Deutscher Buchhandlungspreis 2017

Wie sich Sortimente richtig bewerben

11. Mai 2017
von Börsenblatt
Noch bis zum 2. Juni können sich Sortimenter für den Deutschen Buchhandlungspreis bewerben. Wer bisher leer ausging, sollte trotzdem nicht aufgeben.

Lucia Bornhofen hat sich schon zwei Mal für den Deutschen Buchhandlungspreis beworben, aber nie gewonnen. Würde sie heute gereizt reagieren, sobald das Thema darauf kommt – oder einfach über ihre beiden Fehlversuche schweigen –, könnten viele das vermutlich verstehen. Doch Bornhofen, ­Inhaberin der Buchhandlung Bornhofen in Gernsheim, tut genau das Gegenteil. "Dass es bislang nicht geklappt hat, ist zweitrangig", sagt sie. "Wichtig ist vor allem, sich überhaupt zu bewerben" – weil sich nur so dafür sorgen lasse, dass die von Kulturstaatsministerin Monika Grütters initiierte Auszeichnung auf Dauer ­Bestand habe. "Ich vermute, dass es den Preis nur so lange geben wird, wie sich das Sortiment in größerer Zahl bewirbt", so Bornhofen, die gerade einen dritten Anlauf startet.

Bei der ersten Runde 2015 gingen in Berlin bei Monika Grütters 614 Bewerbungen ein, im vergangenen Jahr waren es rund 500. Die Kulturstaatsministerin trommelt weiter für das unabhängige Sortiment, betont, dass es aus ihrer Sicht gesellschaftlich ohne Buchhandel nicht geht. Als sie die neue, dritte Runde des Deutschen Buchhandlungspreises startete, erklärte sie: "Ich bin überzeugt, dass Bücher und Buchhandlungen auch in Zukunft unverzichtbar bleiben werden."

Buchhändler, die das Bewerbungsprozedere bereits mehrmals durchlaufen haben, sagen, dass ihnen dafür mittlerweile ein bis zwei Stunden ausreichen. "Das Ausfüllen des Formulars ging diesmal recht schnell", erzählt auch Bornhofen – empfiehlt Neueinsteigern aber, von vornherein etwas mehr als zwei Stunden einzuplanen. "Die Fragen, zum Beispiel nach der Sortimentsstruktur, sind nicht ganz so leicht zu beantworten." Technisch sei die Sache aber gut gelöst: Über das Portal lasse sich der Prozess jederzeit unterbrechen – für alle, die nicht so viel Zeit am Stück haben.

"Was mir wirklich gut gefällt, ist dass mich die Bewerbung zwingt, darüber nachzudenken, was ich eigentlich will", sagt Bornhofen. Davon profitiere sie jedes Jahr aufs Neue: Über ihr Tun zu ­reflektieren, wirke sich unmittelbar auf das Geschäft aus. "Für mich bedeutet das eine Profilschärfung der anderen Art." Allein sich zu bewerben, verstehe sie deshalb als Riesenchance.

Wenn am Ende die öffentliche Anerkennung dazukommt, ist das natürlich schöner. Das zeigen die, die es bei den Preisverleihungen in den vergangenen beiden Jahren ins Rampenlicht geschafft haben. Zum Beispiel Nicole Christiansen aus Hamburg: Nachdem ihre im Stadtteil Ottensen gelegene Buchhandlung Christiansen 2014 zur Lieblingsbuchhandlung gekürt worden war (ein Preis der Hamburger Kulturbehörde) feilte sie weiter an ihren Angeboten und Aktivitäten – und bewarb sich schließlich für den Deutschen Buchhandlungspreis. 2015 ging sie dabei zwar leer aus, im Jahr darauf jedoch passte alles: Christiansen platzierte sich in der Kategorie "hervorragende Buchhandlung". Bei ihren Kunden und der gesam­ten Öffentlichkeit habe das großen Eindruck hinterlassen. "Angesichts der Konkurrenz durch die Onlinebuchhandlungen finde ich das wichtiger denn je."

Uwe Dörner, der gerade zum ersten Mal versucht, die Jury des Deutschen Buchhandlungspreises von sich und seinem Unternehmen zu überzeugen, denkt genauso. Buchhandlungen seien darauf angewiesen, öffentlich wahrgenommen zu werden – der Preis, so hofft er, könne da ein schönes Zeichen setzen. Bedauern tut Dörner nur eines: "Weil wir mit unseren drei Läden – zwei liegen in Wiesloch und einer in Walldorf – über der Umsatzgrenze von einer Million Euro liegen, können wir lediglich ehrenhalber teilnehmen."

An dieser Regel, 2016 eingeführt, hat sich in diesem Jahr nichts geändert. Es gibt jedoch ­einige Neuerungen, die Sortimenter ­beachten sollten:  

  • Belege müssen nicht wie bisher für die zurückliegenden drei Jahre, sondern lediglich für ein Jahr eingereicht werden.
  • In den beiden oberen Preiskategorien (25.000 Euro und 15.000 Euro) erhält künftig niemand die Auszeichnung zweimal hinter­einander. Die dritte Kategorie (7.000 Euro) ist davon ausgenommen.
  • Die Bewerbungsphase endet am 2. Juni, danach sind die Jurymitglieder dran; neu im Gutachterkreis ist Dieter Kosslick, Festivaldirektor und Intendant der Internationalen Filmfestspiele Berlin.
  • Ausgezeichnet werden wieder bis zu 118 Buchhandlungen. Der Termin für die Preisverleihung steht noch nicht fest, nur der ungefähre Zeitraum: im Herbst, wie schon 2016.
Wer kann sich bewerben?

Bewerben können sich Buchhandlungen, die

  • inhabergeführt sind,
  • ihren Sitz in Deutschland haben,
  • ein konzernunabhängiges Sortiment bieten,
  • einen durchschnittlichen Jahresumsatz von unter einer Million Euro haben; Unternehmen, deren Jahresumsatz darüberliegt, können sich für ein undotiertes Gütesiegel bewerben.

Teilnahmeunterlagen: www.deutscher-­buchhandlungspreis.de

Interview mit Kyra Dreher, Geschäftsführerin der Fachausschüsse im Börsenverein und Jurymitglied beim Deutschen Buchhandlungspreis

Worauf sollte eine Buchhandlung bei der Bewerbung achten?
Es hilft der Jury, wenn alle Fragen auch tatsächlich beantwortet werden. Finden sich im Antwortbogen Lücken, suggeriert das Nicht­wissen oder schlimmer noch: Nachlässigkeit. Gut strukturierte Antworten helfen der Jury, sich einen ersten Eindruck zu verschaffen.

Wie wird eine Bewerbung aussagekräftig?
Wenn sie deutlich erkennen lässt, welches Unternehmensprofil der Buchhandlung zugrunde liegt und auf welchem Kunden­profil ihre Arbeit basiert. So lässt sich besser nachvollziehen, weshalb die Buchhandlung das vorgelegte Veranstaltungsprogramm genau in dieser Form konzipiert hat, und nicht anders – wen sie damit erreichen wollte und mit welchem Ziel. Die Anstrengungen und Aktivitäten einer Berliner Kiez-Buchhandlung werden also völlig anders aussehen als die eines allgemeinen Sortiments in einer struktur­schwachen Region. In beiden Fällen stellt sich für die Jury dann die Frage: Schafft es die Buchhandlung mit ihrem Sortiment, ihrem Programm oder ihrer Unternehmensgestaltung, für ihr Umfeld ein Ort der Begegnung und des Austauschs über Bücher, Literatur und gesellschaftspolitische Themen zu sein?

Das heißt, dass das Profil des Sortiments sehr individuell beschrieben werden kann?
Aus manchen Bewerbungsunterlagen geht deutlich hervor, dass die Buchhandlung mehr oder minder das komplette kulturelle Leben ihrer Kleinstadt initiiert und stemmt. Das ist dann nicht mehr nur aussagekräftig, sondern äußerst beeindruckend. Aber auch einzelne Veranstaltungen können sehr viel über eine Buchhandlung aussagen. Bei innovativen Geschäftsmodellen wird eine Bewerbung aussagekräftig, wenn die Motive für das umgesetzte Modell klar nachvollziehbar sind und stringent umgesetzt wurden.

Welche Details sind für die Preisfindung der Jury eher nebensächlich?
Um allen Einsendern gerecht zu werden, nehmen wir uns viel Zeit für ihre Bewerbungsunterlagen – mit all den Details, ob Flyer, Zeitungsartikel, Fotos oder Kundenstimmen. Alles, was das Bild der Bewerbung und die von ihr erzählte Geschichte vervollständigt, ist uns willkommen.

Interview: Stefan Hauck