Jörg Drescher etwa konnte seine Buchhandlung erst vor wenigen Wochen wieder aufschließen, nach zwei Umzügen in drei Jahren, "diesmal hoffentlich endgültig". Nachdem er in der Flutnacht mit Sandsäcken, Holzbrettern und stundenlangem Wasserschippen vergeblich versucht hatte, das Eindringen der Flut zu verhindern, musste er im ersten Stock miterleben, wie um fünf Uhr morgens eine Flutwelle durch die Fußgängerzone rauschte und seine Buchhandlung einen Meter unter Wasser setzte, mit Dreck, Öl und Benzin. Jörg Drescher hatte eine Elementar- und Betriebsausfallversicherung, die sofort eine Anzahlung geleistet hat. "Nach zwei Wochen kam ein Gutachter, die Versicherung hat alles ersetzt, was kaputt war, Ware, Mobiliar, elektronische Geräte. Auch unsere Arbeitsleistung während des Hochwassers." Komplizierter waren die Schäden am Gebäude. Für Mieter Drescher war schnell klar: "Das dauert." Nicht nur Gutachter, auch Handwerker waren überlastet, langwierige Trocknungsprozesse etc. standen an. "Ich musste überlegen, ob ich überhaupt außerhalb meines Onlineshops weitermachen kann." Eines der wenigen Geschäfte, das nicht vom Hochwasser betroffen war, führte ein befreundeter Weinhändler, Dietmar Kohlen. Der bot Drescher an, mit seinen Büchern im Eschweiler Weinladen einzuziehen: "Ein tolles Angebot!" Kohlen räumte 30 Quadratmeter frei, "und schon konnte es losgehen. Ich dachte ja, in spätestens drei Monaten bin ich wieder in meinem Laden".
Aus drei Monaten wurden zwei Jahre, bis auch die Weinhandlung renoviert werden musste – die Nässe war in der Flut in den Keller eingedrungen und hatte Schäden hinterlassen. Was tun? Mittlerweile waren in Dreschers altem Viertel einige Gebäude wiederhergestellt, wenn auch nicht sein ursprüngliches Ladenlokal. Die beiden Händler hörten sich um – und waren erst einmal schockiert: "Viele Flächen waren plötzlich 60 bis 100 Prozent teurer. Das hätte sich für keinen von uns gerechnet." Schließlich fanden sie ein geeignetes Ladenlokal direkt neben der alten Buchhandlung. "Das Haus hatte ein junges Ehepaar zwei Wochen vor der Flut gekauft, um ein Restaurant zu eröffnen." Dies wurde aber nach der nötigen Renovierung des Hauses erst einmal aufgeschoben, Drescher und Kohlen wurden Mieter. "Es war eine wilde Mischung, Bücher und Wein auf 60 Quadratmetern, aber es war auch lustig." Leider sei bei jedem Umzug ein Teil des Umsatzes weggebrochen: "Man kann es Kunden nur schwer vermitteln, dass man schon wieder woanders seinen Laden hat. Zudem sind die Menschen nach der Flut generell weniger in die Innenstadt gekommen. Das Hochwasser hat den Strukturwandel, der zum Sterben der Innenstädte führt, sicher beschleunigt", meint Drescher.