Zahlen von Börsenverein und Media Control

So hat der Buchhandel das Jahr 2023 abgeschlossen

4. Januar 2024
von Christina Schulte

Die Rahmenbedingungen 2023 waren alles andere als einfach. Der Buchhandel konnte das vergangene Jahr dennoch mit einem Umsatzplus abschließen - allerdings mit einem großen Aber.

Zum ersten Mal seit 2019 können nun wieder zwei Jahre miteinander verglichen werden, die sich nicht durch Lockdowns verschiedenster Art unterscheiden. 2022 und 2023 waren die Geschäfte und Buchhandlungen durchweg geöffnet, sodass die Sondereffekte wegfallen und die ganz großen Schwankungen, die es bei den letzten Jahresauswertungen gab, ausgeblieben sind. Geblieben sind gleichwohl die üblichen saisonalen Auswirkungen, z.B. durch die Verschiebung des Ostergeschäfts.

Und so ist das Jahr 2023 gelaufen: Alle Vertriebswege zusammen haben ihre Einnahmen im Vorjahresvergleich um 2,9 Prozent gesteigert. Das zeigt der Branchen-Monitor Buch des Börsenvereins, der von Media Control erhoben wird. Dabei überwogen sehr deutlich die Monate, in denen die Einnahmen im grünen Bereich lagen. Nur der April (Verschiebung des Ostergeschäfts) und der Dezember (kurzes Weihnachtsgeschäft und zwei Verkaufstage weniger als im Vorjahr) endeten mit einem Umsatzminus.

Der Sortimentsbuchhandel kommt bis auf einen Zehntel-Prozentpunkt an das Ergebnis aller Absatzwege heran und kann ein Plus von 2,8 Prozent für das Jahr 2023 verbuchen.

Karin Schmidt-Friderichs

Im Buchhandel sind Maßnahmen wie der im vergangenen Jahr gestartete Kulturpass wichtig. Als ausgezeichnetes Instrument, junge Menschen an Kulturangebote vor Ort heranzuführen, sollte er trotz angespannter Haushaltslage unbedingt weitergeführt werden.

Karin Schmidt-Friderichs

Wirtschaftliche Situation weiter angespannt

„Wir leben in herausfordernden Zeiten. Auch die Buchbranche bekommt diese zu spüren“, sagt Börsenvereins-Vorsteherin Karin Schmidt-Friderichs. Gegenüber einem schwachen Vorjahr habe der Buchhandel wieder Umsätze gutgemacht. Gerade in schwierigen Zeiten nutzten Menschen Bücher, um ihr Wissen zu erweitern, abzuschalten, aber auch, um sich mit der aktuellen Realität auseinanderzusetzen. Dies sei ein gutes Zeichen angesichts großer politischer und gesellschaftlicher Themen und Konflikte, sagt die Vorsteherin.

Bei vielen in der Branche sei die wirtschaftliche Situation allerdings weiter angespannt, so Karin Schmidt-Friderichs. „Viele Kund*innen sind verunsichert und noch immer zurückhaltend im Konsum. Frequenzrückgänge in den Innenstädten bedeuten auch, dass in den Buchhandlungen weniger Entdeckungen gemacht werden können – das ist schlecht für die kulturelle Vielfalt.“ Zudem nehme der Kostendruck in den Unternehmen bei Energie, Beschaffung und Herstellung nur langsam ab. Gerade für kleine Verlage sei daher eine strukturelle Förderung dringend nötig. „Im Buchhandel sind Maßnahmen wie der im vergangenen Jahr gestartete Kulturpass wichtig. Als ausgezeichnetes Instrument, junge Menschen an Kulturangebote vor Ort heranzuführen, sollte er trotz angespannter Haushaltslage unbedingt weitergeführt werden“, so Karin Schmidt-Friderichs weiter.

Zurück zur Jahresauswertung und zum großen Aber: Alle Absatzkanäle zusammengenommen hätten das Umsatzplus von 2,9 Prozent nicht erreicht, wenn sie nicht Rückenwind durch die gestiegenen Preise erhalten hätten. Um 4,9 Prozent ging es bei den Preisen nach oben, für ein gekauftes Buch zahlten die Kund:innen im Jahr 2023 durchschnittlich 15,07 Euro. Die Absätze hingegen gaben um 1,9 Prozent nach.

Bei den Editionsformen machten die Kalender im vergangenen Jahr das Rennen – sie haben beim Umsatz 4,3 Prozent hinzugewonnen. Spürbare Umsatzverluste, wie bereits in den Vorjahren, gibt es hingegen für die physischen Hörbücher, die um 22,8 Prozent eingebrochen sind.

Bei der Analyse nach Warengruppen glänzte die Belletristik mit einem Mehrumsatz von 7,7 Prozent und – als einzige Warengruppe überhaupt – mit einem gesteigerten Absatz (+1,2 Prozent). Es folgen Sachbuch mit einem Plus von 2,7 Prozent und die Kinder- und Jugendbücher, die um 2,4 Prozent besser abschnitten als 2022.

Die schwächste Performance lieferten Naturwissenschaften, Medizin, Informatik und Technik mit einem Minus von sieben Prozent.

Im Buchhandel vor Ort wird der Umsatzzuwachs von 2,8 Prozent ebenfalls von den Preissteigerungen getragen. Um 5,1 Prozent höhere, durchschnittlich gezahlte Preise und rückläufige Absätze von 2,2 Prozent bilden die Komponenten dieses Ergebnisses. Im Schnitt 15,01 Euro war den Kund:innen ein gekauftes Buch wert. Im Sortiment wurden mit Hard- und Softcovern Erlössteigerungen von 3,5 Prozent erzielt, Taschenbücher brachten 1,7 Prozent mehr ein und Kalender erzielten 4,4 Prozent höhere Umsätze.

Bei den Warengruppen gab es drei Gewinner, die ihre Vorjahreswerte toppen konnten: Belletristik mit plus 7,4 Prozent – und auch hier als einzige Warengruppe mit mehr verkauften Büchern als im Vorjahr (plus 0,9 Prozent), Kinder- und Jugendbücher mit einem Umsatzzuwachs von 1,3 Prozent und Sachbücher mit plus 1,2 Prozent. Das Schlusslicht bilden auch in diesem Absatzkanal die Warengruppe Naturwissenschaften, Medizin, Informatik und Technik (minus 8,4 Prozent).

Vor-Corona-Umsätze übertroffen

Anders als im Vorjahr konnten die Vor-Corona-Umsätze aller Vertriebswege zusammen im vergangenen Jahr nun wieder erreicht beziehungsweise sogar überboten werden: Im Vergleich zu 2019 ergibt sich ein Zuwachs von 1,6 Prozent. Auch hier spielen die Preissteigerungen die wichtigste Rolle: 10,9 Prozent höhere Preise machen die um 8,4 Prozent geringeren Absatzmengen mehr als wett. Die von den Kund:innen im Schnitt für ein Buch gezahlten Preise erhöhten sich von 13,59 Euro auf 15,07 Euro.

Zwei Warengruppen haben sich in den vergangenen vier Jahren als besonders krisenresistent erwiesen: Die Belletristik, die in dieser Zeit 17,0 Prozent mehr erlöst hat, sowie die Kinder- und Jugendbücher mit einer Umsatzsteigerung von 8,3 Prozent. Größter Verlierer sind Sozialwissenschaften, Recht und Wirtschaft – von ihren Einnahmen des Jahres 2019 sind 22,5 Prozent auf der Strecke geblieben.

Bei den Editionsformen waren es die Hard- und Softcover, die den Vierjahres-Vergleich mit plus 5,1 Prozent und damit als einzige mit einem positiven Vorzeichen beenden. Physische Hörbücher erlitten mit minus 58,3 Prozent einen herben Schlag.

Der Buchhandel vor Ort konnte noch nicht an seine Vor-Corona-Werte anknüpfen. Die Lücke, die sich zu 2019 auftut, beträgt minus 4,7 Prozent. Bei den Editionsformen dominieren die roten Vorzeichen, einzig die Kalender erwirtschaften ein kleines Plus von 1,3 Prozent. Hard- und Softcover kommen auf minus 1,9 Prozent, Taschenbücher beenden den Vergleich sogar mit minus 8,3 Prozent.

Bei den Warengruppen sticht als einzige die Belletristik heraus, die im Vierjahresvergleich mit 11,4 Prozent wesentlich besser abgeschnitten hat als alle anderen Warengruppen. Das kleinste Minus von 2,8 Prozent verbuchen die Kinder- und Jugendbücher, der größte Einbruch geht zu Lasten von Naturwissenschaften, Medizin, Informatik und Technik mit minus 35,5 Prozent.

Auch im Sortiment gab es hohe Preissteigerungen, andernfalls wäre die Umsatzlücke noch größer ausgefallen. Zu konstatieren sind um 11,5 Prozent höhere Preise bei einem Absatzverlust von 14,5 Prozent.

Dezember ohne Dynamik

Das Weihnachtsgeschäft, das in diesem Jahr nur kurz war, weil der Heilige Abend direkt auf den vierten Advent fiel, sowie zwei Verkaufstage weniger als im Vorjahresmonat, sorgten im Dezember bei allen Absatzkanälen zusammen für ein Minus von 0,9 Prozent. Als kleine Favoriten kristallisierten sich die Hard- und Softcover heraus (Miniplus von 0,4 Prozent), bei den Warengruppen schnitten die Belletristik (plus 3,6 Prozent) und die Kinder- und Jugendbücher (plus 1,3 Prozent) besser ab als im Dezember 2022.

Im Vergleich zum Dezember 2019 liegt die Umsatzdifferenz bei minus 1,5 Prozent (Preise: plus 13,1 Prozent; Absatz: minus 13,0 Prozent). Belletristik konnte mit plus 13,2 Prozent beim Umsatz ordentlich punkten, Kinder- und Jugendbücher kamen immerhin noch auf ein Plus von 1,7 Prozent.

Im Sortimentsbuchhandel verlief das Weihnachtsgeschäft noch etwas schwächer als bei allen Absatzwegen zusammen. Das Ergebnis: Einnahmen, die 2,2 Prozent niedriger ausgefallen sind als im Dezember 2022. Lediglich belletristische Titel konnten zulegen (plus 2,1 Prozent).

Der Rückblick auf den Dezember 2019 fällt eher trüb aus, denn es fehlen 7,1 Prozent der Erlöse. Besonders bedenklich ist auch hier die Mengenentwicklung mit minus 18,2 Prozent (Preise: plus 13,6 Prozent).

 

Ein herausforderndes Jahr geht zu Ende, das eben begonnene wird nicht minder herausfordernd werden. Eine erste Tendenz, wie sich 2024 wirtschaftlich entwickelt, gibt es Anfang Februar, wenn der Branchen-Monitor Buch für Januar vorliegt.