Unterstützung für die ukrainische Buchbranche

„Literatur ist Lebensmittel“

19. Oktober 2023
von Nils Kahlefendt

Das Staatsministerium für Kultur und Medien hat eine knappe Million Euro in die Hand genommen und sich mit weiteren Partnern wie dem Börsenverein und dem Goethe-Institut vernetzt, um ukrainische Literatur und den Austausch mit der Branche dort zu fördern. In Frankfurt erlaubten die Projekt-Partner einen Blick in die Küche und auf einzelne Zutaten.  

Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts, Peter Kraus vom Cleff, Börsenverein, Kulturstaatsministerin Claudia RothYuliia Kozlovetz,  Generalkoordinatorin des Internationalen Book Arsenal Festival und  und Olena Odynoka, stellvertretende Direktorin des ukrainischen Buchinstituts (von links)

„Während die Welt unter Schock steht wegen der Ereignisse in Israel, dürfen wir nicht vergessen, dass in der Ukraine immer noch ein fürchterlicher Krieg stattfindet, jeden Tag und mit äußerster Brutalität“, sagte Kulturstaatsministerin Claudia Roth am Messemittwoch auf einem prominent besetzten Panel am Ukrainischen Messestand. Es sei ein Krieg, so Roth, der nicht nur Menschen töte, sondern „ein Krieg gegen in die Kultur“. Roth erinnerte an ihren letztjährigen Besuch in Odessa, wo ihr die Leiterin der dortigen Bibliothek sagte: „Wenn unsere fünf Millionen Bücher zerstört werden, ist das ein Versuch, unsere Geschichte auszulöschen.“ Vor diesem Hintergrund beschloss Roths Haus noch zur Frankfurter Buchmesse 2022, sich mit weiteren Partnern zusammenzutun und eine knappe Million Euro in die Hand zu nehmen, um deutsche Bücher in die Ukraine zu bringen – und in Deutschland für ukrainische Literatur zu trommeln. 

Wie können wir ukrainische Literatur und den Austausch mit der ukrainischen Buchbranche fördern? Das war die Frage, die Roth nun auf der Messe mit Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts, Olena Odynoka, stellvertretende Direktorin des ukrainischen Buchinstituts und Yuliia Kozlovetz, der Generalkoordinatorin des Internationalen Book Arsenal Festival erörterte.

Yuliia Kozlovetz, Generalkoordinatorin des Internationalen Book Arsenal Festival und Olena Odynoka, stellvertretende Direktorin des ukrainischen Buchinstituts (von links)

In der Ukraine habe sich im Laufe des Krieges und der damit verbundenen Einschränkungen wie Energie-Blackouts die Zahl der aktiven Leser nahezu verdoppelt, während die der Verlage dramatisch geschrumpft sei: Von rund 1000 Firmen vor dem russischen Angriffskrieg auf rund die Hälfte – wobei die Zahl der wirklich aktiven Verlage nur noch rund 150 betrage. Auf der anderen Seite berichtete Yuliia Kozlovetz von Gegenbewegungen, die Bewunderung abnötigen: So hat ihr Festival im Juli eine Buchmesse in Kiew organisiert, derzeit wird ähnliches in Lemberg vorbereitet.

„Wir Buchmenschen kennen einander“, sagte Peter Kraus vom Cleff in Anlehnung an die Worte von Juergen Boos am Eröffnungsabend, „aber Lesen fördert Empathie, Verständnis für andere Menschen und Kulturen. Deswegen ist es wichtig, die ukrainische Kultur als Teil der europäischen zu zeigen.“ So sei gerade die Förderung von Übersetzungen in beide Richtungen elementar, da sie „die Herzen der Leserinnen und Leser für die jeweils andere Kultur“ öffne: „Gegen Zerbrechlichkeit hilft Resilienz.“ Innerhalb des Projekts werden etwa zweisprachige Kinderbücher entwickelt oder deutschsprachige Bücherkoffer für Kinder in der Ukraine zusammengestellt. Auch das Goethe-Institut unterstützt die Kulturszene in der Ukraine sehr breit – so arbeitet man, gemeinsam mit dem ukrainischen Buchinstitut unter anderem an der Vernetzung der Verleger*innen und Schriftsteller*innen. Das sei extrem wichtig angesichts der Veränderungen in der Verlags-Landschaft der Ukraine: „Die Druckereien standen früher alle in Charkiw“, so Johannes Ebert, „die sind jetzt verlagert“. Rund 30 Autoren seien seit Beginn des russischen Angriffskriegs getötet, über 80 zur Armee eingezogen worden. Für Kulturstaatsministerin Roth ist das Projekt Herzenssache – über die aktuelle Laufzeit hinaus: „Ich verspreche, wir bleiben so lange am Ball, bis in der Ukraine wieder Frieden in Freiheit herrscht.“