"Salon Francfort"

Ein Booster für den deutsch-französischen Lizenzmarkt

7. Juli 2023
von Börsenblatt

Verlage aus Deutschland und Frankreich haben sich zum "Salon Francfort" im Haus des Buches getroffen. Ein Bericht von Katrin Hage.

Ein Gruppenfoto der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Deutschland und Frankreich, die sich am Donnerstag (6. Juli) zum „Salon Francfort“ im Haus des Buches trafen.

Belletristik-Verlage aus Deutschland und Frankreich haben sich am Donnerstag (6. Juli) zum „Salon Francfort“ im Haus des Buches getroffen. Anlass: Das 60-jährige Jubiläum des Élysée-Vertrags. Ziel: Weichen stellen für die Vergabe von Belletristik-Übersetzungslizenzen deutscher Verlage nach Frankreich und Förderung der beidseitigen Beziehungen.

Warum haben es Übersetzungen aus dem Deutschen auf dem französischen Belletristik-Markt vergleichsweise immer noch schwer, während Französisch umgekehrt regelmäßig Platz zwei im Ranking der Herkunftssprachen belletristischer Übersetzungen belegt? Eine einfache Antwort gibt es nicht, da hier zahlreiche Faktoren ins Spiel kommen: Rückgang der Anzahl Deutschlernender in Frankreich, Fokussierung der französischen Verlage auf nationale Literatur, Messeausfälle während der Pandemie, breitere Bandbreite internationaler Titel bei konstanter Gesamttitelzahl in den Verlagsprogrammen, um nur einige zu nennen.

Recht einfach war hingegen die Maßnahme, die die internationale Abteilung der Frankfurter Buchmesse gemeinsam mit dem BIEF – Bureau International de l’Édition Française ergriffen hat, um dem deutschen Lizenzgeschäft in Richtung Frankreich einen ordentlichen Booster zu verpassen. Zehn Vertreter:innen französischsprachiger Verlage wurden anlässlich des 60. Jahrestags des Elysée-Vertrags zum "Salon Francfort" (5.–7. Juli) eingeladen und verbrachten zwei Abende und einen vollen Tag mit deutschen Rechte- und Lizenzverantwortlichen, ebenfalls zehn an der Zahl. Das erklärte Ziel war es, deutschen Verlagen die Chance zu geben, sich in einem entspannten B2B-Umfeld mit französischen Kolleg:innen zu vernetzen und ihnen ihre Titel zu präsentieren, die noch nicht ins Französische übersetzt wurden. Unterstützt wurde die Initiative durch das Auswärtige Amt.

Eine Podiumsdiskussion im Rahmen des „Salon Francfort“ im Haus des Buches.

Podiumsdiskussion „Je t’aime, moi non plus – Eine Bestandsaufnahme der deutsch-französischen Beziehungen“ mit (v. l.) Birgit Holzer (Journalistin, Korrespondentin in Paris), Katja Petrovic (BIEF), Pascal Thibault (Radio France Internationale, Berlin) und Niki Théron (Frankfurter Buchmesse).

"Salon Francfort": Networking und Diskussionen

So kreuzten sich zum Beispiel Inka Ihmels (Foreign Rights Director, Aufbau Verlage, Berlin) und Aurélie Bontout-Roche (Lektorin, Libella, Paris), Corinna Kroker (Programmleiterin Klett-Cotta, Stuttgart) und Marie-Pierre Gracedieu (Verlegerin Le Bruit du monde, Marseille), Elisa Diallo (Leitung Lizenzverkauf, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main) und Céline Hostiou (Lektorin, Le Quartanie, Montréal). Einige begegneten sich zum ersten Mal. Andere knüpften an bereits existierende Beziehungen an und genossen es, sich einmal ohne den auf Buchmessen üblichen Termindruck auszutauschen. "Wir haben Beziehungen vertiefen können, in einem sehr angenehmen Rahmen", so die Bilanz von Florian Torres (Verleger, Les éditions du Typhon, Marseille) nach einem mit Diskussionen und Buchvorstellungen gefüllten Tag. "Wir konnten hier einen Prozess starten, der alles andere als ein Schnellschuss ist. Der Salon war eine tolle Vorbereitung auf die Frankfurter Buchmesse und macht Lust, sich dort wiederzusehen."

"Ich spreche kein Deutsch und bin keine Spezialistin für deutsche Literatur. Hier bin ich direkt eingetaucht und kann nun die Akteure auf dem Markt besser identifizieren", bewertete Claire Do Sêrro (Programmleiterin, Robert Laffont, Paris) ihren Aufenthalt. "Unsere gemeinsame Diskussion über den politischen Diskurs in Frankreich im Vergleich zu Deutschland und den Stand der Beziehungen zwischen den beiden Ländern eröffnet Perspektiven, um die Chancen der deutschen Literatur auf dem französischen Markt zu verbessern."

"Salon Francfort": Politische Diskurse und ihre Auswirkungen auf den Buchmarkt

Wie relevant aktuelle politische Diskurse bei der Chancenbewertung literarischer Titel für ausländische Märkte sein können, verdeutlichte sich im Laufe der Podiumsdiskussion "Je t’aime, moi non plus – Eine Bestandsaufnahme der deutsch-französischen Beziehungen". Das Gespräch weitete sich schnell vom Podium auf die Gesamtbesetzung des "Salon Francfort" aus. Beispielsweise werde die Genderdiskussion in beiden Ländern unterschiedlich geführt, hieß es. Ebenso wenig direkt vergleichbar seien die Debatten, die um soziale Ungleichheit oder Rechtsextremismus geführt werden. Somit falle auch die Art und Weise, wie Aktualität und Literatur verwoben sind und wie die daraus entstandene Literatur rezipiert wird, sehr unterschiedlich aus.

Doch Belletristik wäre keine Belletristik, wenn es nicht auch andere Stimmen gegeben hätte: Literatur erfülle auch das Bedürfnis, zu entpolitisieren, um uns von schwerwiegenden politischen Themen abzuwenden. Und: Die Lesarten sind unterschiedlich; ein Buch mit politischem Handlungsrahmen könne sicher nicht auf dieses eine Thema reduziert werden. Kurz, die Literatur hat noch die Freiheit, nicht in den Bereich der Politik zu fallen. Laure de Vaugrigneuse (Lektorin, Éditions du Seuil, Paris) dazu: "Literatur hat die Möglichkeit, politische und kulturelle Unterschiede zu überwinden. Sie reist von einer Sprache zur anderen vor allem durch die Emotionen, die sie hervorruft."

Mehr zum "Salon Francfort" und die Liste aller der Teilnehmer:innen https://www.buchmesse.de/salon-francfort