Die Sonntagsfrage

"Braucht der Buchhandel noch Nachhilfe in Sachen E-Commerce, Herr Eckel?"

6. März 2021
von Börsenblatt

Hermann Eckel, Geschäftsleiter bei tolino media und Co-Sprecher der IG Digital im Börsenverein, ist am 26. März bei der ersten Digitalen E-Commerce-Fachtagung dabei, die der mediacampus frankfurt organisiert. Was muss der Buchhandel in Sachen E-Commerce noch lernen? Das erklärt Hermann Eckel in der Sonntagsfrage.

Die Frage klingt mir zwar zu sehr nach Schule, aber in der Tat kann und muss sich vor allem der unabhängige Buchhandel beim Thema E-Commerce noch deutlich weiterentwickeln – und weiterbilden. Dass sich dessen der Handel selbst durchaus bewusst ist, zeigt die soeben gegründete Seminarreihe buchhandelspraxis.de der Verbundgruppen eBuch, LG Buch und Nordbuch Marketing.

Wenn man sich deren Programm wie auch das der Fachtagung am mediacampus anschaut, sieht man allerdings, dass „E-Commerce“ längst nicht (mehr) nur bedeutet, einen funktionierenden Onlineshop zu betreiben. Denn reibungslose Kauf-, Bezahl- und Logistikprozesse sind nicht zuletzt wegen der White-Label-Lösungen der Barsortimente zu einer austauschbaren Commodity geworden. Entscheidend ist vielmehr eine kanalübergreifende Gesamtstrategie, die u.a. intensives Social-Media-Marketing sowie neue, auf die lokalen Bedingungen zugeschnittenen Services umfasst. „E-Commerce“ heißt in diesem Sinne eben auch „E-Marketing“ und „E-Services“. 

Kostenpflichtige Workshop-Angebote zur Erstellung eigener Podcasts

Ich finde es daher absolut folgerichtig und nachahmenswert, dass die Buchhandlung Lesesaal in Hamburg seit einem Jahr eine dezidierte Social-Media-Managerin beschäftigt, um größere Reichweite und Sichtbarkeit zu generieren: Der lokale Handel muss in der Lage sein, auch über die diversen digitalen Touchpoints Kund*innen in der Region gezielt anzusprechen und zu aktivieren. Das wiederum funktioniert aus meiner Sicht am besten über individuelle und innovative Dienstleistungen, die z.B. aktuelle Trends aufgreifen. So könnten Buchhändler*innen am weitgehend digital stattfindenden Audioboom wahrscheinlich stärker über kostenpflichtige Workshop-Angebote zur Erstellung eigener Podcasts partizipieren als über den Einzelverkauf analoger oder digitaler Hörbuch-Ausgaben.

Dafür braucht es natürlich entsprechendes Know-how. Das Schöne ist, dass es inzwischen einige erprobte Werkzeuge für die Entwicklung von kreativen und kundenzentrierten Lösungen gibt, die sich in kurzer Zeit aneignen und in der Praxis anwenden lassen. In meinem Workshop bei der Fachtagung des mediacampus möchte ich zwei solcher Tools, die Business Model Canvas und die Value Proposition Canvas, interaktiv vermitteln und damit zeigen, dass man damit selbst in 45 Minuten erstaunlich konkrete Ideen entwickeln kann – wenn man konsequent von den Kund*innen her denkt. Persönlich freue ich mich auch auf die anderen Sessions, etwa zur digitalen Kundenansprache und zu Best-Practice-Beispielen. Die Teilnahme an der Online-Fachtagung lohnt sich also auf jeden Fall!