Kostensteigerungen in der Buchbranche

Alarmstufe Rot

7. Januar 2022
von Christina Schulte

Steigende Kosten treffen die gesamte Buchbranche. Die Kostenprobleme zu lösen, ist eine der größten Herausforderungen in diesem Jahr und wird nur im Dialog zwischen den Handelspartnern gelingen. Ohne Abstriche dürfte es dabei nicht gehen. Eine Analyse von Christina Schulte.

Es sei ein Kostentsunami, der auf die Branche zurollt - so bezeichnet VVA-Geschäftsführer Stephan Schierke die bereits spürbaren Kostenerhöhungen und die Steigerungen, die noch kommen werden.

Neben der weiteren Bewältigung der Corona-Krise wird die Kostenfrage, verbunden mit den hineinspielenden Knappheitsthemen wie Papier oder Personal, die Branchendiskussionen 2022 dominieren. Alle drei Sparten sind in unterschiedlicher Ausprägung tangiert, in den eng vernetzten Handelsbeziehungen wird das Kostenproblem des einen Handelspartners in kürzester Zeit zu dem der anderen. Der Buchhandel ist hauptsächlich Abnehmer des Problems, er kann zwar seine Prozesse optimieren und von den Verlagen höhere Margen einfordern - bei kleineren Buchhandlungen allerdings oft ein vergebliches Unterfangen. Die Verlage als Gestalter der Buchpreise haben es in der Hand, diese zu erhöhen. Den Logistikern bleiben bei Aufrechterhaltung ihrer bisherigen Angebote nur eingeschränkte Möglichkeiten, die für sie steigenden Kosten auf Dauer aufzufangen und nicht über Preiserhöhungen weiterzugeben.

Soll das Branchengefüge, wie es jetzt ist, erhalten werden, ist aus Sicht der Buchhändler und Logistiker eine Erhöhung der Bücherpreise das Mittel der Wahl. Und zwar möglichst schnell. Verlage geben sich in diesem Punkt allerdings eher zögerlich. Bei ohnehin steigenden Verbraucherpreisen (2021 lag die Inflationsrate bei 3,1 Prozent, für 2022 werden Werte zwischen 3,1 und 3,6 Prozent prognostiziert) ist die Befürchtung groß, die Leserinnen und Leser könnten sich vom Buchkauf abschrecken lassen, günstigere Bücher der Konkurrenz oder Substitutionsprodukte erwerben. Man könnte aber auch argumentieren: Alles wird teurer, warum Bücher nicht? Zumal es Nachholbedarf gibt, da die Bücherpreise in den vergangenen Jahrzehnten deutlich weniger zugelegt haben als die Inflationswerte.

Wenn über die Buchpreise keine oder nur eine geringe Entlastung erfolgt, wo entlädt sich dann der Kostendruck und welche Konsequenzen hat das? Mit immer weiter sinkenden Betriebsergebnissen werden sich viele Sortimentsbuchhandlungen nicht länger halten können – sie werden aufgeben müssen oder verkauft werden, die Konzentration im Buchhandel nimmt weiter zu. Mit weniger Buchhandlungen, die die Leistungen des Zwischenbuchhandels in Anspruch nehmen, wird es für die Logistiker noch teurer, ihr komplettes Portfolio, vor allem die Übernachtlieferung, weiter anzubieten.

Spätestens hier stellt sich die Frage, welche Logistikdienstleistungen sich die Branche dann noch leisten kann und will, welche Transportkooperationen neu eingegangen oder ausgeweitet werden. Manche Buchhandlungen können gut auf den schnellen Service verzichten und haben schon einen reduzierten Belieferungstakt gewählt, für andere ist das ein No-Go, sie sähen sich dadurch in der Konkurrenz zu Amazon deutlich geschwächt.

In den eng vernetzten Handelsbeziehungen wird das Kostenproblem des einen Handelspartners in kürzester Zeit zu dem der anderen.

Christina Schulte

Noch nicht eingerechnet in solche Szenarien sind die Auswirkungen nicht oder nicht in ausreichendem Maß vorhandener Ressourcen, die in den nächsten Wochen und Monaten verstärkt zu Lieferengpässen, Lieferverzögerungen oder auch zu verkürzten Öffnungszeiten im Buchhandel führen könnten. Die ohnehin herrschende Papier- und Personalknappheit ist jeweils für sich genommen schon schwer genug zu bewältigen. Verbunden mit der Omikron-Welle, deren Konsequenz es sein kann, dass etliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Quarantäne müssen, bedeutet das noch größere Herausforderungen und treibt die Kosten weiter nach oben.

Vielleicht kommt auf diesem Weg die Erhöhung der Bücherpreise bei dem einen oder anderen Verlag gleichsam durch die Hintertür, weil er selbst Kostenentlastung benötigt. Das wiederum würde dem Buchhandel helfen. Aber wie man es auch dreht und wendet – es wird für alle ein Kraftakt, die Kosten in den Griff zu bekommen.