Die Sonntagsfrage

War eine Ausbildung vor dem Studium die richtige Wahl, Frau Becker?

5. Januar 2014
Redaktion Börsenblatt
Felicitas Becker ist seit Oktober 2013 Studentin an HTWK Leipzig im Studiengang Buchhandel und Verlagswirtschaft. Zuvor hat sie bei der Büchergilde Gutenberg in Frankfurt eine Ausbildung absolviert – und wurde im Dezember als beste Auszubildende Deutschlands ausgezeichnet. In unserer Sonntagsfrage wollten wir wissen, ob sie heute beim Berufseinstiegetwas anders machen würde.

Bis zum Januar 2013 war ich Auszubildende bei der Büchergilde Buchhandlung. Die Ausbildungszeit konnte ich nach dem Abitur auf zweieinhalb Jahre verkürzen. Bei der Ausbildung hat mir nichts gefehlt, ganz im Gegenteil: In meinem Buchhandelsteam habe ich mich sehr wohl gefühlt – mir wurde wirklich was beigebracht, nicht nur buchhändlerische Fähigkeiten: Mit Kunden kommunizieren, beraten, verkaufen, präsentieren oder Schaufenster dekorieren. Auch persönlich konnte ich mich in dieser Zeit weiterentwickeln. Am meisten haben mir der Kundenkontakt und das Beraten gefallen.

Zur Prüfungsvorbereitung war ich auch einmal auf dem Mediacampus. Es gibt dort tolle Veranstaltungen mit Verlagen und Autoren. Trotzdem hatte ich Glück: Für mich persönlich war es schöner, an einem festen Tag in der Woche die Berufsschule zu besuchen, als Blockunterricht zu haben. Das ist aber sicher Typsache.

Ob ich später einmal im Buchhandel oder im Verlag arbeiten will, habe ich noch nicht entschieden. Erst einmal möchte ich aber auch Erfahrung in der Verlagswelt sammeln. Das Thema Buchhandel ist für mich auf längere Sicht aber nicht aus- und sicher noch nicht abgeschlossen. Letztes Jahr habe ich während eines Praktikums etwa den Peter Meyer Verlag kennengelernt, einen Frankfurter Reiseverlag. Bevor ich im Oktober nach Leipzig gezogen bin, war ich aber weiterhin als Aushilfe mit „meiner" Büchergilde verbunden – der Kontakt besteht weiterhin.

Nach meinem Abitur in Elsenfeld hatte ich mir zunächst überlegt, in Richtung Germanistik oder Romanistik zu gehen – allerdings bereits mit Hinblick auf Buch- und Verlagsbranche. Erstmal eine Ausbildung zu machen, war dann aber die bessere Entscheidung.

Wenn ich mich noch einmal für einen Weg nach dem Abitur entscheiden müsste, würde ich alles genauso machen. Erst durch die Ausbildung wusste ich nämlich, in welche Richtung ich heute gehen will. Auf der Staatlichen Berufsschule in Bornheim in der Arnsburger Straße gab es eine kleine Buchhändlerklasse – dort habe ich zum ersten Mal vom Studiengang Buchhandel und Verlagswirtschaft an der HTWK gehört und wusste sofort: Das willst du nach der Ausbildung machen! Vor dem Studium eine Ausbildung zu machen, hat nämlich Vorteile: Nach dem Studienabschluss hat man schon eine Menge praktische Erfahrung gesammelt. Man hat außerdem was in der Rückhand, falls das Studium doch nicht so läuft wie geplant oder das Studienfach doch nicht zu einem passt. Das ist nie verkehrt. Die Ausbildung hat mir auch bei der Bewerbung in Leipzig geholfen, denn eine Ausbildung in der Buchbranche wird beim Auswahlverfahren auf den eigenen Abischnitt aufgerechnet. Und für das Praxissemester hat man mit abgeschlossener Ausbildung bereits erste Kontakte, die helfen können; vielleicht ergibt sich die Möglichkeit, ins Ausland zu gehen.

Man kann aber natürlich auch direkt nach dem Abitur mit dem Studiengang anfangen. Hier ist es kunterbunt gemischt. Manche Kommilitonen kommen direkt vom Abitur. Manche haben ganz andere Ausbildungen gemacht. Das ist sehr interessant.

Ich bin gespannt, wie die Branche sich entwickelt. Die Insolvenzen, von denen man liest, machen mir schon ein mulmiges Gefühl. Aber es ist eine traditionsreiche Branche und ich bin optimistisch. Klar wird sich vieles ändern durch E-Books und die Digitalisierung. Aber die Buchbranche hat Bestand, da mache ich mir nicht zu viele Gedanken.