Widersprüchlichkeiten und Traditionen
Zwar sind die Bücherpreise in den letzten Jahren gestiegen, aber es gibt dennoch noch viel Luft nach oben. Meint unser Kolumnist Markus Klose. Er hat sich die Sache mit den Preisen einmal näher angesehen.

Markus Klose ist Berater und Inhaber von Die gute Agentur
Zum Preisaufdruck möchte ich noch ergänzen:
Änderungen des gebundenen Ladenpreises, zu deren Einhaltung wir uns verpflichten, sind bei aufgedruckten Preisen kaum dem Kunden zu vermitteln. Überkleben? Reizt zum Abknibbeln, um zu sehen, wie sich der Buchhändler "bereichert". Preisänderung missachten? Dem steht das Preisbindungsgesetz zu recht dagegen.
Liebe Verlage, bitte drucken Sie den Preis nicht mehr aufs Buch oder aber ändern Sie die Preise der Backlist nicht?! Letzteres wäre sicher nicht richtig. Also bitte keine Preise mehr auf den Buchdeckel!
Diese "Verunstaltungsnotwendigkeit" verleidet uns die Lust an der Backlist!
Ulrike Schmidt, Buchhandlung Schmidt, Schwäbisch Gmünd
Uuuuups, plötzlich steht die Wertigkeit des Buches im Fokus und der zu zahlende Preis ist der Erwähnung nicht bedürftig, weil er als angemessen vorausgesetzt wird? Und nun, ach Gott, funktioniert gerade bei dieser jungen Klientel auch noch das, was an anderer Stelle immer wieder hasenfüßig negiert wird – nämlich ein kräftiger Griff in die Kiste der Preisbildung?
In Sachen adäquater und für uns auskömmlicher Preiserhöhungen sind die deutschen Verlage nicht arm an absurden Vorstellungen, Argumenten und Ausreden, was wir aktuell fast in jedem Vertretergespräch aufs Neue erleben dürfen. Erschreckend schön ist es nun, mit wie wenigen Beispielen Markus Klose dieses Denken komplett konterkarieren kann – wohl dem, die oder der in unserer Branche noch solches liest! DANKE!!!
Jens Bartsch – Buchhandlung Goltsteinstraße in Köln
Zudem sehen sich kleine und mittlere Buchhandlungen seit den 90er'n mit folgenden Problemen konfrontiert, man fühlt sich wie ein "Frosch-im-Kochtopf": Zunahme des Onlinehandel (Amazon & Co), Zunahme des Direktvertriebs der Verlage (kein unerheblicher Marktanteil), Digitalisierung (Hochschulen und Schulen kaufen deutlich weniger Print), E-Books, massiv gestiegene Nebenkosten (Personal, Miete, Strom, Gas), seit Corona der Rückgang der Kundenfrequenzen in den Innenstädten. Die Temperatur im Kochtopf ist zumindest in meiner Wahrnehmung inzwischen ziemlich "heiß" ...
Meines Erachtens hätte es / würde es ein massives Gegensteuern der Verlage brauchen, um die Situation noch irgendwie zu entschärfen:
* Abschaffung von jeglicher Art der indirekten Rabatterhöhung (Werbekostenzuschüsse, Partie- und Freiexemplare) und gleiche Rabatte für alle B2C-Marktteilnehmer - die Filialisten sollen ihre Gewinne über die Menge und nicht über die Konditionen machen (für die kleinen und mittleren Buchhandlungen verbessern sich somit die Bezugskonditionen, für die Big Player verschlechtern sich die Konditionen)
* portofreie Belieferung: dem Filialisten seine Palette, dem kleinen Buchhändler seine 3 Exemplare
* Rückzug der Verlage aus dem Direktgeschäft
Zugegeben, ich gehe nicht davon aus dass auch nur einer der Punkte angegangen wird, vielmehr werden die Verlag weiterhin "business as usual" machen, keiner wird sich mit den Big Playern (Amazon, Thalia, ...) anlegen wollen. So werden wir leider in den nächsten Jahren ein massives Buchhandelssterben erleben und die Verlage werden sich in der Situation wiederfinden, dass ein noch größerer Teil Ihrer Umsätze mit nur wenigen Big Player realisiert wird, welche noch mehr den Verlagen die Konditionen diktieren...