Dass IG Digital und IG Nachhaltigkeit ihre erste gemeinsame Jahrestagung veranstalten, ist ein Meilenstein, denn fast drei Jahrzehnte dominierte das Thema Digitalisierung die Branchendiskussion. Dabei sind digitaler und nachhaltiger Fortschritt nicht voneinander zu trennen, wie Börsenvereins-Vorsteherin Karin Schmidt-Friderichs in ihrem Grußwort betonte. Im Gegenteil: Sie müssen ineinandergreifen wie die Zahnreihen eines Reißverschlusses. Jede digitale Innovation muss sich am Ziel Nachhaltigkeit messen. Hätte das Wort Dialektik nicht inzwischen eine gewisse Patina angesetzt, man müsste es hier einsetzen.
Welche praktischen Auswirkungen das Spannungsverhältnis zwischen Digitalisierung und Nachhaltigkeit in der Buchbranche hat, zeigte die Paneldiskussion zum Thema "Wie drucken wir heute – und morgen? Digitale und nachhaltige Lösungsstrategien". Schon 14 Prozent aller Bücher, so Moderatorin Nadja Kneissler, würden digital gedruckt - Tendenz steigend. Eine Blitzumfrage unter den Tagungsteilnehmern zeigte, dass bereits mehr als 40 Prozent zwischen ein und 49 Prozent ihrer Publikationen digital drucken lassen.
Die Panel-Teilnehmer Florian Enns (Herstellungsleiter Rowohlt), Jörg Paul (COO Libri) und Dominik Haacke (mediaprint solutions) waren sich darin einig, dass Digitaldruck in Zeiten bedarfsgerechter Auflagenplanung inzwischen zunehmend das Mittel der Wahl ist, auch wenn Offsetdruck in vielen Fällen noch seine Berechtigung hat.
Unabhängig von der Wahl des Druckverfahrens ist die Überproduktion mit daraus resultierendem Remissions-Management ein anhaltendes Problem, so die einhellige Einschätzung. KI könnte hier die Mitarbeiter:innen in der Herstellung mit Absatzanalysen unterstützen, so Enns und Paul, und die Reaktionszeit zwischen Bedarfsanforderung und Auslieferung der Bücher deutlich verkürzen. Durch Social Media wie TikTok (BookTok) getrieben, entstünde heute innerhalb weniger Stunden eine Titelnachfrage, die sich im Tausender-Bereich bewegt, so Jörg Paul. Hier müsse man sehr schnell produzieren, denn wenige Tage später könnte der Bedarf schon wieder verschwunden sein. Mit einer Offset-Auflage käme ein Verlag dann deutlich zu spät.