"Game of Thrones" kommt als Luxus-Hörbuch

"Eine Edition für die Ewigkeit"

13. Februar 2025
Kai-Uwe Vogt

Ein Projekt mit Seltenheitswert: Random House Audio hat den Sprecher Stefan Kaminski alle zehn Bände der Bestsellerserie "Das Lied von Eis und Feuer" (Vorlage für die HBO-Serie "Game of Thrones") ungekürzt neu einlesen lassen. Neben der digitalen Ausgabe erscheint auch eine opulent ausgestattete Hörbuchedition des fantastischen Epos auf CD. Programmleiterin Renate Schönbeck und Pressesprecherin Heike Völker-Sieber verraten im Interview, wie das Mammutprojekt gestemmt wurde und wie der Markt für solche Editionen aussieht.

Collage mit Porträtfotos von Heike Völker-Sieber und Renate Schönbeck

Heike Völker-Sieber (links) und Renate Schönbeck

Am 26. Februar veröffentlichen Sie eine sehr aufwendig gestaltete Hörbuch- Edition. Alle Bände von "Das Lied von Eis und Feuer", der Vorlage von "Game of Thrones" – neu eingesprochen. Die CDs werden begleitet von umfangreichem Zusatzmaterial und interaktiven Elementen. Die Edition im Schallplattenformat ist stark veredelt und reich illustriert. Wie kam es zum Projekt?
Heike Völker Sieber: Projekte wie dieses sind selten. "Harry Potter" haben wir mit Rufus Beck zur Legende gemacht. Wir haben Tolkiens "Der Herr der Ringe“ mit Achim Höppner und Gerd Heidenreich als Sprecher als Best- und Longseller im Programm und sind auf die Suche gegangen nach weiteren epischen Stoffen, die wir sozusagen für die Ewigkeit publizieren können, die man sich einfach unbedingt ins Regal stellen möchte. Dafür kommen nur wenige in Frage und ja, "Game of Thrones“ ist eines der wenigen großen Fantasy-Epen, die das Format haben.

CDs sind ja mittlerweile ein Nischenthema. Wie schätzen Sie im Haus denn den Markt für solch eine hochwertige CD-Edition ein?

Renate Schönbeck: Die aufwendige Verpackung hatten wir bereits vor Jahren entworfen. Und jetzt kam endlich, endlich der große Moment! Wir haben uns gesagt: Wenn wir diesen Aufwand betreiben, dann für dieses Projekt. Wir wissen nicht, wie oft wir ein solches Produkt noch umsetzen können, der Markt wird schließlich immer digitaler. Aber noch gibt's CD-Player da draußen und wir sprechen, wenn es um "Game of Thrones" geht, von einer sehr großen Zielgruppe, von der wir wissen, dass sie ein überdurchschnittliches Einkommen hat und sich durchaus auch gerne selbst beschenkt.

Heike Völker Sieber: Der Anteil von CD-Verkäufen am Gesamtumsatz liegt über die komplette Branche hinweg bei rund 10 Prozent. Viele Hörbuchabteilungen wurden im Buchhandel inzwischen geschlossen. Wenn es noch Hörbücher gibt, dann ist es meist ein kleines, schmales Regal. Wir haben daher bei der Auflagenplanung sehr realistisch kalkuliert und von Anfang an eine strenge Limitierung festgelegt. Trotzdem: Es geht bei der Zielgruppe von George R.R. Martin um eine Alterskohorte zwischen 29 und 69. Das heißt: Auch wenn der CD-Markt schrumpft, erreichen wir da so eine breite, differenzierte, heterogene Fanbase, die auch eine solche edle und hochpreisige Edition kalkulatorisch mitträgt. Die Vormerker machen wirklich große Hoffnung und weisen in eine sehr positive Richtung. Das liegt natürlich auch daran, dass ein so stark veredeltes und auffälliges Produkt wie dieses hier [zeigt auf die Edition] wie gemacht ist für die Inszenierung im stationären Handel. Für den Buchhandel ist das ein Vorteil gegenüber dem Online-Vertrieb. Mit ihrem großen Format, all ihren Veredelungen und Illustrationen weckt die Ausgabe beim unmittelbaren haptischen und visuellen Erleben natürlich Begehrlichkeiten.

Wie hoch ist denn die Auflage? Ich erinnere mich, dass die Hardcover-Ausgaben der Reihe auf 1.000 Exemplare limitiert waren ...

Heike Völker Sieber: Wir produzieren 3.000 Exemplare.

So einfach nach mal schnell nachproduzieren ist ja bei so einem Produkt nicht möglich. Was machen Sie, wenn die Boxen alle weg sind und das Weihnachtsgeschäft bevorsteht?

Heike Völker Sieber: Das ist dann so. Der Herstellpreis für eine Nachauflage wäre zu hoch, bzw. wir müssten mit dem Verkaufspreis deutlich hochgehen. Daher die strenge Limitierung auf einmalig 3.000.

Mal ganz böse gefragt: Sind Sie nicht too late to the party? Die Reihe wurde doch schon eingesprochen!

Heike Völker Sieber: Es gab zwar eine Lesung von Reinhard Kuhnert, aber wir hatten jetzt die Gelegenheit, eine neue Ausgabe anzugehen. Man muss bedenken, inzwischen ist ja eine Serie in acht Staffeln ausgestrahlt worden, mit der HBO auch viele neue Fans angezogen hat. Die Aussprachen der Namen und wichtiger Handlungsorte im Hörbuch waren nicht mehr analog zur Serie. Es war also an der Zeit, hier behutsam zu modernisieren, so dass sich auch die heutige Fangemeinde in der Interpretation wiederfindet.

Sie meinen konkret, die Hörer werden sich daran stören, wenn im Hörbuch John Schnee auftritt?

Renate Schönbeck: Richtig! Bei uns heißt er John Snow und es heißt King‘s Landing und nicht Königsmund. Wir haben uns sehr viele Gedanken gemacht. Das englische Original kommt einfach wesentlich moderner rüber als die Übersetzung, bei der alles eins zu eins ins Deutsche übersetzt wurde, wie man es in den 90er Jahren eben noch gerne gemacht hat. Die Allermeisten können aber mittlerweile doch so gut Englisch, dass sie White Harbor auch so verstehen. Wir haben aber die Beinamen Deutsch belassen, also Kleinfinger ist Kleinfinger und nicht Littlefinger.

Hörbuch-Box Das Lied von Eis und Feuer

Mockup der Hörbuchbox: Die Verpackung und die Innenseiten sind aufwendig veredelt, neben einer Karte von Westeros gibt's auch QR-Codes mit Zusatzmaterial zur Welt und den Figuren von "Game of Thrones"

Die Bücher wurden von Stefan Kaminski eingelesen. Eine Mammutaufgabe, wenn man sich die Vielzahl an Figuren, die Länge des Hörbuchs und die fiktiven Sprachen des Epos vor Augen führt. Wie lief die Produktion?

Renate Schönbeck: Zunächst haben wir ein Casting veranstaltet und uns am Ende für Stefan Kaminski entschieden – er ist ein wahres Stimmwunder und zurecht mit dem Deutschen Hörbuchpreis ausgezeichnet. Er war 100 Tage für uns im Studio und unsere Regie hat insgesamt 800 Hörproben für verschiedene Figuren archiviert, denen er eine eigene, besondere Note gibt. Kaminski ist ein toller Erzähler, es ist einfach unvorstellbar, dass das alles aus der Kehle eines einzigen Menschen stammt. Aber es wurden tatsächlich keine Effekte eingesetzt, sogar die Krähen spricht er selbst so, wie sie zu hören sind.

Was passiert im Marketing?

Heike Völker-Sieber: Es wird zwei Phasen geben: Zum Erscheinen planen wir u.a. eine große Social-Media-Kampagne und ein Blogger-Gewinnspiel. Aktuell wird ein geradezu hollywoodtauglicher Trailer finalisiert. Mit breiten Mailings und einem digitalen Folder informieren wir die Medien. Außerdem gibt es ein umfangreiches Themen-Special in unserem Presseportal mit 7.000 registrierten Journalistinnen und Journalisten. Hier bieten wir Medienvertretern multimediales Zusatzmaterial. U.a. haben wir hierfür ein ausführliches Interview mit Stefan Kaminski geführt und ein Fotoshooting in thematisch passendem Setting organisiert.
Auf die bisherigen Aktivitäten kommt begeistertes Feedback: Interviewanfragen für den Sprecher, Pläne für Hintergrundberichte und Rezensionswünsche.
Die zweite Phase wird im nächsten Weihnachtsgeschäft liegen, auch hier setzen wir vor allem auf digitale Kanäle wie YouTube und Social Media. Außerdem freuen wir uns auf mehrere Veranstaltungen mit Stefan Kaminski.

 

Was genau ist geplant?

Heike Völker-Sieber: Aktuell bereiten wir drei Events im Rahmen der Leipziger Buchmesse vor: Worauf wir uns besonders freuen, ist eine Veranstaltung an einem sehr ungewöhnlichen Ort, nämlich dem Völkerschlachtdenkmal. Ein toller Rahmen für diesen Stoff, sogar George R. R. Martin ist das schon zu Ohren gekommen und er bat um ein Video vom Event! Dann wird es noch eine Veranstaltung bei Thalia in der City und einen Slot auf der Audiobühne der Buchmesse geben. Im Hintergrund feilen wir noch an einem Format für weitere Auftritte.

Zu guter Letzt: Wie zuversichtlich sind Sie, dass die Buchreihe, deren Fertigstellung der Autor schon mehrfach in Aussicht gestellt hat, tatsächlich noch einen Abschluss findet?

Renate Schönbeck: Das wäre natürlich die Sahne auf der Torte! Die Vorstellung, dass George R.R. Martin das nicht fertigschreibt, stürzt mich in die totale Verzweiflung! Ich folge ihm auf Instagram und lese seinen Blog und dort hat er vor längeren gemeldet, dass er bereits mehr als 1.000 Seiten geschrieben hat. Bloß, wie groß ist jetzt die Lücke seit Erscheinen des letzten Bandes? 20 Jahre! Aber ja, ich träume davon. Wir würden natürlich sofort ins Studio gehen.