Eli Sharabi | ANZEIGE

Ein Buch, das man nie mehr vergisst: 491 Tage

20. November 2025
TONI HECHT

Was hält uns am Leben, wenn die Hoffnung zu schwinden droht? Und was bedeutet Überleben, wenn es kein Zurück mehr gibt in eine sicher geglaubte Lebenswelt? Mit "491 Tage. In den Tunneln der Hamas" (Suhrkamp) erscheint jetzt ein erschütternder und zugleich ermutigender Erfahrungsbericht: Das erste Memoir einer befreiten israelischen Geisel. Es ist das am schnellsten verkaufte Buch der israelischen Literaturgeschichte – in den ersten fünf Werktagen wurden 20.000 Exemplare verkauft – und erscheint aktuell in 12 Ländern. 

Bild

Eine Sprache für das Unaussprechliche

In diesem Buch erzählt Eli Sharabi von seiner Entführung am 7. Oktober 2023, als Terroristen der Hamas den Kibbuz Be‘eri brutal überfielen, Häuser in Brand setzten, Bewohnerinnen und Bewohner töteten oder entführten. Weit über Israel hinaus hat dieser massive Überfall ein Gefühl der Erschütterung ausgelöst, das bis heute anhält. Mit seinem Buch setzt Sharabi dieser Erschütterung etwas Wertvolles und Heilsames entgegen: Er gibt dem schwer greifbaren Grauen Form und Sprache und beendet das Verstummen und das Schweigen, das mit traumatischen Ereignissen häufig einhergeht.

Be‘eri am Morgen des 7. Oktober

Der Israeli Eli Sharabi sitzt am frühen Morgen des 7. Oktober 2023 mit seiner Frau und seinen zwei Töchtern im Schutzraum ihres Einfamilienhauses. Die Warn-Apps der Handys haben die Familienmitglieder geweckt, sie tragen Schlafanzüge und hoffen auf ein schnelles Ende des Raketenalarms, um sich an den Frühstückstisch setzen zu können. Dann gibt es erste Horrormeldungen über Chatgruppen, es klirrt ein Fenster, bewaffnete Terroristen dringen in das Zuhause der Familie ein – und schnell ist klar: Mit diesem brutalen Überfall ist ein altes Leben unwiderruflich vorbei.

Eli Sharabi

491 Tage im Tunnelsystem

491 Tage verbrachte Eli Sharabi in der Gewalt und in den Tunneln der Hamas, immer in der Hoffnung, seine Familie irgendwann wiederzusehen – und zugleich in der Ungewissheit, ob seine Frau und seine Töchter noch am Leben sind. Seine Geschichte handelt von Hunger und Schmerz, von Sehnsucht, Einsamkeit, von Folter und einer Hilflosigkeit, die die Seele zu zerstören droht. Gleichzeitig ist es eine Geschichte, die auf einzigartige Weise von der menschlichen Stärke zeugt: sich immer und immer wieder auf die Seite des Lebens zu schlagen und die Hoffnung auch dann nicht aufzugeben, wenn es kaum noch Grund für Hoffnung zu geben scheint.

Über den Alltag im Dunkeln

Sharabi beschreibt auf eine bemerkenswert schlichte Weise vom Alltag im Tunnelsystem unterm Gaza-Streifen: davon, wie Gespräche sich verändern, wenn die Lage aussichtsloser wird. Wie das Verteilen von Nahrung funktioniert, wenn es kaum noch etwas zu verteilen gibt. Wie Körperhygiene über Monate weit unten im Tunnelsystem möglich ist. Und wie auch unter unerträglichen Umständen kostbare Momente der Mitmenschlichkeit und Verbundenheit entstehen – sogar mit den Geiselnehmern.

Erzählen als Akt des Erinnerns

Eli Sharabi wurde in Tel Aviv als Sohn jemenitischer und marokkanischer Eltern geboren, zog als Teenager in den Kibbuz Be’eri und heiratete später Lianne, eine Britin, mit der er zwei Töchter bekam, Noiya und Yahel. Nach der Rückkehr aus seiner Gefangenschaft setzte er sich weltweit für das Schicksal der verbliebenen Geiseln ein, trifft bis heute Staats- und Regierungschefs, hält Reden vor den Vereinten Nationen und erzählt seine Geschichte vor Publikum auf der ganzen Welt.

"491 Tage. In den Tunneln der Hamas" erscheint am 24. November 2025 in der Übersetzung von Ursula Kömen bei Suhrkamp und trifft schon jetzt auf großes mediales Interesse. Zu Recht: Es ist ein persönlicher Bericht, der präzise aufzeigt, was Gewalt mit Menschen macht – und was es bedeutet, sich immer wieder für das Leben und für Mitmenschlichkeit zu entscheiden.

 

491 Tage. In den Tunneln der Hamas
Eli Sharabi
24,00 € (DE)
ISBN 978-3-518-43301-0
200 Seiten
ET: 24. November 2025
suhrkamp nova