Papiermangel verändert Herstellungsprozesse

Ausnahmezustand auf Dauer

14. Juli 2022
von Nils Kahlefendt

Buchherstellung ohne Liefergarantie für das Material, ohne sichere Kalkulationsgrundlage bei den Preisen – wie soll das gehen? Vier Hersteller:innen berichten.  

Reicht der Vorrat? Wolfgang Macha, Leiter der Druckerei RMO in München, prüft das Papierlager.
 

Angesichts der Marktbedingungen, mit denen Sonja Storz, seit vier Jahren Herstellungsleiterin bei dtv, seit geraumer Zeit zurechtkommen muss, fällt die Bilanz unerwartet positiv aus. 2021 war für die Münchner »trotz schwieriger Bedingungen ein sehr gutes Jahr«. Storz schwört auf die pragmatische Einstellung in ihrer Abteilung. »Wir haben halt verdruckt, was ging.« Kein Hehl macht sie daraus, unter welcher Anspannung Materialbeschaffung und Disposition derzeit laufen: »Alle arbeiten absolut unter Volllast.« Das gilt nicht nur für die Herstellungsabteilung: »Für alle Beteiligten in der Prozesskette ist es ein großes Thema, wenn ein Buch in der Nachauflage plötzlich anders aussieht.« 

Seit dem Beginn von Putins Angriffskrieg auf die Ukraine droht neues Ungemach. Im Zuge der westlichen Embargo-Politik wird das FSC kein Holz aus Russland und Belarus mehr zertifizieren – mit rund 53 Millionen Hektar zertifizierter Wälder war Russland bislang weltweit Lieferant Nummer eins für die Papierindustrie.

Nun deutet sich eine neuerliche Rohstoffverknappung an. Außerdem gehört die Papierindustrie zu den energieintensiven im Land; Papierproduzenten brauchen Gas, etwa für ihre Trocknungsanlagen. »Hätten wir es mit den reinen Beschaffungsproblemen infolge des Wiederanlaufens der Wirtschaft nach der Corona-Pandemie zu tun«, argumentiert Storz, »wäre das alles in den Griff zu bekommen. Aber seit Februar haben wir eine komplett andere Situation.« 

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