Antiquariat

Mühsamer Auftakt. Nosbüsch & Stucke Auktion 1

16. Juni 2014
von Börsenblatt
Am Samstagnachmittag fand die erste Auktion von Nosbüsch & Stucke in der Fasanenstraße 28 in Berlin statt. Es war ein unerwartet mühsamer Auftakt. Auktion 2 am 25. Oktober.

890 Katalognummern, hiervon bislang etwa 360 Zuschläge (einschließlich eines vierwöchigen Nachverkaufs, der heute begonnen hat) – diese Zahlen deuten das Ergebnis der mit Spannung erwarteten ersten Auktion des neu gegründeten Berliner Auktionshauses Nosbüsch & Stucke am 14. Juni an. Und die Bilanz der rund vierstündigen Versteigerung in außerordentlich ansprechend und funktional wirkenden Räumlichkeiten in idealer Lage in der Fasanenstraße 28 fiel bezogen auf die Summe der Schätzpreise noch weniger positiv aus, da sich für die meisten fünfstellig angesetzten Bücher kein Käufer fand. Auktionator Harald Stucke, zusammen mit Manfred Nosbüsch und Dieter van Reimersdahl Geschäftsführer des neuen Unternehmens, war für seine Aufgabe nicht zu beneiden. Manfred Nosbüsch äußerte sich angesichts des extrem knappen zeitlichen Vorlaufs und des daraus resultierenden Zeitdrucks dennoch "zufrieden" über den Auktionsverlauf, auch in finanzieller Hinsicht; eine Verkaufsquote von circa 50 Prozent nach Abschluss des Nachverkaufs hält er für realistisch.

Der ernüchternde Verlauf der Auktion in Stichworten: Bei den Autographen und Manuskripten blieben etwa ein Brief von Kasimir Malewitsch von 1933 (Schätzpreis 60.000 Euro), eine Handschrift zur Mechanik aus dem 18. Jahrhundert (7.500 Euro) oder eine Postkarte Ludwig Wittgensteins vom März 1918 (3.500 Euro) ohne Gebot. Viele Rückgänge gab es in den Abteilungen Naturwissenschaft und Technik, Alte Drucke, ältere Literatur, dekorative Kunst und Graphik sowie Geographie und Reisen. Fast alle Spitzenstücke des Katalogs – etwa Johann Christoph Volckamers berühmtes Werk 'Nürnbergische Hesperides' über die Zitrusfrüchte (Schätzpreis 75.000 Euro), die vor dem Ersten Weltkrieg entstandene monumentale Dokumentation der (nicht ausgeführten) Innenausstattung des Schlosses des serbischen Königs in Belgrad (75.000 Euro), Friedrich Justins Bertuchs 'Bilderbuch für Kinder' (15.000 Euro), Karten von Matthäus Seutter (9.000 Euro) oder Ippolito Rosellinis Werk über die ägyptischen und nubischen Altertümer (70.000 Euro) – fielen sang- und klanglos durch. Einzige Ausnahme: für Sulpiz Boisserées 'Ansichten, Risse und einzelne Theile des Doms von Köln' konnte ein beachtlicher Zuschlag von 33.000 Euro erzielt werden (Schätzpreis 40.000 Euro).

Sehr wenig ging im Bereich 'Architektur und Kunstwissenschaften' [sic]. Recht ordentliche Ergebnisse brachten immerhin die Kinderbücher; insbesondere die kleine Sammlung mit Büchern von Leopold Chimani stieß auf reges Interesse. Unter den Erwartungen blieben dagegen die moderne Literatur und Kunst.

Die deutsche Buchauktionslandschaft befindet sich durchaus in Bewegung. Christian Hesse beispielsweise ist es in Hamburg gelungen, sich nach seinem Ausstieg bei Hauswedell & Nolte als ernstzunehmender eigenständiger Protagonist zu etablieren und die Summe der Zuschläge in seinen Auktionen kontinuierlich auf jetzt (Auktion 9 im Frühjahr 2014) rund 650.000 Euro zu steigern. Die Berliner Antiquariats- und Kunstszene ist zwar dicht besetzt, bietet nach Einschätzung von Branchenkennern jedoch Chancen für Neueinsteiger – zumal Stucke und van Reimersdahl die Situation vor Ort aus dem Effeff kennen.

Es ist deshalb sicher viel zu früh, das professionell und ambitioniert gestartete neue Unternehmen Nosbüsch & Stucke abzuschreiben, auch wenn der Auftakt ein eher mühsamer war. Aus den Erfahrungen der Auktionspremiere ließen sich vielleicht einige Modifikationen ableiten für die zweite Auktion, die am 25. Oktober stattfindet. Zum Beispiel: inhaltliche Konzentration und weniger Einlieferungen aus dem Handel (das ist freilich leicht gesagt…). Der psychologische Druck, der auf den Beteiligten liegt, bei einem zweiten Durchlauf bessere Ergebnisse zu erzielen und den ungünstigen ersten Eindruck vergessen zu machen, ist nun allerdings groß.

Björn Biester