Social Media

Facebook & Co. - Wie macht's die Buchbranche?

24. April 2015
von Börsenblatt
Facebook, Twitter, Instagram – Social Media revolutioniert die Kommunikation. Wer soll da den Überblick behalten? Kathrin Riechers und Anna Wagner, Studenten des Masterstudienganges Print and Publishing der Hochschule der Medien Stuttgart, haben die Aktivitäten der Buchbranche zusammengetragen.

Der Blick in VerlageVerlage haben das Potenzial von Social Media erkannt. Bei der Online-Kommunikation stehen Leserbindung, Image- aber auch Neukundengewinn im Vordergrund. In Sachen Social Media ist der Leser für die Verlage die Kernzielgruppe; der Kontakt zu Autoren und Buchhändlern nimmt zu.

Im Dschungel der PlattformenDie Publikumsverlage sehen Facebook als Plattform Nummer eins, YouTube und Twitter werden ebenfalls häufig genutzt. Instagram und Pinterest rücken - trotz bisher zurückhaltender Nutzung - neuerdings in den Fokus. Der Grund: Bilder wirken bei der anvisierten Zielgruppe!

Die Zielgruppen der Verlage sind auf allen Plattformen vertreten, wobei die Verteilung leicht variiert: Twitter und YouTube ziehen besonders die Leser an, auf Facebook tummelt sich eine bunte Mischung. Die Vielfalt ist kein Nachteil, im Gegenteil: Durch die Nutzung sozialer Medien bietet sich Lesern, Buchhändlern und anderen Interessengruppen die Möglichkeit zum Dialog, von dem die Verlage profitieren. Sie können die Synergien nutzen, Trends besser erkennen und für sich deuten.

Die Inhalte verbreiten sich auf Social-Media-Plattformen durch Teilen, Kommentieren und Verlinken, daher setzen die Verlage auf Interaktion, keine Leichte Aufgabe für einige Marktteilnehmer. Auf buchspezifischen Plattformen wie LovelyBooks sehen sie derzeit mehr Möglichkeiten, die Leser interaktiv einzubeziehen.
Facebook Auf Facebook können Verlage unterschiedliche Profilarten erstellen: Seiten zum Verlag, zu Themen, Büchern, Autoren etc. - alle Möglichkeiten werden genutzt. Einen Gesamtauftritt des Verlags gibt es immer, daneben kommen Themen- sowie Autorenseiten gut an. Oft werden diese Seiten nicht vom Verlag, sondern von den Autoren betreut. Das ist auch nötig, denn sobald Verlag und Autor sich zunächst über die Kommunikation verständigen müssen, sind spontane Posts nicht mehr möglich - und gerade die bereichern die sozialen Medien.
Bilder und Buchbekanntmachungen laufen auf Facebook ebenso wie Gewinnspiele. Lesern bietet Facebook außerdem die Möglichkeit, mit Autoren in Kontakt zu treten - und umgekehrt. Auch ein Blick hinter die Verlagskulissen und die Vorstellung verschiedener Mitarbeiter laden zur Kommunikation mit den Followern ein.

Der Kontakt zur Zielgruppe und die Möglichkeit zur Echtzeitkommunikation bieten Potenzial für Verlage. Doch wer kommunizieren will, muss seine Leser und damit auch die Zielgruppe kennen. Zum Grundwissen gehört unter anderem die Hauptfrequenzzeit der Leser. Wer ruft schon gerne in einen leeren Raum?

Organisation In vielen Verlagen gibt es eine Online-Abteilung, die sich um die Social-Media-Auftritte kümmert. Dort gibt es häufig einen Verantwortlichen, der die Inhalte organisiert und alle Kanäle bespielt. Der Austausch innerhalb der Abteilung und im Verlag ist trotzdem unerlässlich, um immer wieder interessante Inhalte für die sozialen Medien zu finden. Redaktionspläne helfen dabei, die einzelnen Social-Media-Plattformen zu organisieren und dem Nutzer eine Vielfalt an Beiträgen zu garantieren.

Es ist sinnvoll, in regelmäßigen Besprechungsrunden zukünftige Inhalte zu sammeln und Ideen aus den Social-Media-Erfahrungen zu generieren. Ohne Analyse läuft nichts. Die plattformeigenen sowie externe Analysetools wie Hootsuite bieten hier viele Möglichkeiten, Marktforschung zu betreiben und die Zielgruppe besser kennenzulernen. Auf diese Weise kann der eigene Social-Media-Auftritt zielgruppengerecht optimiert werden.
StolpersteineAchtung, "Shitstorm": Viele Verlage haben Angst, Fehler zu machen. Außerdem fehlt in vielen Häusern die Kapazität, um regelmäßig die verschiedenen Plattformen bedienen zu können. Und: Noch immer wird das Kosten-Nutzen-Verhältnis befragt.

Der Blick in BuchhandlungenAuch Buchhandlungen machen bei Social Media mittlerweile mit. Aufholbedarf ist da, aber auch viele Ideen und Motivation. Facebook und Twitter sind die wichtigen Plattformen für Buchhändler, die insbesonere für kurze Statements und zur Verlinkung von Artikeln genutzt werden. Einige Buchhandlungen nutzen außerdem Pinterest oder Instagram.

Besonders kleinere Buchhandlungen sehen die sozialen Netzwerke eher als einen zusätzlichen Kommunikationskanal zum Leser. Anders die großen Buchhandlungen und Buchhandelsketten: Hier wird in den Sozialen Netzwerken besonders gern als Teil des Redaktionsplans auf Shopeinträge verlinkt. Obwohl wiederkehrende, geplante Posts wie Buchempfehlungen keine Seltenheit sind, entstehen auch zahlreiche spontane Beiträge.

WünscheLeser stellen vor allem die Informationsbeschaffung bzw. den -erhalt in den Vordergrund. Niemand möchte ungezielte Werbung lesen, wobei Produktbekanntmachungen durchaus erwünscht sind. Dabei sollte es persönlich zugehen. Eine Mischung aus Bildern, Texten und Videos gewinnt, denn plakative visuelle und kurze Inhalte sind interessant. Es empfiehlt sich auf Facebook die interaktiv agierenden Nutzer anzusprechen, da sie als Multiplikator wirken.

Themenseiten sind insgesamt sehr attraktiv für Leser, da hier Inhalte gebündelt zu Interessensgebieten aufbereitet werden. So haben Seiten von Verlagen auf Facebook zu bestimmten Themen, wie beispielsweise Fantasy, eine auffällig hohe Fananzahl. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass Leser den "Experten" im Netz trauen. Leute, die in einer Community aktiv sind, werden als vertrauenswürdig wahrgenommen.

Buchempfehlungen spielen in den sozialen Medien außer bei Bloggern eine eher untergeordnete Rolle. Buchkäufe bei Durchschnittslesern werden noch immer hauptsächlich durch Klappentext, Titel und vor allem Tipps von Freunden entschieden. Hier liegt Potenzial, genau diese Aspekte ins soziale Netzwerk zu verlegen.

Verhalten in KanälenFacebook wird von den meisten Lesern am häufigsten genutzt, am liebsten täglich. Auch YouTube und Twitter oder Instagram spielen eine Rolle, zwar eine geringere, dennoch mit steigender Tendenz.

In Facebook "liken" Nutzer gerne Personen bzw. Charaktere, gefolgt von Filmen, Musik, Büchern und Unternehmen. Die Stärke liegt in Einzelinformationen zu Autoren und Titeln. Hier steckt viel Potenzial, sodass Verlage ihre Autoren motivieren und unterstützen sollten, in sozialen Medien aktiv zu werden. Spezielle Informationen zum Beispiel zu bestimmten Buchgenres suchen sich Leser am liebsten in Blogs und Foren. Aber auch übergreifende Themenseiten von Verlagen erfreuen sich großer Beliebtheit. Gewinnspiele wecken nur Interesse, wenn tatsächlich spannende Gewinne dahinterstehen.

Zukunft
Insgesamt denken Leser sehr aktiv über die Medien, die sie nutzen, nach. Dies wird sichtbar an der regen Umfragebeteiligung zur Frage nach der Zukunft von Social Media.

Facebook wird als wichtige Plattform wahrgenommen, deren lästige werbliche Nutzung aber zunimmt. Auch die Frage nach Datenschutz und Privatsphäre wird sehr kritisch beäugt, wobei ein Plattformwechsel aufgrund des aufgebauten Netzwerkes noch schwerfällt. Außerdem verbindet Facebook viele Funktionen, die bisher keine andere Plattform bieten kann.

Eine mögliche Alternative ist Instagram, da gerade die Bildkommunikation immer mehr zunimmt.
Die Meinungen zur Zukunft sind bei unseren Befragten zweigeteilt, jedoch glaubt keiner mittelfristig an größere Änderungen. Langfristig ist allen Teilnehmern, Verlagen, Bibliotheken und Lesern in sozialen Medien zu raten, immer wieder die Augen nach Alternativen offen zu halten.

Kathrin Riechers und Anna Wagner, Studenten des Masterstudienganges Print and Publishing der Hochschule der Medien Stuttgart, haben die Aktivitäten der Buchbranche zusammengetragen und dazu 22 Verlage und 347 Leser befragt sowie Experteninterviews mit Caroline Adler (Online Marketing Managerin bei Piper), Karla Paul (Verlagsleiterin Edel eBooks) und Susanne Martin (Inhaberin der Schiller Buchhandlung, Stuttgart) durchgeführt. Die ausführlichen Umfrageergebnisse stehen unter diesem Artikel  als pdf-Datei zum Download bereit.