Zur Jahrestagung in Köln trommelte der Verbund der LG Buch am vergangenen Wochenende mehr als 150 Mitglieder und Partner zusammen, um sich ein wenig zu feiern – vor allem aber, um konkrete Themen anzusprechen, gemeinsam Nachzudenken und sich gegenseitig zu motivieren. Letzteres gelang durch Berichte aus der Praxis (am Freitagnachmittag) und ein Vortragsprogramm (am Samstag), das umfassender kaum hätte sein können.
„Anmerkungen zu einer Ästhetik des Handelns mit Büchern“: Ein Weckruf von Markus Klose
Für den Auftakt um 9.30 Uhr holte sich die LG Buch Markus Klose ans Mikrophon. Klose ist als Geschäftsführer beim LG Buch-Partnerverlag Hoffmann und Campe für Marketing und Vertrieb zuständig – und hatte die Aufgabe, einen Weckruf in die Mitgliedschaft zu senden. Das Thema seines Vortrags lautete „Anmerkungen zu einer Ästhetik des Handelns mit Büchern“ – was bemühter klingt als es gemeint war.
Klose rang dem Thema sogar einige Lässigkeit ab, fasste zusammen, wo Buchhändlern im Wertschöpfungsprozess der Branche und aus Sicht der Kunden an Bedeutung verlieren (u.a. durch das Internet, Leih- und Abo-Modelle, werbefinanzierte Inhalte, neue digitale Formate). Er zeigte aber auch, wie wichtig der Job ist, den Buchhändler machen – auch für die Innenstädte. Buchhändler gingen einer sehr sinnvollen gesellschaftlichen Tätigkeit nach, erinnerte Klose seine Zuhörer. „Buchhandlungen sind ein ästhetischer Ort.“
Stolperstein DRM, digitale Inhalte verkaufen, Multichannel-Möglichkeiten nutzen
Klose folgten zwei Redner, die innerhalb des Verbunds gut bekannt sind – als E-Book- bzw. E-Commerce-Profis. Christoph Paris (Ravensbuch), abonniert auf das Thema E-Book durchleuchtete noch einmal die verschiedenen Angebote am Markt (von Ceebo/Umbreit bis Libri), riet dazu, Kunden ein FAQ anzubieten und zusätzlich zu E-Readern auch eine Lese-App für Tablets & Co. (Ravensbuch nutzt Bluefire).
Vieles davon war seinen Kollegen bereits bekannt, manches aber auch neu: Zum Beispiel die Tatsache, wie sehr sie DRM-geschützte Inhalte im Wettbewerb ins Hintertreffen bringen. Kunden von Amazon und Apple müssten keinen Adobe-ID-Parcour durchlaufen, um E-Books zu lesen – ihre schon, stellte Paris fest. Und lieferte Klose damit eine Steilvorlage: Er kündigte an, dass Hoffmann und Campe – so es die Rechteinhaber im Einzelfall gestatteten – zum 1. Juli zu Wasserzeichen wechselt, also auf harten DRM-Schutz verzichtet. Klose: Adobe aus den Kaufprozessen herauszuhalten, „muss Ziel von allen sein“.
- die persönliche Note, etwa durch Buchtipps von Mitarbeitern und prominent platzierte Teamfotos;
- die Rolle, die der Website beigemessen wird (Walther: Die Website sei so wichtig wie das Schaufenster – „Wenn Sie es richtig machen wollen, brauchen Sie ein festes Budget.“)
- die eigenen Services („Bringen Sie Ihre Leistungen ins Internet.“)
- Mehrwerte wie z.B. einen Erinnerungsservice für Veranstaltungen;
- Shops, die sich auch mobil mit Smartphone oder Tablet komfortabel nutzen lassen;
- Informationen zur Verfügbarkeit von Titeln, um sich von Amazon & Co. abzusetzen („Wenn Sie einen Shop haben, ist das ganz wichtig. Bieten Sie so viele Meta-Informationen wie möglich, über den Autor, das Buch...“).
Clever sparen, per Nettolohn-Optimierung
Große Unternehmen kennen und nutzen die Feinheiten des Steuerrechts – kleine meist nicht: Oft aus Unkenntnis, oft aber auch, weil es dafür im Beratermarkt keine passenden Angebote gibt. Versicherungsmakler Georg Hoffmann (Wulff & Partner) wurmt das seit Jahren, wie er bei der LG Buch-Tagung sagte, und hat deshalb neben den General-Policen für die Branche jetzt etwas Neues am Start: Hoffmann ist mit Prämium eine strategische Partnerschaft eingegangen – die es Unternehmen der Buchbranche erlaubt, ihre Lohnkosten zu senken, ohne dabei aber die Löhne beschneiden. Umgekehrt sei es auch möglich, Löhne für Mitarbeiter zu erhöhen, ohne dass zusätzliche Kosten entstehen. Der ganz legale Trick dahinter: Nettolohn-Optimierung. „Damit erreichen Sie einen Liquiditätsgewinn von 1.500 Euro pro Mitarbeiter und Jahr“, versprach Hoffmann (Mehr dazu unter http://praemium.de).
Wenn Verlage einen eigenen Laden eröffnen, fällt der Applaus im Buchhandel in der Regel bescheiden aus – auch wenn sie betonen, nicht in Konkurrenz treten zu wollen (und ihre Läden deshalb auch nicht als Buchhandlung bezeichnen, sondern als: Concept Store).
Der LG Buch präsentierten zwei von ihnen nun ihre Erfahrungen: Klaus Kluge, Marketingvorstand bei Bastei Lübbe (Concept Store Siebter Himmel in Köln, seit September 2013), und Oetinger-Vertriebsgeschäftsführer Michael Böhme (Oetinger Kinderträume im IKEA-Einkaufszentrum Lübeck, seit April 2014).
Beide zogen eine erste Zwischenbilanz, berichteten, ebenso sachlich wie selbstbewusst, über die Mühen des Anfangs. „Der Weg bleibt das Ziel“, betonte Kluge – und räumte ein, das sich sein Umsatzziel von 350.000 Euro für das erste Jahr möglicherweise nur knapp erreichen lässt. „Betriebsberater fragen uns: Warum macht ihr das?“ Böhme ist nach den ersten Monaten guter Dinge, ohne jedoch – wie Kluge – Zahlen zu nennen. Insgesamt sei man „ziemlich zufrieden“, betonte er. Spannend fanden seine Zuhörer auch: Dass Oetinger in seinem Laden derzeit Shop-in-Shop-Systeme testet, die, sollte alles perfekt sein, gern auch anderen Händlern anbieten möchte.
Weitere Praxisthemen
Buchhändler als Verleger
Alexander Bücken ist Inhaber der Buchhandlung Bücken in Overath, LG Buch-Mitglied – und Verleger (Bücken & Sulzer): Zusammen mit Fabian Sulzer, der den Verlag letztlich initiierte, hat er in den vergangenen Jahren insgesamt 70 Bücher verlegt, vor allem Regionaltitel für das bergische Land. Jetzt wollen die beiden ihr Know-how gern weitergeben. Ihr Angebot an die Mitglieder der LG Buch: Wer mit oder für seine Kunden ein Buch machen will, kann sich künftig auch an Bücker & Sulzer wenden – der Verlag wickelt in ihrem Namen gern die Aufträge ab, als Dienstleister.
Digitale Vorschauen mit Beststellfunktion
Ute Gloger, Vertriebschefin bei Harenberg Kommunikation, informierte über den Stand der Dinge in Sachen Edelweiss. Das Unternehmen vertreibt den Onlinekatalog (digitale Verlagsvorschau mit Beststellfunktion) des US-Anbieters Above the Treeline in Deutschland, entwickelt derzeit eine deutsche Version, passt dafür auch das eher nüchterne Datenbankdesign an und sucht nach Unterstützern in Verlagen und im Buchhandel. Gloger präsentierte Edelweiss als Arbeitsmittel für so ziemlich alle Vorschau-Fälle – für das Nutzer, also auch Buchhändlern, keine Gebühren zahlen (zur Finanzierung will Harenberg Kommunikation stattdessen Titelgebühren von Verlagen erheben).
Kalender auf kleinstem Raum
Was Sabine Gauditz und Hans Schmidt (Arte Perfectum; Schmidt ist zudem Chef von Thalia Buchhaus Campe in Nürnberg) zum Praxisteil der Tagung beigetragen haben, dürfte sich als besonders nützlich erweisen – besonders jetzt, zum Start in die Kalendersaison. Ihre Feuerwerk an Präsentationsideen dauerte rund eine Stunde, und am Ende wurde klar, dass sich selbst auf Miniflächen viel machen lässt (zum Beispiel, indem Buchhändler Kalender an Ketten von der Decke hängen lassen). Die Grundregel Nummer eins im Kalendergeschäft lautet aus Sicht von Gauditz und Schmidt: „Setzen Sie die Kundenbrille auf, achten Sie auf die Fernwirkung und auf den Kontext: Was sehen, hören, riechen Ihre Kunden?“
Bei der Generalversammlung am Sonntag standen, wie berichtet (siehe Veränderungen im Verbund), neben den üblichen Regularien drei Zukunftsthemen zu Diskussion. Zu welchem Ergebnis Mitglieder und Vorstand gekommen sind, folgt.