Markus Klose zu den Ladenpreisen von Büchern

Widersprüchlichkeiten und Traditionen

20. Januar 2025
Markus Klose

Zwar sind die Bücherpreise in den letzten Jahren gestiegen, aber es gibt dennoch noch viel Luft nach oben. Meint unser Kolumnist Markus Klose. Er hat sich die Sache mit den Preisen einmal näher angesehen.

Markus Klose ist Berater und Inhaber von Die gute Agentur

Wenn ein Buch gleichermaßen erfolgreich und hochpreisig ist, lässt sich das, recht unterschiedlich interpretieren. Erfolgreich, obwohl hochpreisig? Hochpreisig, weil unique? Gar nicht hochpreisig, die anderen sind einfach zu günstig?? Glück gehabt? Jedenfalls: Der Durchschnittspreis ging 2024 im Sachbuch signifikant nach oben. Was gut ist. Die Branche kann also erleichtert sein: Wir schaffen das.

 

Wie aber? Nachfolgend einige Wahrnehmungen:

  • Zur Euro-Einführung 2002 fanden sich teilweise fünf Preise auf den Büchern. (Schillinge, Mark, Franken, Euro AT, Euro D). Diese blieben Jahre im Markt und definieren bis heute die dadurch eingeführten Preisgrenzen 10 und 20. 30 wirkt immer noch wie eine kaum überwindbare Grenze.
  • In den Top 25 Belletristik 2024 überschreiten zwei Bücher die 30 Euro, zwei unterschreiten die 20 Euro. Vor der Euro-Einführung gab es auch einen Korridor, der lag zwischen 40 und 50 Mark.
  • In diesen Top 25 gibt es fast ausschließlich runde Preise. An Komma 99 glauben nur noch wenige.
  • Preiseindrucke werden beim Geschenküberreichen gerne überdeckt, übermalt, überpinselt, weggerubbelt, beklebt. Einmalig in der Welt der Geschenke, diese Verunstaltungsnotwendigkeit.
  • Umberto Ecos „Name der Rose“ kostete 1984, vor 40 Jahren also, 34 Mark. Wäre man in diesem Zeitraum den inflationären Tendenzen gefolgt, wären das jetzt wohl deutlich über 50 Euro. Was würde Hanser wohl nehmen, käme dieses Buch jetzt neu auf den Markt?
  • 1984 kostete z.B. der STERN 3,50 Mark, heute 6,20 Euro. Hm.
  • Immer noch führen einige Verlage ihre Ladenpreise in ihren Anzeigen auf. Werbung à la VLB-Eintrag?
  • Booktoker- und Influencer:innen nennen die Preise der von ihnen supporteten Bücher dagegen nicht. Der Aspekt der Preiswürdigkeit ist für sie nicht wesentlich, der Inhalt (und die Ausstattung, klar) sind entscheidend.

Booktoker- und Influencer:innen nennen die Preise der von ihnen supporteten Bücher nicht. Der Aspekt der Preiswürdigkeit ist für sie nicht wesentlich, der Inhalt und die Ausstattung sind entscheidend.

Markus Klose
  • Dünne Bücher kosten nicht selten weniger als dicke. Was aufgrund des Materialeinsatzes bei Autos Sinn macht, ist bei dem wenig bedeutenden Anteil der Herstellkosten an der Gesamtkalkulation bemerkenswert.
  • Preiseindrucke sind irgendwie 90er Jahre, oder?
  • Thalia in Österreich erhöht bei den meisten Büchern den mindestgebundenen Ladenpreis um einen Euro. Eine Daueranfrage an die Kompetenz der preisfestsetzenden Verlage? Es funktioniert jedenfalls.
  • Diese Maßnahme bewirkt auch, dass die Autorinnen und Autoren nicht am kompletten Ladenpreis beteiligt werden. Ob ihnen das gefällt?
  • Die betriebswirtschaftliche Auswertung des Börsenvereins macht es deutlich: Der Umsatz vieler unabhängiger Buchhandlungen reicht nicht, um Geld zu verdienen. Die Umsetzung der Preisbindung, die auch dem Schutze dieses unabhängigen Sortiments dienen soll, scheint den Konzentrationsprozess vielleicht verlangsamt, nicht aber verhindert zu haben.
  • Die prominenten Auslagen auf den rollbaren Tischen vor vielen Buchhandlungsfenstern konzentrierten sich auch in der ausgabefreudigsten Phase für die Branche auf Preisvergleiche, Sonderausgaben und das MA. Zusatzgeschäft? Oder aktive Verhinderung von Durchschnittspreiserhöhungen?
  • Bei der Print-to-Order-Backlist steigen die Ladenpreise signifikant. Bei der gedruckten Backlist wirkt das deutlich vorsichtiger. Ab dafür!
  • Im Juni trifft sich die Branche in Berlin, um das Next Chapter aufzuschlagen. Berlin ist immer eine Reise wert.
  • Am 16.2.1928 übernachtete z.B. Hugo von Hofmannsthal im weltweit ersten Luxushotel in Berlin, für 8 Mark. Damals kostete z.B. Hemingways "In einem fernen Land" bei Rowohlt auch 8 Mark. Steht im Briefwechsel von Gerty und Hugo, erschienen bei S. Fischer zum empfehlenswerten Stapel-Ladenpreis von 88,- Euro.
  • Im Adlon würde man am 16.2.25 übrigens 397,- Euro bezahlen.