Interview zum Jahreswechsel (1): Heidrun Schmidt-Scheerer, Prolit

Appell an die Verlage: "Preiserhöhung, Preiserhöhung"

3. Dezember 2021
von Christina Schulte

Auch in diesen Zeiten eine gut funktionierende Branchenlogistik zu gewährleisten, ist ein Kraftakt für die Zwischenbuchhändler. Heidrun Schmidt-Scheerer, Geschäftsführerin bei Prolit, über die Herausforderungen des kommenden Jahres und wie sie gelöst werden können.

Welches sind die drei größten Herausforderungen, vor denen der Zwischenbuchhandel 2022 steht?

  • Im kommenden Jahr werden uns Themen beschäftigen, die nicht nur für den Zwischenbuchhandel relevant sind, sondern alle Unternehmen betreffen. Natürlich sind die jeweiligen Herausforderungen unterschiedlich gewichtet. Zum einen wird es weiterhin die Entwicklung der Kosten sein. Für einen Logistikbetrieb wie Prolit sind die Energiekosten (Strom, Gas) ein relevanter Kostenfaktor, hinzu kommen die steigenden Lohnkosten. Auch den Papiermangel bekommen wir deutlich zu spüren. Für die Beschaffung von Packmaterial verzeichnen wir aktuell Preissteigerungen von bis zu 30 Prozent.
  • Nach wie vor bindet die Corona-Pandemie erhebliche Kapazitäten, wie zum Beispiel aktuell die 3G-Regelung. Die gesetzlichen Vorschriften wirken sich auf alle Prozesse aus und sind natürlich auch ein Kostentreiber, z.B. durch die Bereitstellung von Selbsttests und Masken.
  • Schon seit längerem stellen wir fest, dass die Neubesetzung von Stellen sehr zeitintensiv und aufwändig ist. Das betrifft alle Arbeitsbereiche in unserem Betrieb. Zum einen resultiert dies sicher aus der hohen Nachfrage am Arbeitsmarkt, aber auch der Einstieg der Babyboomer in den Ausstieg macht sich mittlerweile bemerkbar.

Wie werden Sie diese Herausforderungen meistern?

  • Die Kosten haben wir natürlich ständig im Blick und soweit möglich, versuchen wir gegenzusteuern. So haben wir zum Beispiel sehr früh in diesem Jahr unseren Vorrat an Verpackungsmaterial aufgestockt, sodass wir jetzt für die Weihnachtssaison gut gerüstet sind.
  • Im Hinblick auf die Pandemie haben wir mittlerweile ja (leider) ausreichend Erfahrung und viele Routinen entwickelt, aber entgegen aller Erwartungen und Hoffnungen werden wir immer aufs Neue herausgefordert.
  • Bei der Personalsuche wissen wir mittlerweile, dass wir einen längeren Vorlauf benötigen und außerdem versuchen wir neue Wege zu gehen. Unter anderem pflegen wir engen Kontakt zu einigen sozialen Bildungseinrichtungen in unserem Umfeld, die uns nach Abschluss der Ausbildungen Kontakte zu den Arbeitssuchenden vermitteln. So beschäftigen wir mittlerweile einige Flüchtlinge und machen dabei sehr gute Erfahrungen.

Was können Ihre Branchenkolleg*innen aus Verlagen und Buchhandel dem Zwischenbuchhandel unter die Arme greifen?
Im Hinblick auf die Kosten geht ein klarer Appell an die Verlage: "Preiserhöhung, Preiserhöhung". Es gibt genügend Branchenuntersuchungen, die aufzeigen, dass wir - man kann ja schon sagen seit Jahrzehnten - mit der Preisentwicklung hinter der Inflationsrate herrennen. Das bedeutet, dass wir schon viele Chancen versäumt haben und das können wir uns für die Zukunft, insbesondere im Hinblick auf die aktuellen Kostensteigerungen, nicht mehr leisten. Pandemie und Personalengpässe betreffen alle drei Sparten gleichermaßen und jede Sparte hat hier ihre eigenen Herausforderungen zu stemmen. Deshalb kann und will ich in diesem Zusammenhang keine Wünsche oder Empfehlungen an die anderen beiden Sparten herantragen.