aber in der Mitleidskategorie "Jetzt offiziell bestätigt" wird ihr doch noch ein Auftritt zugebilligt, als Epilog.

Zu den Konstanten im Leben des CvZ gehört der Informationsvorsprung. Aber wie bekommt so einer den, und wieso immer er?

Indem einer gleich mal die Regel Nr. 1 des journalistischen Handwerks ignoriert. Die lautet: Schau nach der guten Balance zwischen Distanz und Tuchfühlung. CvZ hingegen rät: Vergiss das mit der Distanz. Konzentrier dich auf die Tuchfühlung. Ja, das kostet Zeit, vor allem die nach Feierabend. Ja, es fällt leichter mit einer robusten Leber. Und ja, Tuchfühlung braucht mehr als Handwerk, braucht Begabung. CvZ hat reichlich davon, er ist ein Meister der friedfertigen Entwaffnung. Ein Blick, ein Lächeln, eine Flasche Wein − und die Leute reden. Ob das Meiste, was da unter vier Augen besprochen wird, im Magazin landet oder ob es vielmehr in den Mega-Speichern des Journalistenhirns abgelegt wird, scheint mir keineswegs ausgemacht. Viel Vertrautheit und Vertrauen konnte jedenfalls über die Jahrzehnte wachsen, nicht selten wurde Freundschaft daraus.

Wer über 50 ist und ihn nicht duzt, so dachte ich lange, hat seine Brancheninitiation noch vor sich. Aber das stimmt nicht ganz. Nach wie vor gibt es eine erstaunliche Zahl von CvZ-Siezern im Buchhandel, die es ansonsten durchaus zu etwas gebracht haben. Vielleicht wäre das "Sie" für manch einen die Rettung vor dem Newsflash gewesen. Vielleicht aber auch bloß ein erschwerter Zugang zu kollegialem Rat, zu einer Hilfsbereitschaft, die bei CvZ bis an die Grenze zur Fürsorglichkeit gehen kann.

Wir duzen uns erst seit diesem Frühjahr. Von seiner Seite war es eindeutig ein Akt der Fürsorge: "Komm, sonst wird das gar nichts mehr." Ist also grad noch mal gutgegangen.

Prosit, Christian, Du altersloser Kollege! Erbitte weitere Newsflashs für die nächsten Jahre. Aber das Haus in Schweden, sagst Du? Kein starker Einwand! Glaubt sowieso keiner, dass Du nicht noch am Ende der Welt die Dinge als Erster erfährst.

Wer Christian von Zittwitz noch persönlich gratulieren will − hier der Link zur allerbesten Gelegenheit: wir-feiern-cvz.de