Neuerscheinungen zu Franz Kafka

Kafkaeske Lebenswege

23. Mai 2024
von Börsenblatt

Es gibt nur einen Schriftsteller, nach dem ein Adjektiv benannt ist. Am 3. Juni ist sein 100. Todestag – Anlass für einen Büchertisch mit Werken von und über Franz Kafka.

Aus: Franz Kafka: "Ein Landarzt", Galiani Berlin, Illustrationen von Kat Menschik

Am 12. Mai hat das Deutsche Literaturarchiv Marbach die Ausstellung »Kafkas Echo« eröffnet, die den Widerhall seiner Texte bis heute verdeutlicht – und zugleich zeigt, was ihn geprägt hat. Bereits der 1912 bei Rowohlt veröffentlichte Band »Betrachtung« offenbart viel von Kafkas Art zu schreiben und seinem Verständnis von Literatur. Der Jüdische Verlag gibt den schmalen Band aus 18 miteinander verknüpften Texten mit einer klugen Einordnung von Vivian Liska jetzt neu heraus. Die 1919 bei Kurt Wolff erschienenen Erzählungen finden sich bei Galiani: Kat Menschiks psychologisch auslotende, ebenso kraftvolle wie feinfühlige Illustrationen bringen die Texte in »Ein Landarzt« zum Leuchten. 

»Die schönsten Erzählungen« von Kafka hält ein Aufbau-Taschenbuch (300 S., 14 €) bereit, während Reclam mit einer kleinen Kostbarkeit aufwartet: Marcel Krings hat Kafkas Zürauer Aphorismen sowie die Er-Aphorismen veröffentlicht. »Wahrheit ist unteilbar« (86 S., 6 €) ist komprimierte Poetik. Das Büchlein bietet kürzere und ganz kurze Texte mit großem Nachhall, zum Beispiel »Du bist die Aufgabe. Kein Schüler weit und breit.« Das sitzt. Über die großen Kafka-Werkaus­gaben – historisch-kritisch bei Klostermann, in den Fassungen der Handschriften bei S. Fischer sowie die neue kommentierte Kafka-Ausgabe bei Wallstein – haben wir bereits im der vergangenen Börsenblatt-Ausgabe informiert. 

Neues bei den Kafka-Editionen

Der Wallstein Verlag hat im Februar den Auftaktband einer neuen kommentierten Kafka-Ausgabe herausgebracht: den Roman »Der Process« (397 S., 34 €). Herausgegeben und kommentiert wird sie von dem bekannten Kafka-Biografen Reiner Stach. In den Kommentar fließe »die Summe der Forschungen ein«, die Stach zu Kafka betrieben habe, so Verleger Thedel von Wallmoden. Man habe einen »neuen, adäquateren Zugang zum Werk« gewählt. In der auch für Erstleser gedachten Ausgabe sind drei weitere Bände geplant, »Das Schloss«, »Der Verschollene« (von Max Brod postum unter dem Titel »Amerika« veröffentlicht) sowie »Die Erzählungen«.

Einst im Hause Stroemfeld begonnen, seit 2020 bei Wallstein und nun bei Klostermann (Nomos Gruppe), wird die von dem Heidelberger Literaturwissenschaftler Roland Reuß und dem Germanisten Peter Staengle herausgegebene historisch-kritische ­Kafka-Ausgabe im Jubiläumsjahr mit ­weiteren Bänden fortgesetzt. In der zweiten Junihälfte wird Klostermann die Oxforder Quarthefte sieben und acht herausbringen – benannt nach der Bodleian Library in ­Oxford, die die Sammlung der Kafka-Handschriften beherbergt. Die Quarthefte sind eine Fundgrube an Erzählentwürfen, Tagebuchaufzeichnungen und anderen Textarten, die Kafkas Arbeitsweise, seine Weltsicht, aber auch seine ganz alltäglichen Verrichtungen veranschaulichen. Als Leserin oder Leser kann man dem Dichter gleichsam über die Schulter schauen, man wird Zeuge der poetischen Werkstatt.

Im November kommt die von Hans-Gerd Koch bei S. Fischer edierte Ausgabe der »Werke in Einzelbänden in den Fassungen der Handschriften« zum Abschluss: mit Band 5 der kommentierten Briefausgabe, der Franz Kafkas Briefe aus den letzten Lebensjahren 1921 bis 1924 sowie Briefe an ihn und seine Familie enthält, darunter auch von Dora Diamant, der letzten großen Liebe des Dichters (»Briefe 1921 – 1924«, 816 S., 50 €). 

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