Jede Geschichte braucht Spannungsbögen und eine Dramaturgie; da der Fuchs als Gefahr wegfällt, haben Sie eine andere Bedrohung finden müssen.
Für kleine Menschen ist zum Beispiel der Straßenverkehr gefährlich – was könnte das für Hasen sein? Sie sehen sich breiteren Risiken ausgesetzt. Aus ihrer Perspektive sind die Mähdrescher gefährlich, überhaupt die Menschen, die Pestizide spritzen oder das Jagdgewehr auf sie anlegen. Ich gebe den Hasen Raum, um im Klassenzimmer über das, wovor sie sich fürchten, zu reden. Denn ich finde, wenn wir Wissen, Erfahrungen und Sorgen miteinander teilen, hilft das, damit wir nicht mehr so angstgesteuert sind. Gleichzeitig war mir auch das unbeschwerte Fangen und Versteckspielen in der Natur wichtig. Mein ferner Traum ist es, einen Hof zu haben, ich finde es auch toll, wenn Großstadtkinder neugierig werden und zum Beispiel Tierspuren zu entschlüsseln versuchen oder wenn sie sagen, sie wollen mal in der Landwirtschaft arbeiten.
Haben Sie beim Schreiben manchmal an Ihr Lehramtsstudium zurückdenken müssen?
Nein, gar nicht. Ich habe ja nur bis zur Zwischenprüfung studiert – wenn ich das Referendariat gemacht hätte und mit Schülerinnen und Schülern gearbeitet hätte, wären mir vielleicht Assoziationen zum Schulalltag gekommen. Aber in meinem heutigen Beruf als Schauspielerin ist die Vermittlung ganz wesentlich, und in diesem Punkt bin ich eigentlich nahe am Lehrerberuf: "Ich habe etwas vorbereitet, guckt mal, ob ihr damit was anfangen könnt" – beides Mal steht man vor einem Publikum.
Wie rasch sind die Zeilen aus Ihrer Feder geflossen?
Das war ein langer, langer und sehr konzentrierter Prozess. Immer wieder habe ich mit Programmleiterin Silke Kramer und Lektorin Sibylle Schumann am Aufbau und an der Dramaturgie gearbeitet. Beim Reimen hatte ich sehr viel Freiheit. Ich hatte mir ein Häschenheft zurechtgemacht, und in meiner Retrospektive sehe ich mich überall mit diesem Heft, in das ich selbst in den Drehpausen geschrieben habe. Man lernt als Schauspielerin ja Geduld, wenn man am Set wartet.
In Versmaß und -melodie lehnen sie sich stark an die Originalverse von Albert Sixtus an, die ja so eine Wilhelm Busch’sche Heiterkeit verströmen. Dass es am Ende so leicht wirkt, ist in Wirklichkeit Schwerstarbeit, oder?
Zumindest harte Arbeit; zwei Zeilen müssen bereits eine Geschichte erzählen. Ich habe versucht, über den Klang der Verse diese bestimmte Leichtigkeit hineinzubekommen. Ich bin da ein Fan der "Grüffelo"-Autorin Julia Donaldson, die Wert auf Reime legt, die nicht auffallen – man kann den Text auch als Prosageschichte lesen. Meine Verse sind auch nicht nach dem Muster "Stein reimt sich auf Bein" geschrieben, aber vom Wortklang kommt es hin.
Haben Sie Lust bekommen, weitere Geschichten zu entwickeln?
Ich bin keine Schriftstellerin, ich schreibe weder Drehbücher noch Gags usw. Aber hier war das Schreiben für mich eine neue Arbeitserfahrung und hat total Spaß gemacht. Am Ende ist das Geschichten-Entwickeln auch teil der Schauspielerei. Die Figuren, die man für Filme kreiert, entstehen ja im Zusammenarbeit mit einem Team, man bringt sich ein, man probt, man entwickelt. Oder das Synchronisieren, das ich so liebe: als Kind waren mein Spiel und mein Ausdruck da natürlich noch nicht so kreativ wie heute z.B. als Marge bei den "Simpsons". So gebe ich immer etwas von mir und schreibe die Geschichten ein wenig mit.