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Doris Knecht: Ja, nein, vielleicht

10. Juli 2025
TONI HECHT

Ein kluger Roman über Selbstbestimmung, späte Freiheit – und die Frage, ob da noch Platz für die Liebe ist.

Ihre Scheidung liegt lange zurück und zum ersten Mal fühlt sie sich wieder frei: Die Ich-Erzählerin in Doris Knechts neuem Roman "Ja, nein, vielleicht“ ist Mitte 50 und sie hat sich ein gutes Leben eingerichtet. Die Kinder sind aus dem Haus, die Zeit gehört ihr – morgens früh beim Schwimmen im Fluss und beim Pläneschmieden mit der besten Freundin. Und dann trifft sie im Supermarkt Friedrich. Ein Mann von früher – ein möglicher Anfang. Und plötzlich stellt sich eine altbekannte Frage: "Ja, nein, vielleicht?“

Die Sache mit der Liebe

Was suchen wir in romantischen Beziehungen? Und welchen Preis sind wir bereit, dafür zu zahlen? Vom Leben geprägt stellt die Ich-Erzählerin das gesellschaftliche Beziehungsideal auf humorvolle und kluge Weise infrage. Braucht es eine Liebesbeziehung zum Glück? Und wie sieht ein Lebensglück ohne Partnerschaft aus? Die Protagonistin in Knechts Roman ist vorsichtig geworden. "Jemand hat mich mal gefragt, woher mein pessimistisches Männerbild käme. Na ja, hm, wie soll ich sagen, das kommt vom Leben als Frau“.

Alt genug für Klarheit, jung genug für Aufbruch

Verbittert ist sie nicht. Voller Lebensfreude und mit scharfem Blick beobachtet sie sich selbst und ihr Umfeld beim Älterwerden und rückt andere Bindungen in den Mittelpunkt ihres Lebens: Freundschaft, Geschwister, Nachbarschaft, der Hund. Nicht mehr jung und noch nicht alt hat sie eine innere Balance gefunden. Lang vertraute Selbstzweifel und der Wunsch, anderen, insbesondere Männern, zu gefallen, sind in den Hintergrund getreten. "Wenn ich jetzt in den Spiegel schaue, sehe ich eine Frau Mitte fünfzig, mit grau melierten Haaren, gesund, stark, fit genug, schön genug, ich bin zufrieden mit ihr“. Und auch mit ihrem Leben ist sie zufrieden. Und dann steht Friedrich vor ihr und sie spürt, wie die Möglichkeit einer neuen Liebe alte Muster in ihr aufleben lässt.

Ein Zahn wackelt, das Leben gleich mit

Und gleichzeitig klopft die Endlichkeit an die Tür. Eigentlich ist es nur ein Zahn, der schmerzt und wackelt. Aber wenn etwas auszufallen droht, das immer zu einem gehörte, wird schnell klar: Nichts bleibt auf Dauer, wie es ist. Was braucht es, um erfüllt und mit einem Gefühl von Sicherheit älter werden zu können – auch in Anbetracht der Bedrohungen und Unsicherheiten unserer heutigen Zeit? Die Antwort des Romans "Ja, nein, vielleicht“ macht Mut: Es braucht vor allem einen klaren, wachen Blick, anpackende Lebensfreude und die Bereitschaft, füreinander da zu sein.

Doris Knecht

Ein bezaubernder Roman über das Älterwerden und die Liebe

Doris Knecht gehört zu den beliebtesten Autorinnen im deutschsprachigen Raum. Seit ihrem Debüt "Gruber geht“ (nominiert für den Deutschen Buchpreis 2011, verfilmt 2015) begeistert sie immer wieder mit ihren klugen, ironischen und berührenden Romanen. Mit "Ja, nein, vielleicht“ ist ihr nun ein bezaubernder Roman über das Älterwerden, über Freundschaft, Familie und Freiheit gelungen. Und es ist ein Roman über die Liebe – vor allem zu sich selbst. 

 

Ja, nein, vielleicht
Doris Knecht

24,- € (D)
ISBN 978-3-446-28288-9
240 Seiten
ET: 22.07.2025
HANSER