Frankfurter Buchmesse

Nachhaltig Bücher verkaufen

19. Oktober 2022
von Michael Roesler-Graichen

Das Thema Klimaneutralität steht auf der Agenda der Buchbranche sehr weit oben. Ein gemeinsames Projekt von HDE und Börsenverein könnte nun zu einer Blaupause für den Buchhandel werden. Was es damit auf sich hat, diskutierte eine Expertenrunde im Azubistro der Frankfurter Buchmesse. 

Die Diskussionsrunde: Jelena Nikolic, Klimaschutzoffensive des Handelsverbands Deutschland (HDE), Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, Michael Kursiefen, Sprecher der IG Nachhaltigkeit im Börsenverein, Svenja Esch von der Lesumer Lesezeit und Moderatorin Christina Schulte

Moderatorin Christina Schulte, stellvertretende Chefredakteurin des Börsenblatts, fragte die Teilnehmer:innen des Podiums zunächst, mit welchem Verkehrsmittel sie gekommen seien. Bei dreimal Bahn und einmal Fahrrad war die Berechtigung, über nachhaltige Themen zu diskutieren, klar erteilt.

Jelena Nikolic vom HDE skizzierte die 2017 gestartete Klimaoffensive des Verbands, mit der vor allem kleinere und mittlere Handelsunternehmen bei Energieeinsparung und Klimaschutz unterstützt werden. Dazu werden zahlreiche Materialien und eine eigene Website bereitgestellt. Nach Pilotprojekten in anderen Branchen habe man jetzt gemeinsam mit dem Börsenverein eine Buchhandlung gesucht, die sich auf den Weg zu mehr Klimaneutralität macht: die Lesumer Lesezeit in Bremen.

Für Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, reicht das Thema Klimaneutralität weit über den Buchhandel hinaus. "Es geht auch darum, einen kleinen Beitrag zur Zukunftssicherung unseres Planeten zu leisten. Und es geht ganz unmittelbar darum, die Innenstädte am Leben zu erhalten, die die Möglichkeit zum gebündelten Einkauf bieten."

Svenja Esch von der Lesumer Lesezeit arbeitet seit drei Jahren daran, den CO2-Fußabdruck ihrer Buchhandlung zu verringern. Als sie von der Klimaoffensive des HDE erfuhr, beschloss sie, sich für das Pilotprojekt zu bewerben.

Michael Kursiefen (Schweitzer Fachinformationen) berichtete von den Klimaneutralitäts-Anstrengungen seines Unternehmens. Mit Hilfe des Zertifizierungsanbieters ORCA führe man gerade ein Projekt in Bremen durch, dessen Erkenntnisse für alle 21 Standorte bundesweit von Interesse sein dürften. Da der Standort Bremen inzwischen 98 Prozent aller Bestellungen versende, habe man den Versand auf DHL green umgestellt.

Was Frau Esch nun erwarte, wollte Christina Schulte wissen. "Es gibt mehrere Projektphasen", erläuterte Jelena Nikolic, "in denen wir uns kennenlernen und dann vor Ort eine Bestandsaufnahme machen: Wie funktioniert die Energieversorgung? Wie sieht die CO2-Bilanz aus? Und schließlich das Herzstück des Projekts: Welchen Weg zur CO2-Reduzierung können wir gehen?" Wichtig sei in diesem Zusammenhang auch die Kommunikation mit dem Gebäudeeigentümer, so Nikolic.

Die Klimabilanzierung selbst vollzieht sich konzentrisch von innen nach außen im sogenannten Scope-Modus: Scope 1 nimmt die am Betriebsort selbst erzeugte und verbrauchte Energie in den Blick, Scope 2 die zugeführte Energie (Heizung, Strom) und Scope 3 die außerhalb des Betriebsorts anfallenden Emissionen (Mitarbeitermobilität, Logistik etc.), die 60-70 Prozent des gesamten Energieverbrauchs ausmachen können.

Dass auch Börsenverein und MVB selbst das Thema sehr ernst nehmen, machte Kraus vom Cleff deutlich: Man bereite derzeit eine Klimabilanz für das Haus des Buches und den mediacampus frankfurt vor. Außerdem arbeite die IG Produktmetadaten des Börsenvereins daran, den CO2-Abdruck von Büchern in die Metadaten von Titeln zu übernehmen.

Für Svenja Esch stellt sich auch die Frage, welcher finanzielle und zeitliche Aufwand mit der CO2-Reduzierung verbunden sein wird. Sie will Stück für Stück vorankommen und hofft auf Fördergelder. Der HDE hat auf seiner Website eigens eine Förderdatenbank eingerichtet.