Gespräch mit Kunstmann-Verleger Moritz Kirschner

"Es ist notwendig, politische und historische Bildung zu befördern"

29. Juni 2018
von Börsenblatt
Der Antje Kunstmann Verlag veröffentlicht Anfang August eine außergewöhnliche Auseinandersetzung mit Populismus: "Triumph des Wissens" der Online-Initiative "Hooligans gegen Satzbau". Im Gespräch erläutert Verleger Moritz Kirschner, warum dieses Buch für ihn wichtig ist und wie Wissensvermittlung heute aussehen muss.

Sehen Sie das Buch als politische Ansage?

Ich war schon länger Fan von den "Hooligans gegen Satzbau", weil ich ihren Ansatz, strammdeutschen "Patrioten" mit Witz und Wissen zu begegnen, nicht nur sehr lustig finde, sondern auch denke, dass er einen Teil zur Lösung des Problems "Rechtspopulismus" beitragen kann. Das Problem sehen wir ja nicht nur in der Bundesrepublik. Es geht wirklich um ganz fundamentale Fragen unseres politischen Zusammenlebens und da sehe ich schon die Notwendigkeit, politische und historische Bildung zu befördern, damit sich Geschichte eben nicht wiederholt.

Lassen sich die Online-Aktivitäten der "Hooligans" so einfach in eine Buchform übertragen?

Ich denke, dass ein Buch genau das richtige Medium ist, um die politische Arbeit der "Hooligans" sozusagen in die analoge Welt zu tragen. Ich hab sie dann einfach ganz unverbindlich gefragt, ob sie sich das vorstellen könnten. Sie konnten nicht nur, sie hatten auch schon selber darüber nachgedacht und gleich ein paar Probeseiten geschickt. Die waren so lustig und schlau, dass wir quasi direkt einen Vertrag gemacht haben. Natürlich arbeitet man dann gemeinsam an dem Manuskript, aber so viel hatte ich da gar nicht zu tun – die wissen schon was sie tun, inhaltlich wie gestalterisch.

Wer steckt hinter der Online-Gruppe?

Ganz genau kann ich Ihnen das leider nicht sagen, weil die "Hooligans" immer wieder bedroht werden und daher anonym bleiben müssen. Im Kern sind es aber Grafikhool und Kiki Klugscheißerhool − ein Kommunikationsdesigner und eine Erziehungswissenschaftlerin. Eine gute Kombination, da es heute nicht nur um die "dröge" didaktische Vermittlung von politischem Wissen geht – dazu gibt es ja auch ganz viele Bücher –, sondern dieses Wissen eben auch grafisch ansprechend und unter Umständen auch provokativ vermittelt werden muss.

Die Leser werden mit spielerischen und kreativen Mitteln zum Nachdenken gebracht ...

Und zwar nicht nur über die deutsche Sprache – von der wir ja nicht erst seit Victor Klemperer wissen, wozu sie missbraucht werden kann –, sondern eben auch über die politischen Vorstellungen der "Patrioten" bzw. über ihren historischen Kontext. Und nicht zuletzt über die medialen Strategien, man könnte auch sagen: die propagandistischen Maßnahmen, mit denen diese "Patrioten" – leider ja relativ erfolgreich − den politischen Diskurs beeinflussen. 

Die Ansprache ist sehr direkt – sehen Sie nur Jüngere als Zielgruppe?

"Triumph des Wissens" ist nicht nur politische Bildung für Jugendliche, sondern spricht eigentlich alle Leser an, die sich mit dem Phänomen beschäftigen und dabei vielleicht auch noch ein bisschen Spaß haben wollen. Das kann ja schon auch sehr deprimierend sein, sich mit den Argumenten der Rechtspopulisten auseinanderzusetzen, da kommt so ein Buch genau zur rechten Zeit. Es ist natürlich auch ein tolles "Geschenkbuch" für den Neffen, Enkel oder auch die Oma, aber ich denke schon, dass "die Kids" es sich auch selber kaufen werden. So teuer ist es mit 14 Euro ja dann auch nicht. Ich hoffe, dass es über Geschwister und Freunde einen Schneeballeffekt geben wird und sich das Buch einfach in der ganzen Republik verbreitet.

Jan Böhmermann hat schon darüber getwittert ...

Das ist toll, das schafft Aufmerksamkeit. Und da wird auch sicher noch mehr kommen in dieser Richtung. Die Hooligans gegen Satzbau haben ja allein schon 160.000 Follower, insofern ist "Social Media" schon ein wichtiger Teil unserer Marketingstrategie. Aber wir setzen dabei ganz stark auf den stationären Buchhandel, nicht nur mit 11/10er Boxen und Reizpartien und unseren eigenen "Propagandamitteln" für den Buchhandel. Sondern wir hoffen, dass der Buchhandel die Notwendigkeit des Buches ebenso sieht wie wir. Mit Klassensatzrabatten wollen wir es auch für Schulen attraktiv machen.