40 Jahre Literaturverein Ecke und Kreis in Vellmar

"Eine Lesung verlangt Konzentration"

12. September 2025
Redaktion Börsenblatt

Der von Buchhändlerin Katharina Engelhardt mitgegründete Literaturverein Ecke und Kreis holt seit 40 Jahren bekannte wie auch weniger bekannte Autor:innen nach Vellmar. Zum Jubiläum war u.a. Rainer Moritz eingeladen. In einem Interview mit der HNA erklärt er, warum die klassische Wasserglaslesung eben nicht ausgedient habe. 

Gruppenfoto im Festzelt

Jubiläumsfeier des Literaturvereins Ecke und Kreis: In der Mitte Denis Scheck, Katharina Engelhardt und Rainer Moritz

Anfänglich waren es 21 Mitglieder, heute sind es 330. Katharina Engelhardt, die in Vellmar die Buchhandlung Büchereck am Rathaus führt, gründete den Literaturverein Ecke und Kreis gemeinsam mit dem inzwischen verstorbenen Schriftsteller Karlhans Frank im Jahr 1985 und fungiert heute als Beisitzerin. In den 40 Jahren waren große Namen zu Besuch, darunter Martin Walser, Robert Gernhardt und Monika Maron.

Im vergangenen Jahr habe man mit Joachim Gauck und 900 Besucher:innen den größten Erfolg gefeiert, berichtet Katharina Engelhardt, in diesem Jahr erwarte man u.a. Saša Stanišić. "Ich habe gerade den Veranstaltungssaal gewechselt, weil sich ganze Schulklassen anmelden", freut sich die Buchhändlerin über die große Resonanz. "Zum Glück können wir gut 400 Gäste in der Katholischen Kirche in Vellmar empfangen."

"Fast eine Geschichte der Gegenwartsliteratur"

Zum Jubiläumsfest traten der Literaturkritiker Denis Scheck und der langjährige Leiter des Literaturhauses Hamburg Rainer Moritz auf. Letzterer gab der Tageszeitung HNA (Hessisch/Niedersächsische Allgemeine) ein Interview, in dem er darlegt, was das Besondere am Literaturverein Ecke und Kreis ist. "Wenn man die Liste anschaut, wer alles in den letzten 40 Jahren dort gelesen hat, dann kann man fast eine deutsche Geschichte der Gegenwartsliteratur schreiben – mit den Namen von Günter Grass, Peter Rühmkorf, bis in unsere Gegenwart hinein. Das ist schon phänomenal. Das gibt es meines Wissens in dieser Form in Deutschland kein zweites Mal."

"Eine Erfahrung, die wichtiger denn je ist"

Rainer Moritz widerspricht im Interview der Annahme, die sogenannte Wasserglaslesung habe ausgedient. "Die Sehnsucht der Menschen, Autoren live zu erleben, bleibt." Viele seien es gewohnt, "von Häppchen zu Häppchen weiter verlinkt" zu werden. "Das sind immer kurze Aufmerksamkeitsblöcke, aber eine Lesung verlangt Konzentration. Sie verlangt, sich auf etwas einzulassen und nochmal darüber nachzudenken, was man gelesen und was der Autor gesagt hat. Das ist eine Erfahrung, die wichtiger denn je ist."

Zum Literaturverein Ecke und Kreis

Der Verein organisiert Lesungen mit bekannten und weniger bekannten Autorinnen und Autoren, literarische Gesprächskreise über aktuelle Neuerscheinungen sowie Exkursionen zu den Buchmessen oder literarischen Schauplätzen. Mitglieder zahlen einen Jahresbeitrag von 25 Euro und für Veranstaltungen nur 5 Euro Eintritt im Vorverkauf.