Nachruf auf Claus Michaletz

"Ein großer Ideengeber und Vermittler"

14. Dezember 2018
von Börsenblatt
Wie erst am vergangenen Donnerstag bekannt wurde, ist der ehemalige Geschäftsführer des wissenschaftlichen Springer Verlages Claus Michaletz am 25. November nach langer schwerer Krankheit im Alter von fast 85 Jahren in Berlin verstorben.

Mit ihm verliert die Branche eine der letzten großen Verlegerpersönlichkeiten des späten 20. Jahrhunderts. 1933 in Gleiwitz (Schlesien) geboren, absolvierte Claus Michaletz nach dem Abitur bis 1956 eine Lehre zum Verlagsbuchhändler im Freiburger Herder Verlag. Nach seinem Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften trat er 1960 erneut in den Herder Verlag ein und wurde 1969 zum kaufmännischen Direktor berufen. Zwei Jahre später wechselte er als Verlagsdirektor zum wissenschaftlichen Springer Verlag und wurde dort 1974 stellvertretender Geschäftsführer, ab 1976 alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer. 1999 schied Claus Michaletz nach der Übernahme des Springer Verlages durch die Bertelsmann AG auf eigenen Wunsch aus der aktiven Geschäftsführung aus. In diesem Vierteljahrhundert unter seiner Leitung entwickelte sich der Springer Verlag zu dem globalisierten Wissenschaftsunternehmen, das heute in aller Welt bekannt ist.

Großes Engagement im Börsenverein

Direkt nach seinem Antritt bei Springer engagierte sich Claus Michaletz ehrenamtlich im Börsenverein. Sein Blick über den Tellerrand des eigenen Unternehmens verhalf nicht nur dem Verlag zu gedeihlichem Wachstum, auch der Börsenverein profitierte vom Weitblick des Verlegers. Die Verbandsbiographie von Claus Michaletz im Börsenverein und im Berliner Landesverband reicht von 1974 fast lückenlos bis ins Jahr 2007. In diesem Zeitraum stand er im Haushaltsausschuss und im Vorstand des Börsenvereins, in der Abgeordnetenversammlung und im Verlegerausschuss, im Stiftungsrat der Stiftung Friedenspreis, im Verwaltungsrat der Deutschen Bibliothek und in anderen Gremien mit seiner Erfahrung zur Verfügung. Auf Landesverbandsebene hat er sich vor allem in die Tarifpolitik eingebracht. Als Vorsitzender eines länderübergreifenden Tarifverbundes war er schließlich maßgeblich an der Gründung des Berliner Arbeitgeberverbandes beteiligt.

Drei Jahre nach seinem Ausscheiden bei Springer betätigte er sich als Gesellschafter beim Berliner Wissenschafts-Verlag und in gleicher Funktion bei zwei medizinwissenschaftlichen Verlagen in Warschau und Moskau. Als Stifter der Secco Pontanova-Stiftung setzte sich Claus Michaletz schließlich für das Bibliothekswesen in Osteuropa und die Rückführung der sogenannten Beutekunst-Bestände ein.

Die hier nur skizzenhaft beschriebenen beruflichen und ehrenamtlichen Leistungen von Claus Michaletz sollen aber nicht die Wertschätzung der Großzügigkeit seines Wesens überdecken. Ich habe ihn kurz nach meiner Übernahme der Geschäftsführung im Jahr 1992 als einen ungemein hilfsbereiten Menschen kennengelernt, der die nicht so häufig anzutreffende Gabe besaß, auch Menschen anderer politischer Lager aufmerksam zuhören und würdigen zu können. Claus Michaletz hat nicht nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seines Verlages zur ehrenamtlichen Mitarbeit im Landesverband ermutigt und freigestellt, er stand immer gern persönlich bereit, wenn Rat und Tat gefragt waren – als Ideengeber, Vermittler, Netzwerker und nicht zuletzt auch als Sponsor.

Unsere Branche verliert mit Claus Michaletz nicht nur einen erfolgreichen Verleger, sondern vor allem einen Kollegen, in dessen Fokus nicht allein das eigene Unternehmen stand, sondern der gesamte Berufsstand und die vielen Menschen, die ihn im Lauf seines Lebens begleiteten. Wer Claus Michaletz näher kannte, wird sich immer gern an Begegnungen und Gespräche mit ihm erinnern.