Karrieretag auf der Leipziger Buchmesse

Lektoratsberufe am beliebtesten

29. April 2023
von Börsenblatt

Offenbar hat die dreijährige Pause die Nachfrage auf "Live"-Informationen befeuert: Teilweise bis zu 100 Interessierte pro Veranstaltung saßen und standen noch hinter der Absperrung, um Einblicke in Berufsalltage zu bekommen und Meinungen von Expertinnen zu hören.

Digitale Expertise von Carmen Udina und Hermann Eckel (ganz links und ganz rechts, beide Sprecher:innen der IG Digital im Börsenverein), Liesa Reebig, Laura Herth, die die Abteilung Berufsbildung im Börsenverein leitet, Stefan Hauck und Florian Noichl (Libri, Nachwuchssprecher im Börsenverein)

Die thematische Bandbreite der von Laura Herth, Leiterin der Abteilung Berufsbildung im Börsenverein, und Börsenblatt-Redakteur Stefan Hauck zusammengestellten sieben Podiumsrunden in Halle 5 war ebenso groß wie die Vielfalt der Berufe von 26 Expert:innen, die sehr offen über ihren Arbeitsalltag, ihre schönen aber auch nervigen Momente erzählten. Die Zuschauer:innen erfuhren am Buchmesse-Freitag über ganz unterschiedliche Wege und Ausbildungen und bekamen Tipps zu Bewerbungen und Berufseinstieg.

Zum Auftakt des "Karrieretags" von Börsenverein, Leipziger Buchmesse und Börsenblatt ging es um die klassischen Abteilungen Lektorat, Marketing & Vertrieb sowie Presse. Kampa-Vertriebsleiterin Anica Jonas, die freie Lektorin und Übersetzerin Alexandra Rak, Coppenrath-Pressesprecher Tomas Rensing, der auch Leiter der AG Kommunikation der avj ist, und Carina Falke, bis vor kurzem Online-Marketingmanagerin bei Loewe, jetzt in der Stadtbibliothek Bayreuth und Host des Podcast "Bücherrauschen" gaben Einblicke in ihre Berufe. Was sich nicht geändert hat: Wie in den vergangenen Jahren wollte die Mehrheit der 100 Zuschauer:innen am liebsten ins Lektorat; bei der Frage nach dem Wunschjob schnellten hier die Finger nach oben. Am Nachmittag ging es in "Ohne Bilder geht nichts mehr" um kreative Berufe in der Buch- und Medienbranche aus den Bereichen Grafik, Illustration und Herstellung. Illustratorin Julie Völk, Büchergilde-Herstellungsleiterin Cosima Schneider und die Illustratorin und Grafikerin Daniela Kohl ("Mein Lotta-Leben") sprachen über Ideenfindung und neue Konzepte, über Papierauswahl, Layout, Covergestaltung und die Kunst des Illustrierens. Dabei spielten technische Herausforderungen, der Drang Neues zu schaffen, digitale Möglichkeiten und KI eine Rolle. Dass es dabei nicht nur um Bücher gehen muss, zeigte eine große Rezeptbox, an deren Umsetzung Cosima Schneider lange gefeilt hatte.

Die Illustratorinnen Daniela Kohl und Julie Völk (ganz links und ganz rechts), Cosima Schneider (Herstellungsleiterin Büchergilde) und Stefan Hauck

Authentisch sein

Wie schafft man es, dass die eigene Bewerbung ganz oben landet? Und wie viele Kriterien in einer Stellenausschreibung müssen Bewerberinnen erfüllen? Auf was man im Lebenslauf und im Anschreiben achten und was man vermeiden sollte, dazu hatten Hogrefe-Personalreferentin Carolin Reintke und Marco Jochum, Personalleiter von Penguin Random House äußerst nützliche und handfeste Tipps parat. Nicht etwas vorspielen, sondern authentisch sein: Der Ratschlag zog sich als roter Faden in vielen Fragen durch, ob Kleiderfrage oder Konversation im Bewerbungsgespräch. Beide wiesen darauf hin, dass inzwischen sich eher die Firmen bei den Stellensuchenden bewerben als umgekehrt.

Der Fachkräftemangel sowie das Gleichgewicht von Fördern und Fordern war auch Thema einer Gesprächsrunde mit Ausbilder:innen und Azubis: Was zeichnet eine gute Ausbildung aus? Susanne Hellmann, Geschäftsleiterin Vertrieb von Dussmann das Kulturkaufhaus, Stella Joy Olleroch, Sprecherin der Taskforce "Gütesiegel Ausbildung", Saskia Jürgens von der Buchhandlung Mahr und S. Fischer-Ausbilderin Jasmin Rackl diskutierten über ihre Erfahrungen mit der dualen Ausbildung. Wie der Einstieg in die Buch- und Medienbranche gelingen kann, für wen sich eher eine Ausbildung, ein Studium, der Fachwirt oder ein Quereinstieg lohnt – darüber sprachen Lilly Ludwig von der Buchhandlung Jakob, Magellan-Pressereferentin Jenny Schwerin, Tobias Groß, Nachwuchssprecher und stellvertretender Filialleiter von Thalia in der Leipziger Karl-Liebknecht-Straße sowie die Mainzer Buchwissenschaftlerin Anke Vogel mit Judith Hoffmann, Leiterin Weiterbildung und Projekte beim Mediacampus Frankfurt. Die jeweiligen Werdegänge der Diskutanten gaben dabei Anregungen für die Zuschauer:innen, den jeweils passenden Weg in den "Wunschjob" zu finden.

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Großes Interesse an den Medienberufen

Digitalkompetenz erforderlich

So mancher weg öffnet sich über das richtige Networking – aber auch das will gelernt und aktiv betrieben sein. Wie man sich in die Buch- und Medienbranche einbringen kann, welche Netzwerk- und Gestaltungsmöglichkeiten es für den Nachwuchs in der Branche gibt, darüber informierten Katharina Scholz, Key Account Managerin bei Droemer Knaur, Nicole Vergin-Klaus (JVM), Nachwuchssprecher Florian Noichl sowie Josi Wismar, Buchwissenschaft-Studentin und Bloggerin auf Bookstagram und Instagram. Auch auf die sich rasant verändernde Arbeitswelt wurde am Karrieretag eingegangen; gerade das Arbeiten im Home Office ist seit der Pandemie zu einer neuen Normalität in vielen Bereichen geworden. Was auch bedeutet, dass mehr und mehr auf digitale Erfahrungen zurückgegriffen wird. Welche Kompetenzen heute schon und zukünftig in Buchhandlungen, Zwischenbuchhandel und Verlagen benötigt werden, welche digitalen Kenntnisse es dazu braucht, das war Thema einer Podiumsrunde mit den Sprecher:innen der IG Digital im Börsenverein, Carmen Udina (Leiterin Customer Experience im Friedrich Verlag) und Hermann Eckel (connect2act), Liesa Reebig, die bei DuMont für den Bereich Social Media und Blogger Relations zuständig ist, sowie Florian Noichl, Junior Account Manager bei Libri und Nachwuchssprecher des Börsenvereins. Deutlich wurde hier, wie stark die Digitalisierung in den vergangenen beiden Jahren an Fahrt aufgenommen hat und dass es kaum noch Berufe gibt, in denen es ohne digitale Kenntnisse geht. Auch der schon stattfindende Einsatz von KI wurde in diesem Zusammenhang thematisiert.

Zwischen den einzelnen Slots gab es jeweils viertelstündige Speedgeekings zu Aus- und Weiterbildung in der Buchbranche. Festhalten lässt sich, dass das Interesse an den Erfahrungen der Expert:innen gegenüber 2019 noch einmal deutlich gestiegen ist. Offenbar gibt es beim Branchennachwuchs und bei Einsteigern einen Nachholbedarf im Live-Format.