Boie berichtet von höchst unterschiedlichen Erfahrungen, die sie bei Lesungen in Stadtteilen mit höherem Grundeinkommen und in solchen in sozialen Brennpunkten macht. Bei ersteren säßen die Grundschüler mit offenen Mündern da und stellten unzählige Fragen, bei letzteren hielten sie "zwanzig Minuten tapfer durch" − "in ihren Köpfen entstehen keine Bilder, sie empfinden keine Spannung. Ihr erstes Buch haben nicht wenige von ihnen erst in der Schule kennengelernt, wenn nicht vorher zufällig eines im Happy Meal einer Hamburgerkette zu finden war. Das klingt diskriminierend? Das ist die Realität."
Die Hamburger Jugendbuchautorin und promovierte Literaturwissenschaftlerin verweist dabei auf die jüngst veröffentlichte IGLU-Studie, nach der ein Fünftel der Zehnjährigen in Deutschland nicht den Sinn eines Texts versteht: "18,9 Prozent sogenannte funktionale Analphabeten unter den Kindern werden einmal 18,9 Prozent unserer Erwachsenen sein." Boie fragt, wie sie später Arbeit finden können und fordert, dass die Politik deutlich mehr in die frühen Jahre der Kinder investieren müsse. Mit dem beschämenden status quo mag sich Boie nicht zufrieden geben - ausführlich legt sie dar, was das Lesen für die Entwicklung des Kinde leistet, was andere Medien nicht vermögen und dass Bücher Hilfestellung bei Entscheidungen für die Zukunft geben: "Je mehr Geschichten ich kenne, desto mehr Verhaltens- und Lösungsmöglichkeiten, aber auch Risiken habe ich kennengelernt."
Zur Lösung des Problems verweist Kirsten Boie auf Förderprogramme von Schulen in angelsächsischen Ländern, bei denen die Kinder in der Ferienzeit verpflichtende Lektüren lesen müssen, bei denen Klassen in Leserallyes mit einer Mindestanzahl von gelesenen Büchern in Wettbewerb mit anderen Klassen treten usw. Die guten Ergebnisse in der Lesefähigkeit sprächen für sich, und: "Jede komplexe Tätigkeit erfordert Übung. Diese Übung sollte die Schule allen Kindern anbieten."
Erlernen des Lesens von Texten in Büchern der Kinder stellen.
Auch gehört das Schreiben und Lesen aus Büchern zusammen.
Es kann nicht sein, dass Kinder nur mit der Benutzung vom Handy
und des Smartphones umgehen sollen.
Dies wäre in der Kommunikation eine Einseitigkeit.
Die Kinderbuchautorin weist hier vor allem auf diese 18,5 Prozent von
Analphabeten unter dem Fünftel von zehnjährigen Kindern in Deutschland nach dieser IGLU-Studie hin.
Deshalb muss in naher Zukunft etwas geschehen, damit sich dies grundlegend
ändert und junge Leser wieder mehr zu den Büchern bei Ihrer Lektüre
finden.
Auch Buchhandlungen und Stadtbibliotheken könnten z. B. Autoren/-innen
einladen, die speziell für Kinder und junge Leser/-innen an Abenden aus
Büchern vorlesen.
Dadurch wird vor allem wieder eine Beziehung zum Buch gefördert.