Interview mit Heinrich Riethmüller zu den Öffnungen in Baden-Württemberg

"Wir sind bisher mit einem blauen Auge davongekommen"

26. April 2021
von Christina Schulte

Der Buchhandel in Baden-Württemberg darf seit Samstag wieder öffnen. Die Erlaubnis dafür wurde erst in letzter Minute erteilt. Was es für einen Filialisten wie Osiander bedeutet, zahlreiche Läden innerhalb weniger Stunden wieder hochzufahren, erläutert der geschäftsführende Gesellschafter Heinrich Riethmüller im Interview.

Seit Samstag dürfen Sie auch in Baden-Württemberg wieder Ihre Buchhandlungen öffnen. Wie ist Ihre Stimmung?
Zunächst sind wir alle froh, dass der Buchhandel endlich in Baden-Württemberg, der Heimat von Hölderlin und Schiller, wieder als systemrelevant eingestuft wird. Froh sind unsere Mitarbeiter*innen in den Buchhandlungen, dass sie wieder Kundenkontakt haben können und froh sind auch unsere Kunden, die jetzt wieder einkaufen können!

Das Öffnungsprozedere war eine wahre Hau-Ruck-Aktion für den Buchhandel. Wie haben Sie es geschafft, Ihre Buchhandlungen so schnell wieder startklar und kundenfein zu machen?
Bei dem ewigen Hin und Her der Politik bekommt man langsam Übung beim Improvisieren; wir stehen im ständigen Kontakt mit unseren Filialleiter*innen, haben kurze Entscheidungswege und können so schnell reagieren …

Haben Sie genug Waren in den Buchhandlungen oder müssen Sie noch kräftig ordern?
Die Läger sind voll, weil wir die bestellten Neuerscheinungen nicht abbestellt haben und durch die Schließungen kaum etwas verkauft wurde. Also wir sind gerüstet!

Wie haben Sie Ihre Kund*innen informiert, damit sie auch wussten, dass sie wieder in die Buchhandlungen kommen dürfen?
Vor allem über die sozialen Medien, über unseren Webshop, durch Newsletter und Plakate an und in den Buchhandlungen.

Wie liefen die Geschäfte am Samstag?
Wir leiden trotz Öffnung unter der kaum noch vorhandenen Frequenz in den Städten. Auch in Tübingen, wo wir als Modellstadt die letzten Wochen unabhängig von den Inzidenzwerten geöffnet haben durften, haben wir nur die halben Umsätze generiert, weil man ja nur mit Test in die Läden kommen durfte. Wenn die anderen Geschäfte zu sind und die Cafés geschlossen haben, kommen einfach weniger Kunden in die Städte. Es macht keinen Spaß zu flanieren und einkaufen zu gehen.

Wir leiden trotz Öffnung unter der kaum noch vorhandenen Frequenz in den Städten.

Heinrich Riethmüller

Wie viele Ihrer Mitarbeiter*innen holen Sie aus der Kurzarbeit zurück und welche Öffnungszeiten werden Sie anbieten?
Das hängt vom jeweiligen Standort ab, wir passen den Personalbedarf den zu erwarteten Umsätzen an. In der Regel haben wir von 10 Uhr bis 18 Uhr geöffnet, also leicht weniger lang als zu normalen Zeiten.

Wie wichtig sind die Öffnungen wirtschaftlich für Sie?
Ein geöffneter Laden verursacht immer Kosten, daher spielen Öffnungszeiten eine wichtige wirtschaftliche Rolle. Wenn keine Kunden zu erwarten sind, müssen wir auch nicht geöffnet haben.

Wie sind Sie bisher wirtschaftlich durch den zweiten Lockdown gekommen?
Aufgrund der Tatsache, dass wir unsere Kosten stark reduzieren konnten, ist die Firma nicht gefährdet; wir sind bisher mit einem blauen Auge davongekommen, weil wir uns auf eine hohe Solidarität bei unseren Mitarbeiter*innen und Kund*innen stützen können.