St. Benno Buchhandlung Dresden

Totgesagte leben länger

17. Dezember 2020
von Nils Kahlefendt

Eigentlich sollte die St. Benno Buchhandlung in Dresden zum Jahresende schließen. Den in dieser Woche geplanten Räumungsverkauf stoppte Corona. Doch inzwischen gibt es Hoffnungszeichen für den Weiterbestand des katholischen Traditions-Sortiments.

Dass Totgesagte länger leben, ist oft nur ein frommer Wunsch. Im Fall der katholischen St. Benno Buchhandlung in Dresden könnte er sich indes – mitten in Corona-Zeiten – bewahrheiten. Nachdem die Buchhandlung im Herzen der Dresdner Altstadt im Oktober die Schließung zum 9. Januar 2021 und einen Räumungsverkauf ab 14. Dezember angekündigt sowie die Ladeneinrichtung per Börsenblatt-Annonce angeboten hatte, gibt es seit kurzen wieder Hoffnung für Inhaberin Christiane Königsmann und ihre vier Mitarbeiterinnen. Eine Einigung mit dem Vermieter, dem Bistum Dresden-Meißen, ist wieder in mögliche Nähe gerückt.

Die Verhältnisse sind kompliziert: Königsmann, die das 1955 gegründete und seit 65 Jahren in Dresden ansässige Traditions-Sortiment 2001 von ihrem Vater übernahm, hatte selbst Ende September das Handtuch geworfen und gekündigt. Zu dem durch die Konkurrenz des Internethandels und die Auswirkungen der Corona-Pandemie verstärkten wirtschaftlichen Druck, der in der vorrangig touristisch dominierten Lage kaum durch Stammkunden kompensiert werden kann, hatte sich in letzter Zeit das Verhältnis zum Vermieter spürbar eingetrübt: Das Bistum Dresden-Meißen ist derzeit dabei, sein vor 20 Jahren eröffnetes „Haus der Kathedrale“ für rund acht Millionen umfangreich zu sanieren. Beim Umbau des zentralen Veranstaltungs- und Verwaltungsgebäudes des Bistums, in dessen oberen Etagen sich auch die Dienst- und Privaträume des Bischofs befinden, fühlte sich die im Erdgeschoss eingemietete Buchhandlung zur Verschiebungsmasse werden – und musste heftig Federn lassen. Königsmanns Schmerzensliste reicht vom gekündigten Tiefgaragenstellplatz über sanitären Notstand bis zur nicht funktionierenden Lüftungsanlage. Zudem fürchtet die Buchhändlerin eine satte Mieterhöhung nach Abschluss der Bautätigkeit. „Aus den jetzt geforderten 26 Euro pro Quadratmetern, die bereits ein Zehntel unseres Umsatzes ausmachen, könnte dann in dieser Lage leicht das Doppelte bis Dreifache werden.“

Selbst hier im Laden gibt es mit der Kundschaft nur noch ein Thema: Was können wir tun?

Christiane Königsmann

Nach zum Teil kritischer Berichterstattung in den Medien, von den „Dresdner Neuesten Nachrichten“ über die „Morgenpost“ bis zum „Tag des Herrn“, setzte eine für Königsmann und ihre Mitarbeiterinnen unerwartete Welle der Solidarität ein: Briefe, E-Mails, Telefonate und Unterschriftensammlungen erreichten die Buchhandlung, aber auch Bistum und Bischof. „Mit solch einer Anteilnahme“, so Königsmann, „haben wir nicht gerechnet. Selbst hier im Laden gibt es mit der Kundschaft nur noch ein Thema: Was können wir tun? Wie können wir helfen?“ Nachdem es im Vorfeld der Kündigung keine konstruktiven Gespräche gab, scheinen sich Bistum und Buchhandlung nun doch aufeinander zuzubewegen. Der am 14. Dezember in Sachsen begonnene harte Lockdown trägt in diesem Fall wohl auch zum Herunterbremsen der Emotionen und zu nüchterner, lösungsorientierter Betrachtung auf beiden Seiten bei. Königsmann hofft auf einen Vertrag, der ihr eine Weiterführung des Geschäfts im „Haus der Kathedrale“ ermöglicht. „Die Entscheidung sollte eher gestern fallen“, meint die Buchhändlerin, die nicht nur von ihren Kundinnen und Kunden, sondern auch von der Erfa-Gruppe Engagierte christliche Buchhändler unterstützt wird. „Eigentlich ist es schon fünf nach 12.“