Eine poetische Liebeserklärung an Berlin und seine Vielsprachigkeit sei die traditionelle Berliner Rede zur Poesie gewesen: Mit Schriftrolle in ihren Händen lieferte Michèle Métail eine beeindruckende Performance, die sie auf Deutsch unter dem Titel "Die Zwischensprache" hielt. "Wörter wandern, sie verwandeln sich. Sie überschreiten alle Grenzen. Sprache ist Bewegung." Als Buch erschienen ist die Rede im Wallstein Verlag.
Ein bedrückendes Bild zur Lage in Belarus habe die Anthologie der Dichterinnen mit sechs belarussischen Autorinnen, die nur noch zum Teil in ihrem Heimatland leben, und ihrer mutigen Verlegerin Alena Kazlova gezeichnet. "Jetzt, wo Russland Krieg in der Ukraine führt, ist Belarus nicht mehr auf der Tagesordnung", sagte die queere Dichterin Nasta Mancewicz in einem Interview. "Mir kommt es vor, als befänden wir uns in einer unsichtbaren Zone."
Vorgestellt wurde auch Persische Lyrik im europäischen Exil, basierend auf der von Ali Abdollahi und Daniela Danz herausgegebenen Anthologie "Kontinentaldrift. Das persische Europa" (Wunderhorn 2021). Die Reihe "Kontinentaldrift" begann 2021 mit "Das schwarze Europa". Jetzt wird bereits am neuen Band "Das arabische Europa" gearbeitet.
Das Festival fand seinen Abschluss bei der Bühnenpremiere von Aras Örens erschreckend aktuellen Langpoemen ("Berliner Trilogie"). Die Festivalausstellung "AI ANCESTORS – Making Kin in the Future" erkundete die Schnittstelle zwischen Algorithmen und Poesie. Und das Programm der Poetischen Bildung sei so umfangreich wie nie zuvor gewesen.
Vorangegangen waren dem Festival fünf Tage "Poets' Corner – Lyrik in den Bezirken", traditionell die Bühne für internationale junge lyrische Stimmen aus Berlin.
Das poesiefestival berlin ist seit 2022 Mitglied der europäischen Poesieplattform Versopolis.