Zehn-Punkte-Programm für den Frühjahrsputz im Laden

"Kunden wollen sich nicht fremdschämen"

29. Januar 2014
von Börsenblatt
Für stationäre PBS-Händler wird der Markt zusehends enger, Jahr für Jahr verlieren sie Umsatz ans Internet – ähnlich wie der Buchhandel. Was zu tun wäre, um die Entwicklung zu stoppen? Innenarchitekt Stefan Suchanek rät zum Umbau, nach allen Regeln der Verkaufspsychologie: "Wer stehen bleibt, fällt um."
Stefan Suchanek ist Innenarchitekt, Berater, Dozent und TV-Moderator ("Chili & Couch", Bayerischer Rundfunk), er redet gern in Bildern – und kommt schnell auf den Punkt. „Liebe deinen Laden wie dich selbst“, ermahnt er die deutschen Einzelhändler schon seit Jahren. Denn „ein Geschäft zu führen ist wie Fahrrad zu fahren: Wer stehen bleibt, fällt um.“


Was er damit meint, konnte er jetzt im Paperworld Forum (im Rahmen der Paperworld in Frankfurt, 25. bis 28. Januar) noch einmal etwas genauer erklären. Suchanek brachte eine Art Zehn Punkte-Programm mit – voller, wie er sie nennt, „Fitnessregeln für ein erfolgreiches Ladengeschäft“. Ideen sind für ihn dabei wichtiger als viel Geld. boersenblatt.net dokumentiert seine Vorschläge im Überblick.

Regel 1: Zeichen setzen. Ihr Geschäft als Marke. Be different!
Regel 2: Der erste Eindruck. Fassade, Eingang, Schaufenster.
Regel 3: Klarheit/ Übersicht. Ordnung & Sauberkeit.
Regel 4: Wohlgefühl. Eine Frage der Sicherheit.
Regel 5: Wertschätzung des Kunden. Ihm einen besonderen Status verleihen.
Regel 6: Sinnvolle Geschäftsgestaltung. Verkaufsaktiver Ladenbau.
Regel 7: Sinnliche Geschäftsgestaltung. Mit allen Sinnen einkaufen.
Regel 8: Prinzip der Synästesie. "Gefühlte" Einkaufsgefühle
Regel 9: Beleuchtung. Helligkeit & Inszenierung.
Regel 10: Geschäftskultur

 

# Regel 1: Zeichen setzen. Ihr Geschäft als Marke. Be different!
Die Deutschen leben im Überfluss (Suchanek: „Wir haben schon alles.“), und weil das so ist, sieht Suchanek nur einen Ausweg: Kundenbindung. Verkäufer sollten auf Emotionen setzen, auf Image und Lifestyle. Suchanek: „Es ist genug Geld da, aber Sie müssen was bieten – und Geschichten erzählen.«

Beispiele:
„Verkaufen Sie kein Produkt, verkaufen Sie Lifestyle“ – indem Produkte kontrastreich und überraschend präsentiert werden (zum Beispiel Kissen, die von der Decke hängen); dunkle Farben wirken dabei generell hochwertiger.

# Regel 2: Der erste Eindruck. Fassade, Eingang, Schaufenster.
Fassade, Eingang und Schaufenster haben eine enorme Signalwirkung . Noch bevor Kunden auch nur einen Schritt in den Laden gesetzt haben, entscheidet sich, ob sie eher eine Zu- oder eine Abneigung zum Laden entwickeln (Suchanek: „Kunden wollen das Gefühl haben, dass sie wichtig sind.“)

Beispiele:
  • dunkle Farben an der Fassade wirken kompetenter und seriöser;
  • im Schaufenster selbst besser hell dekorieren und Plakate mit großen Motiven einsetzen, die emotionale Momente zeigen;
  • tagsüber das Schaufensterlicht anlassen und Strahler einsetzen / punktuelle Beleuchtung;
  • die Eingangstür sollte keinen Metallgriff haben (im Winter kalt, im Sommer heiß), sondern besser aus Holz sein – „denken Sie daran, das ist Ihr erster Handschlag mit dem Kunden";
  • einen grauen Schmutzteppich vor der Tür ist für Suchanek ein absolutes No-Go – so begrüße man keine Gäste. „Rollen Sie den roten Tepich aus“, rät er, „schaffen Sie begrüßende Momente, öffnen Sie den Laden“ (u.a. durch Pflanzen, einen Stuhl vor der Tür, Kerzen im Winter).

# Regel 3: Klarheit/ Übersicht. Ordnung & Sauberkeit.
„Wirkt ein Geschäft unsauber, ungepflegt oder unübersichtlich – wirkt auch die Ware billig“, sagt Suchanek. Kompetenz zu vermitteln und hochwertige Produkte zu verkaufen, sei so kaum möglich. „Der Kunde partizipiert, er möchte sich nicht 'fremdschämen'“.

Beispiele:
klare, eindeutige Beschriftungen an den Regalen anbringen, sauber sortieren (nach Themen, Farben, Preisen etc.)


# Regel 4: Wohlgefühl. Eine Frage der Sicherheit.
In seiner Regel Nummer vier stößt Suchanek zum Kern seines Themas vor – zur Frage: Was können stationäre Händler besser als Betreiber von Online-Shops? Suchanek gibt darauf eine klare, knappe Antwort: Wertschätzung. „Im Laden funktioniert Wertschätzung viel emotionaler, richtet sich an alle Sinne. Signalisieren Sie Ihren Kunden: Wir machen es besonders schön für dich.“ Keiner sollte dabei vergessen, dass Menschen eigentlich zur Gattung der Fluchtiere gehören. „Beim Betreten von fremden Revieren – also Ihrem Geschäft – ist er unsicher und nervös.“

Beispiele:

  • ein roter Teppich symbolisiert Gastfreundschaft (genau wie: Stuhl/ Tisch vor der Tür);
  • Sicherheit und Wohlgefühl vermitteln, Anerkennung und Wertschätzung (Suchanek: „Das schafft Vertrauen“);
  • den Laden wohnlich einrichten; Möglichkeiten schaffen, die Produkte zu testen (Globetrotter tut das zum Beispiel mit der Kältekammer zum Kleidungs-Wetter-Test);
  • Teststationen sauber halten, einen königlichen Stuhl aufstellen


# Regel 5: Wertschätzung des Kunden. Ihm einen besonderen Status verleihen.
Mit Wertschätzung geht es bei Suchanek weiter – in Regel Nummer fünf. Sie sein »ein wichtiger und leider viel zu unterschätzter Einkaufsmotivator“, mahnt er. „Es ist ein menschliches Bedürfnis, geliebt und gesehen zu werden.“

Beispiele:

  • (wieder) der rote Teppich, eine aufrichtige und ehrliche Begrüßung, ein freundliches Lächeln, kleine Aufmerksamkeiten;
  • Kunden einbinden in Aktionen und Events – Abercombie gestalte seine Läden deshalb wie Schlösser und schicke knackige junge Männer ins Rennen, mit denen sich Mädchen fotografieren lassen können; Globetrotter präsentiere haufenweise Urlaubsfotos von Kunden, auf denen sie mit ihren Einkäufen zu sehen seien.


# Regel 6: Sinnvolle Geschäftsgestaltung. Verkaufsaktiver Ladenbau.
Verkaufsaktive Läden sind so gestaltet, dass Kunden nicht lange suchen müssen – und schnell auch allein zurechtkommen. Suchanek: „IKEA macht das sehr gut, Sie können das auch.“

Beispiele: klare Beschriftungen einsetzen, Laufwege clever konzipieren

# Regel 7: Sinnliche Geschäftsgestaltung. Mit allen Sinnen einkaufen.
„Was können Sie und Ihr Laden, was das Internet nicht kann? Richtig: sinnlich wirken!“ Das beginne mit dem Duft und höre mit dem Sehen noch lange nicht auf.

Beispiele:

  • auf Kunststoff verzichten (wirkt oft minderwertig);
  • Düfte visualisieren, indem u.a. eine Schüssel mit Äpfeln aufgestellt wird, Lavendel, Spekulatius; kleine Häppchen verteilen;
  • Musik dezent einsetzen („Musik ist ein sehr emotionales Stimmungsinstrument.“;
  • Eye-Catcher im Laden positionieren („große Deko-Elemente sind überzeugender als kleine“; Farb-Strukturen / Color Blocking)


# Regel 8: Prinzip der Synästesie. "Gefühlte" Einkaufsgefühle
Verkürzt bedeutet Synästesie: eine Stimmung zu erzeugen – durch Imagination, Bilder und Farben. „Der Mensch kann durch geeignete Bilder und Atmosphären in eine angenehme Stimmung versetzt werden, die sich positiv auf das Einkaufsverhalten auswirkt“, so Suchanek.

Beispiele: Kronleuchter, Teppiche, Fototapeten; in Paris, berichtete Susanek, habe man vor einiger Zeit S-Bahnen verändert – und wie königliche Kutschen gestaltet (die weiße Decke wurde beklebt mit Decken-Motiven aus Schlössern). Die Wirkung sei frappierend gewesen, meint er: „Seitdem ist es in den Wagen leiser, zerstört wird kaum noch etwas.“

# Regel 9: Beleuchtung. Helligkeit & Inszenierung.
„Licht lockt Leute“ – das ist eine zentrale Formel für Suchanek. „Damit meine ich nicht nur Helligkeit. Licht ist mitunter das wichtigste verkaufsfördernde Medium.“

Beispiele:

  • Strahler richtig einzustellen;
  • Energiesparleuchten und Leuchtstoffröhren gegen Halogenlicht und hochwertige LED-Lampen auswechseln;
  • im Licht auf die Rotanteile achten („das bringt Produkte zum Glitzern“)


# Regel 10: Geschäftskultur
Unterschätzt wird aus Sicht von Suchanek auch, welche Auswirkungen die Firmenkultur auf den Erfolg eines Ladens hat. „Das Klima eines Unternehmens ist die motivierende Quelle für Chef und Mitarbeiter. Und dient dem Kunden, sich mit Ihnen leichter zu identifizieren“, sagt er.

Beispiele: Lächeln („Lächeln Sie, dann lächelt der Kunde zurück“); am Klima im Unternehmen arbeiten, eine angenehme und menschliche Atmosphäre schaffen („das verleiht Ihrem Geschäft ein charmantes Profil)