Clever einkaufen: Interview mit Berater Jörg Winter

"Trainieren Sie Ihr Bewusstsein dafür, womit Sie Geld verdienen"

28. Juni 2022
von Christina Schulte

Die Kosten im Buchhandel steigen – ohne dass die Bücherpreise Schritt halten. Ein optimierter Einkauf kann Abhilfe schaffen. Tipps von Berater Jörg Winter.  

Sie beobachten, dass immer mehr Buchhändler:innen dazu übergehen, beim Einkauf gezielt Preisuntergrenzen zu setzen. Welche Vorteile bringt das?
Mit einer solchen Einkaufsregel wird zunächst der Deckungsbeitrag gesteigert. Für jeden Euro mehr bleibt bei konstantem Rabatt einfach mehr hängen. Indirekt wird ein Preisbewusstsein gestärkt: Qualität hat ihren Preis, und dieser Zusammenhang gilt natürlich auch für Bücher. Aus einem theoretischen Selbstverständnis gelebte Praxis zu machen – diese Hürde ist zu nehmen. Wenn das bewusst gelingt, hat das auch Einfluss auf die Selbstbestimmung und die unternehmerischen Gestaltungsmöglichkeiten. Die so oft angesprochene wirtschaftliche Abhängigkeit von der Preis- und Konditionengestaltung, die im Kern tatsächlich existiert, kann mit entschlossenem Handeln ein Stück weit gelöst werden. Der Nebeneffekt ist, dass der wachsende Druck, stagnierende Preise mit einer höheren Produktivität ausgleichen zu müssen, nachlässt. Geringere Preise mit Mehrverkäufen zu kompensieren ist für den Fachhandel eine Sackgasse.

Viele Verlage sind bei Preiserhöhungen sehr zögerlich. Was muss passieren, damit dieses Zaudern verschwindet?
Um Verlage zu motivieren, mutig ihre Preise zu erhöhen, braucht es aus meiner Sicht zweierlei: zum einen eine Abkehr von einer betriebswirtschaftlichen Kalkulation, bei der ein Preis unter Zugrundelegung der aktuellen Kostensituation ermittelt wird. Der Markt, das heißt die zahlende Kundschaft, denkt und handelt so aber nicht. Entscheidend ist doch die Haltung der primären Zielgruppe, welchen Preis sie zu zahlen bereit ist. So werden marktgerechte Preise ermittelt – unabhängig von der unternehmensinternen Kalkulation. Mit diesem Denken ist man viel näher an seinen Kund:innen dran. Kostendenken statt Gewinndenken sitzt in vielen Köpfen.

 

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