Sonntagsfrage

Wie viel Realität steckt in Ihrem Buchhändlerinnenroman, Frau Wiedemann?

14. Januar 2024
von Börsenblatt

Kerstin Wiedemann ist gelernte Buchhändlerin, Verkaufsleiterin im Verlag Edition Michael Fischer – und Romanautorin. Im März erscheint bei Piper ihr zweites Buch, „Sommerfrische in Südtirol“, in dem es um Britt geht, eine Hamburger Buchhändlerin, die ihren kleinen Buchladen schließen musste, sich in Südtirol neu sortiert und natürlich auch verliebt. Bücher über Büchermenschen stehen seit Jahren hoch im Kurs. Welche Sehnsucht sollen sie stillen? Und steckt auch Wahrheit drin? Antworten von Kerstin Wiedemann.

Kerstin Wiedemann

Kerstin Wiedemann

Warum ist Ihre Heldin Buchhändlerin?

Das ist doch der Traumjob jeder Leserin, oder etwa nicht? Ich habe ihn jahrelang selbst ausgeübt, als ich ganz jung war, und ich habe ihn geliebt!

Welche Sehnsucht wollen die Buchhändlerinnenromane stillen?

Buchhändlerinnen beziehungsweise der Buchhandel ist im ganzen Einzelhandelssektor doch noch etwas Besonderes. Wenn ich eine Buchhandlung betrete, fühle ich mich gleich beruhigt, ich will fast schon sagen geborgen. Ich weiß, egal ob ich nur einen netten Roman zur Zerstreuung suche, oder eine Antwort auf ein Thema, das mich beschäftigt, ich finde hier auf alle Fälle Hilfe, Rat und Zerstreuung. Das beruhigt mich und das bietet mir kein anderes Konsumprodukt in der Tiefe. Ich könnte mir vorstellen, dass es – bewusst oder unbewusst - vielen Menschen so geht. Klar kann ich viele Themen heutzutage auch googeln, aber ich persönlich bin immer dankbar, wenn ich ein Thema rundum abgedeckt in einem Buch wiederfinde.

Eine Buchhändlerin liest Ihren Roman – erkennt Sie sich wieder? An welchen Stellen würde sie widersprechen?

Eventuell ist mein Wissen etwas veraltet, was den buchhändlerischen Alltag betrifft, aber ich denke bei ein paar Themen wird sie sich schon wiederfinden. Meine Protagonistin erzählt in Rückblicken, wie sie die Buchhandlung übernommen und für sich gestaltet hat, bis hin zur Erstbestückung ihres Ladens. Das kommt der ein oder anderen sicher bekannt vor. Ich versuche aber natürlich die Themen so zu verpacken, dass sie auch eine Leserin versteht, die nicht aus dem Buchhandel kommt und es soll ja auch kurzweilig bleiben.

Spielen Medienwandel und Digitalisierung Ihrer Meinung nach eine Rolle für die Beliebtheit der Figur Buchhändlerin?

Eine gute Beratung durch eine Buchhändlerin ist bisher nicht ersetzbar. Wir Menschen aus der Buchbranche, egal ob Verlag oder Handel, sind ja alle „Heavy User“ wenn es ums Lesen und die Auswahl der Titel geht, aber jemand der nicht ganz so viele Bücher verschlingt, ist vermutlich doch dankbar für die Unterstützung, die die Buchhändlerin bieten kann und das spiegelt sich vielleicht auch in der Beliebtheit der Figur Buchhändlerin wieder.

In Ihrem ersten Roman spielte die Mitinhaberin einer Werbeagentur die Hauptrolle. Ihre Agentur ist nicht Pleite gegangen… Würde der Fortbestand des kleinen Ladens nicht ein besseres Signal für den Buchhandel setzen?

In dem Fall lag es ja auch an äußeren Faktoren, die den kleinen Laden in die Knie gezwungen haben. (u.a. Corona, Standortprobleme) Ich glaube nicht, dass es ein negatives Signal nach außen darstellt, wie etwa, dass der Buchhandel kurz vor der flächenweiten Ladenschließung steht. Und ohne groß zu spoilern: Es wendet sich ja auch alles zum Guten! Insgesamt hoffe ich eher, dass Britt als Buchhändlerin so sympathisch rüberkommt, dass vielleicht die ein oder andere Leserin überlegt, das nächste Mal lieber wieder stationär als online einzukaufen.

Wie hat sich der erste Roman verkauft?

Gar nicht so schlecht, für ein Erstlingswerk. Die Absatzzahlen Buch und E-Books lagen im mittel-oberen vierstelligen Bereich. Am stärksten hat er sich in Südtirol verkauft, wobei ich glaube, dass die Menschen mit Südtirol Sehnsucht sich vor allem in Deutschland befinden.

Wie bringen Sie Vollzeitjob und Schreiben unter einen Hut?

Ich habe das Glück, dass ich nicht viel Schlaf brauche und gerne sehr früh aufstehe. Nichts ist schöner, als sich um 5:00 Uhr mit einem Kaffee und Laptop hinzusetzen und nach Südtirol zu träumen! 😊 Aber klar, in der Hauptschreibphase kommen andere Hobbys dann auf alle Fälle zu kurz, aber das ist es mir wert, dafür macht es zu viel Spaß.

Fragen: Sabine van Endert