Börsenverein

Die Erinnerung an die Bücherverbrennung wach halten

9. Mai 2023
von Börsenblatt

Der Börsenverein mahnt, insbesondere wegen seiner eigenen Geschichte, auch 90 Jahre nach den Bücherverbrennungen täglich für das freie Wort einzutreten.

Can Dündar, Herta Müller und Bascha Mika (von links)

Am 10. Mai jähren sich die in der Zeit der Nationalsozialismus begangenen Bücherverbrennungen zum 90. mal. Der Börsenverein ruft in einer Pressemitteilung zum Gedenken und zur lauten Auseinandersetzung mit den Ereignissen auf. Dabei arbeite der Verband auch seine eigene unrühmliche Rolle im Dritten Reich umfassend auf und setzte sich aus seiner Verantwortung heraus in besonderem Maße für die Freiheit des Wortes ein – etwa mit der „Woche der Meinungsfreiheit“, die jährlich am 10. Mai ihren Abschluss findet.

„Die Bücherverbrennung vor 90 Jahren war ein schrecklicher Angriff gegen das freie Wort und die Demokratie“, so Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins. „Es ist wichtig, die Erinnerung an diese Tat und die menschenverachtenden Ereignisse, die folgten, wach zu halten. Denn sie macht uns bewusst, wie zerbrechlich die Werte einer freien, demokratischen Gesellschaft sind. Auch heute noch werden in vielen Ländern kritische Meinungen zum Stillschweigen gebracht. Wir müssen uns daher täglich für die Meinungs- und Publikationsfreiheit einsetzen.“

Aufgrund seiner eigenen Geschichte sieht sich der Börsenverein in einer besonderen Verantwortung. Der Verband hat sich ab 1933 aktiv an der Unterdrückung kritischer Stimmen beteiligt, u.a. indem er im Börsenblatt eine Liste von Büchern veröffentlichte, die vom Buchhandel nicht mehr vertrieben werden sollten. Durch seine Anpassung an das Regime versprach sich der Verband wirtschaftliche Vorteile für die Branche.

Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins: „Aus Opportunismus hat sich der Börsenverein den Machthabern untergeordnet. Das ist zutiefst beschämend. Seiner historischen Schuld bewusst, hat der Verband schon bald nach dem Zweiten Weltkrieg Konsequenzen aus seinem Fehlverhalten gezogen – etwa mit der Verleihung des Friedenspreises und dem konsequenten Eintreten für Meinungsfreiheit durch viele Initiativen und Projekte.“ Daneben arbeiten Wissenschaftler:innen im Auftrag der Historische Kommission des Börsenvereins die Geschichte des Verbandes systematisch auf. Zum Dritten Reich sind zwischen 2015 und 2023 fünf Teilbände der „Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhunderts“ im Verlag De Gruyter erschienen.

Im Rahmen der Woche der Meinungsfreiheit vom 3. bis 10. Mai erinnerten am vergangenen Sonntag bei einer Gedenkveranstaltung des Börsenvereins im Maxim Gorki Theater in Berlin Can Dündar, Felicitas Hoppe, Herta Müller, Moritz Rinke und Jan Wagner sowie Börsenvereins-Hauptgeschäftsführer Peter Kraus vom Cleff an die Bücherverbrennung. Unter dem Motto „Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen“ und moderiert von Bascha Mika diskutierten sie und lasen zusammen mit Schauspieler*innen des Gorki-Ensembles, Aysima Ergün und Doğa Gürer, aus Werken, die vor 90 Jahren verbrannt wurden.