»Ich gehöre in diese Stadt mit ihrer scharfen Geistesluft«, soll Peter Suhrkamp einmal gesagt haben. Diesen ganz besonderen Duft wollen viele schnuppern; mit 9 847 hier produzierten Titeln (2021) hat die Verlagsstadt Berlin München, Frankfurt und Stuttgart, nicht zu sprechen von der Buchstadt Leipzig, deutlich abgehängt.
Als Rowohlt mit der Gründung von Rowohlt Berlin im Herbst 1990 an seine Hauptstadt-Tradition anknüpfte und den Puls des Ostens fühlen wollte, war das nur der Anfang. Viele sind seitdem nach Berlin gekommen mit Niederlassungen, Dependancen, Büros; mit ganzen Häusern in Sichtbeton und Glas oder Altbauwohnungen auf abgezogenen Dielen. Von Ullstein und Matthes & Seitz (2004) bis zu Suhrkamp (2010), Tropen (2019), Kein & Aber sowie Herder. Für Oliver Vogel, den neuen Verleger der Frankfurter Fischer Verlage, ist es »klar wie Kloßbrühe«, dass man in Sachen deutschsprachige Literatur in Berlin sein muss: Die Stadt, sagte er kurz vor der Frankfurter Buchmesse dem Börsenblatt, sei, »was Literatur und überhaupt das intellektuelle Leben angeht, sehr viel lebendiger als der Rest des Landes«. Man kann den Sätzen aus guten Gründen zustimmen, sich jedoch auch fragen, wie sie bei der Belegschaft eines Verlags ankommen, der nach dem Wegzug von Suhrkamp, eines anderen bedeutenden Lieferanten intellektuellen Betriebsstoffs der alten Bundesrepublik, am Main derzeit Platzhirsch ist.